Ich hatte am CHEM in der Chirurgie eine richtig schöne Zeit. Ich wurde mit offenen Armen in das Team aufgenommen und integriert. Obwohl ich nicht in die Chirurgie gehen möchte und vor meinem Tertial in der Chirurgie zugegebenermaßen etwas Respekt hatte, habe ich sehr viel mitnehmen können und hatte eine gute Zeit im OP.
Vorneweg ein paar allgemeine Infos: Man verbringt sehr viel Zeit im OP und muss überhaupt kein Blut abnehmen oder VVKs legen. Am CHEM sind die Ärzt:innen alle selbstständig und haben sich z.T. in Teams zusammengeschlossen. Dadurch gibt es flachere Hierarchien. Es wird unter den Ärzten vor allem Deutsch gesprochen, z.T. aber auch Englisch und Französisch oder natürlich auch Luxemburgisch. Vor allem die Pflege und manche Patient:innen sprechen aber oft nur Französisch. Das heißt, je besser man natürlich Französisch kann, desto einfacher ist es. Aber man kann auch ohne jegliche Französischkenntnisse durchkommen. Das sollte einen also nicht davon abhalten.
Man bekommt ein eigenes Telefon, Kleidung wird gestellt, Zugang zum Computer und allen Türen. Einen Spind gibt es leider nicht.
Das Essen ist für PJler komplett kostenlos. Das Mittagessen ist ganz gut, das vegetarische/vegane Angebot ist leider sehr klein, aber man kommt durch. Es gibt sogar kleine Törtchen und Sushi, das man sich als Abendessen mitnehmen kann. Als PJler kann man immer Mittagessen gehen.
Über das Krankenhaus wird in Belval in der Residence Galileo ein Zimmer (kostenfrei) mit eigenem Bad in einer 6er-WG zur Verfügung gestellt. Die Küche teilt man sich. Meistens sind aber nicht alle 6 Zimmer belegt. Von Belval kann man gut mit dem Fahrrad oder Bus (kostenlos) nach Esch ans CHEM fahren. In Belval gibt es alles was man benötigt. Man bekommt mittlerweile ein Gehalt, da es ein neues Gesetz dazu in Luxemburg gibt. Es empfiehlt sich zusätzlich Erasmus zu beantragen.
Zum Tagesablauf: Der Tag beginnt um ca. 7:15 Uhr. Meistens macht man morgens erstmal alleine oder mit den Assistent:innen zusammen die Visite, vor allem für die Patient:innen von Prof. Moussavian (PJ-Beauftragter). Diese dokumentiert man dann in jeweils ein paar Sätzen im Dossier medicale (hier bekommt man einen Zugang). Danach geht es in den OP. Hier verbringt man ca. 2 Monate in der Viszeral- und Gefäßchirurgie und 2-Monate in der Traumatologie. Meistens wird man grob zugeteilt, je nachdem wo der Bedarf ist. Ab und an ist man auch mal erste Assistenz. Es gibt viele Routine-OPs, aber ab und zu auch größere OPs (Ösophagusresektion, offene Aorta, ...). Man kann auch mal in der plastischen Chirurgie assistieren, was auch sehr interessant ist. Ich war auch einen Tag im gynäkologischen OP, weil sonst nicht viel zu tun war. Hier wurde man auch sehr nett aufgenommen. Es gibt vom CHEM einen Ableger in Niederkorn, wo v.a. kleine traumatologische OPs stattfinden, hier muss man als PJler aber nicht hin. Die Stimmung im OP ist meistens gut und man wird als PJler zum größten Teil mit viel Respekt behandelt. Klar gibt es auch mal stressigere Situationen, aber insgesamt überwiegen die spaßigeren Momente. Allgemein freut sich das Team, wenn man Interesse zeigt und sich einbringt. Mittwochs findet oft um 16:00 Uhr eine kleine Konferenz statt, bei der die Assistenzärzt:innen jeweils einen kurzen Vortrag halten. Es wird erwartet, dass man als PJ auch einen Vortrag vorbereitet (z.B. ein Paper vorstellen). PJ-Unterricht gibt es keinen und es hängt von den einzelnen Ärzt:innen ab, wieviel einem erklärt wird während der OP. Da hätte ich mir im Nachhinein teilweise ein bisschen mehr Teaching gewünscht. Aber die meisten sind bemüht, dass man was lernt. Die PJler sollen einen Dienst mitmachen (z.B. am Wochenende), dafür bekommt man aber einen Tag frei. Man kann auch mehr machen, um z.B. Krankheitstage auszugleichen.
Zwischen den OPs macht man teilweise die Visite mit den Assistenz:ärztinnen, wenn nicht schon am Morgen geschehen. Das OP-Programm geht offiziell nur bis 14:00 Uhr aufgrund von Personalmangel. Manchmal dauern die OPs aber auch länger. Nachmittags macht man dann zusammen die Post-OP-Visite mit den Assistent:innen oder geht in die Poliklinik.
Ca. 15:45 Uhr darf man normalerweise spätestens gehen.
Ich wusste an den allermeisten Tagen, was ich zu tun hatte. Die Tage, an denen ich nicht genau wusste, was ich zu tun habe, kann ich an einer Hand abzählen.
Dementsprechend kann ich das Tertial am CHEM sowohl PJlern empfehlen, die großes Interesse an der Chirurgie haben, aber auch PJlern wie mich, die vorher keine großen Berührungspunkte mit der Chirurgie hatten. Es wird einem alles in Ruhe gezeigt und es wird nicht erwartet, dass man sich z.B. schon direkt steril anziehen kann oder genau weiß, was man im OP zu tun hat. Nähen kann man auch üben. Der Kontakt zu der Pflege und dem restlichen Personal ist auch sehr gut.
Luxemburg selber ist ein sehr schönes Land und man kann an den Wochenenden viel unternehmen, wenn man möchte. Es war also ein tolles Tertial!