Zuerst will ich ganz klar sagen, dass ich nix für Chirurgie bin, also ist dieser Bericht ein bisschen biased. Trotzdem versuche ich das ganze so objektiv wie möglich darzustellen.
Es gibt viele gute Gründe in Baden- Baden PJ zu machen. Man bekommt sehr gutes Geld (812€), man bekommt ein kleines Zimmer mit Bad (230€/Monat), man ist in einer wunderschönen kleinen Stadt und in unmittelbarer Nähe von Frankreich. Bezüglich Chirurgie habe ich bewusst gewählt, dieses Fach in einem kleineren Haus zu machen, weil es mich gar nicht interessiert und ich nicht 7 Stunden am Stück Haken halten wollte, wie es im Uniklinikum manchmal passiert. Es ist also auf jeden Fall gut, weil man in Baden-Baden eher Routine-OPs sieht und nicht die absoluten Kolibris, die man sowieso nicht braucht.
Ich war ziemlich lange in der Viszeralchirurgie (fast 2 Monate lang), dann habe ich mir noch Ortho und Thoraxchirurgie angeschaut. In der Viszeralchirurgie habe ich viel auf Station gearbeitet (Drainagen gezogen, Blutabgenommen, Wundverorgung etc.) aber auch viel im OP gesehen und gemacht. Ich durfte mehrmals assistieren und zwar nicht nur mit Haken halten. Hab gegen Ende auch Kameraführung bei laparoskopischen OPs übernommen, zugenäht und so. Die meisten OPs, die ich gesehen hab, waren Hernien, Gallenblasen und kolorektale Karzinome. Auch einige bariatrische Sachen kommen häufig vor. Für die Erfahrung und die insgesamt gute Betreuung bin ich sehr dankbar, es war absolut lehrreich und z.T. auch interessant. Das Team auf Station war top, die Ärzte waren fast immer freundlich und haben mich beim Operieren z.T. auch gequizzt mit Fragen zum OP-Verfahren und zur Anatomie.
Die Orthopädie ist ein bisschen anders. Die Betreuung und das Verhalten der Oberärzte waren deutlich schlechter, aber die Arbeit war zum großen Teil ähnlich. Ich durfte auch mit dem Chefarzt Sprechstunde machen und sogar auch operieren. Ich war auch in der Notaufnahme unterwegs, was sich auf jeden Fall lohnt. Eine kurze Ortho-Rotation kann ich empfehlen, allerdings gibts viel Luft zur Verbesserung der PJ-Betreuung.
In der Thoraxchirurgie war ich nur kurz, habe aber insgesamt sehr gute Erfahrungen gemacht. Das Team ist eher klein, hat nicht jeden Tag OPs und man bekommt auch ein bisschen Ambulanzarbeit mit, was sich wirklich lohnt. Bei den OPs durfte ich natürlich mit an den Tisch, meistens war der Chef auch da, hat mir verschiedenste Sachen erklärt und auch teilweise Fragen gestellt. Bei der Thoraxchirurgie würde ich tatsächlich gerne länger bleiben, kann ich gerne empfehlen.
PJ Unterricht findet 1x in der Woche statt, fällt aber vom Ende Juli bis Anfang September aus Feriengründen komplett und ersatzlos aus. Jede Woche kommt ein anderes Fach, was ein bisschen komisch ist. Zum Beispiel hatte ich in meinem ganzen Chirurgie-Tertial kein einziges Mal PJ-Unterricht in der Chirurgie, sondern in der Gyn, der Päd, in der Rad und in der Hämatoonko (lag auch an den Sommermonaten wie gesagt). Das ist leider aus Kapazitäts- und Personalgründen so, ist aber für PJler ein Nachteil.
Insgesamt war das Tertial in Baden-Baden lehrreich und schön. Ich habe im Personalwohnheim gewohnt, dass 5 Minuten zu Fuß vom Krankenhaus entfernt liegt. Mein Zimmer (Badezimmer privat, aber Gemeinschaftsküche) war sauberer als erwartet mit einem kleinen Wasserhahn, einem Tisch und einem Bett. In der Küche gibts einen Kühlschrank mit Fächern für jedes Zimmer. Die einzige Sache die mich im Zimmer (und im ganzen Krankenhaus) gestört hat war das Internet. Die Verbindung ist absoluter Schrott (es ist das öffentliche WLAN der Stadt mit Höchstgeschwindigkeiten von höchstens 10 Mbps). Das ist angeblich länger bekannt, aber schuld ist die Telekom, die keine neuen Leitungen fürs Krankenhaus legt (Von Glasfaser ist natürlich nicht die Rede). Zum Teil musste ich mein eigenes Mobilfunk-Datenvolumen verwenden. Ein weiterer großer Nachteil ist die Freizeit, da das Krankenhaus außerhalb der Stadt auf einem Hügel liegt und keinen Kontakt zur Stadt hat. Also sind die Freizeitoptionen sehr limitiert. Dafür konnte ich aber früher anfangen, fürs M3 zu lernen.
Und jetzt der absolut größte Vorteil von Baden-Baden, der alle anderen Probleme z.T. kompensiert. Frau Strecker. Frau Strecker ist die PJ-Sekretärin von Baden-Baden (gleichzeitig die Sekretärin der Kinderklinik). Sie kümmert sich um die Organisation des PJs und um alles was ihr braucht. Sie ist der freundlichste Mensch im Krankenhaus, am ersten Tag wartet sie auf euch absolut bereit und hat alles was ihr für euer PJ brauchen werdet. Und falls ihr M3 in Baden-Baden macht, kümmert sie sich ebenfalls um alles. Man kann sich jederzeit an sie wenden und sie ist einfach immer da, um Hilfe zu leisten. Großer Thumbs up für Frau Strecker, die absolut beste Sekretärin, die ich jemals getroffen hab.
Insgesamt also eine 2 für Baden Baden. Eine gute Klinik, PJ außerordentlich gut organsiert, freundliche Ärzte, lehrreiches PJ, viele OPs gesehen und einige mitgemacht. Leider aber auch Internet aus den 90ern, mangelhaftes PJ-Unterricht, limitierte Freizeitoptionen.
Mittagessen bekommt man für 4,20€ (oder 3,20€ vegetarisch).