Vornweg:
- Ich bin in der Gestaltung meines PJs einen etwas außergewöhnlichen Weg gegangen und kann nur jeden ermutigen, sich das PJ so zu basteln, dass man nicht nur die „Routinewege“ geht, sondern rechts und links über den Tellerrand schaut. So war ich immer wieder auf Stationen die eigentlich nicht vorgesehen sind, von denen ich aber sehr profitiert habe.
- Sucht euch Kliniken außerhalb der Universitätsstädte, denn hier bekommt man Ausbildung und nicht Ausbeutung!
In Gummersbach wurden wir erstmal durch den CA der Inneren begrüßt und dann dem PJ-Beauftragten (AA) übergeben. Dieser erstellte gemeinsam mit uns einen groben Plan der Einteilung, den man aber auch flexibel anpassen konnte. Es gibt 2x/Woche PJ-Unterricht, der auch wirklich nur selten ausfällt und für alle PJler des Hauses gedacht ist. Gestartet habe ich mein PJ auf einer der internistischen Stationen. Einer der ersten Sätze, die ich dort hörte, war „Wenn dir das zu viele Viggos werden, sag Bescheid, dann mache ich das selbst!“ Dazu muss man wissen, dass es Needle Nurses gibt, man also in der Regel die ganzen Routinelabore eh nicht selbst abnehmen muss, sondern wirklich an Visite, Röntgenbesprechung etc teilnehmen und auch eigene Patienten betreuen kann. Man darf viel, muss aber nichts, bekommt Hilfe von allen Seiten und hat sehr freie Hand, was man sich angucken möchte (Station, ZNA, ITS, FuDi, Endo etc.).
Ich habe mich dann recht spontan entschieden zu fragen ob ich mir, statt der geplanten Onkologie, für 2 Wochen die Geriatrie angucken darf. Und dafür möchte ich wirklich unbedingt Werbung machen! Da einem diese Station, bedingt durch die Organisationsstruktur des KH, in der Planung gar nicht vorgeschlagen wird, war ich die erste PJlerin dort überhaupt und habe hier definitiv die beste Zeit meines gesamten PJs verbracht. Mir hat es so gut gefallen, dass ich mich sogar gegen eine weitere Rotation (geplant war ZNA) innerhalb des Innere-Teritials entschieden habe. Warum? Weil ich sehr schnell eigene Patienten betreuen durfte, dabei aber jederzeit bestens supervidiert war, gefordert und extrem gefördert, aber zu keiner Zeit überfordert wurde. Weil ich hier nicht nur eine, sondern gleich drei Fachrichtungen sehen durfte (NE, UC, IM) und so unglaublich viel gelernt habe. Mir wurde viel zugetraut, viel erklärt und viel gezeigt. Egal welche und wie viele Fragen ich gestellt habe, sie wurden geduldig beantwortet. Ich habe pleura- und lumbalpunktiert und konnte Patienten zu diversen Untersuchungen/Interventionen begleiten. Ich habe Patienten mit komplexen und teilweise seltenen Krankheitsbildern gesehen, aber natürlich auch viele gängige Erkrankungen wir Pneumonie, Herzinsuffizienz, Hirninfarkte, Parkinson oder hüftgelenksnahe Frakturen bei Osteoporose. Das ist nur eine kleine Auswahl und es sind alles Erkrankungen, die einem in nahezu jeder Fachrichtung begegnen können. Außerdem lernt man nahezu automatisch ganz nebenbei einen adäquaten Umgang mit Patienten mit Delir und Demenz.
Das Team besteht aus FÄs/OÄs aus Neurologie, Innere Medizin und Chirurgie. Dazu kommen Therapeuten (Physio/Ergo/Logo), Sozialdienst und natürlich die Pflege. Hier arbeitet keiner gegeneinander, sondern alle Zahnräder greifen ineinander und helfen sich gegenseitig. Ich wurde von Sekunde eins an von allen mit offenen Armen empfangen und voll integriert. Dank Needle Nurse, sind die Blutentnahmen auch hier überschaubar, und keiner nutzt einen für zusätzliche BEs/Viggos aus. Ein weiterer Punkt, der mich sehr begeistert hat, ist, dass man sich Zeit für die Patienten nehmen kann (und muss), denn altersbedingt geht eben alles nicht mehr so schnell. Heißt nicht, dass es nicht auch stressig werden kann, aber hier wird sprechende Medizin noch gelebt. Und so erfährt man oft wichtige Details und auch mal eine Anekdote aus dem Leben der Patienten, die alle zum Lachen bringt. Außerdem bekommt man einen praxisnahen Einblick in die komplex-geriatrische Arbeitsweise, was später hilfreich für die Zuweisung von Patienten sein dürfte.
Ich bin im Rahmen des Innere-Tertials auf die geriatrische Station rotiert, aber zumindest in Neurologie und Chirurgie hat man in Gummersbach ebenfalls sehr freie Hand in der PJ-Gestaltung (die anderen Fächer kann ich nicht beurteilen). Also einfach über den PJ-Beauftragten oder direkt auf der Station 8.1 (Leiter ist Dr. med. T. Schultheiß) nachfragen. Es lohnt sich, denn Geriatrie ist viel mehr, als es uns in der Uni vermittelt wird!
Kleine Tipps zum Ende:
- Es gibt grundsätzlich ein zum KH gehöriges Wohnheim. In diesem sind die Zimmer für Studenten kostenfrei, solange welche verfügbar sind. Ansprechpartner ist Herr Weidner.
- Wer aus der Region kommt, oder vielleicht auch längerfristig in die Region möchte, kann sich auf ein Stipendium bewerben. Hier gibt es 600 Euro pro Monat und damit mehr als die normale PJ-Vergütung. Man bindet sich damit für die Dauer des Stipendium-Bezugs als Assistenzarzt an das Haus (also in Monaten). Kann man auch mitten im PJ noch in die Wege leiten und die initial angegebene Fachrichtung auch noch anpassen.
Bewerbung
Über Uni Köln (https://medfak.uni-koeln.de/studium-lehre/studiengaenge/humanmedizin/praktisches-jahr)