PJ-Tertial Allgemeinchirurgie in Spital Menziken (5/2024 bis 9/2024)
Station(en)
Chirurgie
Einsatzbereiche
Notaufnahme, OP, Station
Heimatuni
Nicht angegeben
Kommentar
Ich wusste schon vor Beginn des PJs, dass ich gerne einen Teil in der Schweiz absolvieren wollte. Über Menziken hatte ich sehr viel positives gehört. Die Bewerbung habe ich ca. 1,5 Jahre im Voraus abgeschickt. Die Vorbereitung in Menziken fiel simpel aus, da das Krankenhaus sich um alle nötigen Unterlagen sowie Anmeldungen in der Schweiz kümmerte.
Die Unterkunft wurde mir vom Krankenhaus zur Verfügung gestellt und ist in zwei Minuten erreichbar. Es gibt ein Personalwohnheim und ein Personalhaus, welches aus einer 6er WG besteht. Ich hatte ein Zimmer in der WG und fand die Unterkunft sehr gut. Es handelt sich um ein kleines, schon etwas älteres Häuschen, welches dennoch alles Nötige bot. Zudem hatten wir eine Außenterrasse mit Garten und einem Grill. Insgesamt kann ich die Unterkunft nur jedem weiterempfehlen, da der Arbeitsweg sehr kurz war und die Miete mit 350-450 Franken je nach Zimmer für schweizer Verhältnisse sehr preiswert ist. Für ein Zimmer solltet ihr euch möglichst bald nach der Zusage bei der Hausverwaltung melden, dann gibt es wahrscheinlich noch mehr Auswahl.
Ein klassischer Tag beginnt um 7 Uhr. Dann trifft man sich erstmal mit den Assistenten im Stationszimmer und liest die Einträge von der Pflege um einen groben Überblick über die Patienten zu bekommen. Außerdem teilt man sich für den OP ein. Um 7:25 Uhr geht es dann zum Rapport, wo die Neuaufnahmen des Vortages mit den Oberärzten und der Chefin besprochen werden. Wenn man für die erste OP eingeteilt ist, geht es nach dem Rapport eigentlich auch schon los. Da es ein sehr kleines Spital ist, wird man als Unterassistent vor allem für die eher ungeliebten Ortho OPs (Hüft-TEPs, Knie-TEPs, Arthroskopien etc.) bei den Belegärzten eingeteilt. Bei den häufigen allgemein- bzw. viszeralchirurgischen Eingriffen wie Hernien oder Cholezystektomien kann man aber auch immer mit. Die OPs die seltener gemacht werden, krallen sich aber meistens die Assistenzärzte. Bei kleineren Eingriffen wie zum Beispiel Abszessen durfte ich aber auch selbst mitoperieren.
Auf Station läuft man mit bei der Visite, dokumentiert, macht Verordnungen und schreibt Entlassbriefe. Dies ist auch ein gutes Training für den späteren Alltag. Außerdem fallen klassische „PJler-Aufgaben“ aus Deutschland, wie Blutabnehmen und Viggos legen weg, da das in der Schweiz die Pflege übernimmt.
In der Notaufnahme arbeitet man interdisziplinär. Man betreut sowohl chirurgische als auch internistische Patienten und bespricht beide jeweils direkt mit dem zuständigen Oberarzt.
Nach der Arbeit ist jeden Tag ein Unterassistent als Pickett (eine Art Bereitschaftsdienst) eingeteilt. Wie oft man drankommt hängt davon ab wie viele Unterassistenten es gibt. Ich war ca. 1-2 mal pro Woche eingeteilt und hatte einen Wochenenddienst im Monat. Insbesondere für die Notaufnahme wird man auch recht häufig angerufen. Für die Dienste unter der Woche bekommt man zusätzlich 80 Franken pro Dienst und für Wochenenden gibt es freie Kompensationstage, die man sich selbst einteilen kann.
Insgesamt wurde ich wie ein normaler Assistenzarzt behandelt und hatte fast die selben Freiheiten. Ich empfand das Arbeiten als sehr wertschätzend und konnte in meiner Zeit sehr viel lernen. Man darf sehr selbstständig arbeiten, wodurch die Lernkurve sehr steil ist. Damit einher geht aber auch eine recht hohe Arbeitsbelastung, die problemlos 50 Stunden pro Woche überschritt.
Die Schweiz ist wunderschön. Ich habe meine freien Wochenenden genutzt, um mit Kollegen/ WG Bewohnern die Schweiz zu erkunden. Wir waren sehr oft wandern oder besichtigten diverse Städte. Alles ist sehr sauber und man fühlt sich extrem sicher. Wenn man viel unternimmt lohnt sich ein Halbtax (ein 50% Rabattangebot der SBB, das man neben der Bahn auch für viele Eintritte und Bergbahnen nutzen kann).
Menziken an sich würde ich nicht als Stadt beschreiben. Es ist ein etwas größeres Dorf, welches einen hohen Naherholungswert aufgrund der Nähe zu einem großen Wald bietet. Man ist mit den ÖPNV sehr gut angebunden, braucht aber leider ca. 40-60 Minuten bis zu einem großen Knotenpunkt. Ich habe sehr schnell Kontakt zu meinen Kollegen aufgebaut, da viele in ihrer ersten Assistenzarztstelle sind. Aufgrund des ähnlichen Alters harmonierten wir recht gut miteinander, sodass wir uns häufig zum Volleyball, Badminton oder Grillen verabredet haben.
Ich war insgesamt sehr zufrieden mit meiner Zeit in Menziken. Ich konnte sehr viele Einblicke in den Fachbereich der Chirurgie gewinnen und obwohl ich nicht Chirurg werden möchte, habe ich viele nützliche Handgriffe für meinen späteren Arztberuf erlernt. Zudem konnte ich in geschützter und wertschätzender Umgebung ärztliche Selbstständigkeit üben. Dies kommt in Deutschland meiner Meinung nach viel zu kurz und ist eine Fertigkeit, die man leider erst mit Beginn des Berufslebens erlernt. Das gesamte Team ist sehr nett und die Hierarchien sind sehr flach (alle duzen sich gegenseitig und man wird nicht nur von den Assistenzärzten, sondern auch von den Oberärzten und der Chefin auf Augenhöhe behandelt). Leider muss ich dazu sagen, dass direkt nach meiner Zeit ein Chef-Wechsel stattgefunden hat und ich über die neue Dynamik nichts sagen kann.