Das Tertial in Luzern war sehr angenehm und lehrreich, wenn auch arbeitsintensiv mit durchaus weniger Freizeit als es in Deutschland der Fall wäre.
Ich war die ersten 9 Wochen des Tertials in der Notaufnahme eingeteilt. Dort gibt es verschiedene Schichten - Früh, Mittel, Spät - die alle durch jeweils einen UA besetzt werden. Die Dienstplanung kann man im Voraus bedingt beeinflussen (per Mail melden wenn man bestimmte Ferienwünsche hat) und wird über die Zeit fortlaufend geplant, Einteilungswünsche kann man immer an den Dienstplaner (Assistenzarzt) einbringen, ein Tausch ist sonst auch unter den UAs möglich.
Jeder UA wird auch vom Notfall aus für mindestens eine Nachtwoche pro Tertial zugeteilt, anschliessend hat man kompensationsfrei und bekommt zudem eine extra Vergütung. Dort ist man von 22.30-7 Uhr mit dem Notfall-Assistenten, dem Stations-Assi aus der Allgemein-Viszeral und dem zuständigen OA unterwegs. Es gibt tagsüber und insbesondere in der Nachtwoche meist sehr viele Gelegenheiten für eigenständige chirurgische Wundversorgungen, wenn nötig wird man auch mal mit in den OP gerufen.
Auf dem Notfall gibt es fast immer die Möglichkeit eigene Patienten zu betreuen und diese anschliessend mit den Assistenzärzt*innen und den zuständigen Oberärzt*innen zu besprechen. Es ist insgesamt tagsüber ein sehr grosses Team aber eben auch eine hochfrequentierte Notaufnahme. Das Patientenspektrum reicht von orthopädischen Patienten mit Fraktur, über Erstversorgung bei Splitter im Auge bis zu chirurgischen Schockräumen, bei denen immer ein UA dabei sein soll, insbesondere hier zur Dokumentation. Je nach Patientenaufkommen gibt es die Möglichkeit Mittagessen zu gehen, die meisten Assistenten bestehen aber darauf, dass man sich hierfür auch die Zeit nimmt.
Auf Station ist der Alltag etwas ruhiger. Es startet jeden Morgen mit Rapport um 7 Uhr, dann folgt der morgendliche Kaffee mit allen von Chefarzt bis UA zusammen. Danach geht es je nach Tagesprogramm in den OP, hier muss man sich unter den UAs z.B. am Vortag absprechen wer zu welchen Operationen geht.
Die Stimmung im OP war allgemein sehr viel angenehmer als man es aus Deutschland kennt. Man wird vom gesamten OP-Personal mit eingebunden und zumeist sehr nett aufgenommen, die Operateure erzählen mal weniger, mal mehr und die Aufgaben reichen von stumpfem Haken halten für Stunden bis hin zur laparoskopischen Kameraführung als erste Assistenz. Auf Station geht man mit einem einer/einem Assistenzärzt*in auf Visite und dokumentiert dort alles. Anschliessend schreibt man meistens den Tag über Austrittsbriefe vor oder bekommt auch manchmal noch die Gelegenheit bei kleineren stationären Eingriffen wie Bedside VAC-Wechseln zu helfen. Mittagessen geht hier fast immer, ausser man steht gerade im OP.
In der Stations-Rotation hat ausserdem jeden Tag ein UA Pikettdienst von Dienstende an bis am nächsten Morgen um 7 Uhr, hier kann man dann über ein eigenes Telefon jederzeit in den OP gerufen werden. Die Dienste werden grundlegend extra vergütet, man bekommt dementsprechend mehr wenn man tatsächlich reingeholt wird und diese sind meist relativ gleich unter den UAs verteilt. Wochenenddienste gibt es auf Station und Notfall ebenfalls, diese gehen dann doch recht lang aber man hat davon nur sehr wenige.
Zudem wird meistens geplant, dass man eine Woche im Tertial auf die Gefässchirurgie und eine Woche auf die Schilddrüsenchirurgie rotiert. Hier ist die Stimmung in den Teams etwas spezieller aber die Assistenzärzt*innen bemühen sich sehr einem Wissen zu vermitteln und, dass man sich auch in der kurzen Rotation wohl fühlt. Man steht hier meistens mit im OP und hält somit fast den ganzen Tag Haken, der Ton im OP kann auch mal etwas rauer sein aber nie so, dass man nicht wüsste, dass es eher am Stress des Gegenüber liegt als an einem selbst ;)
Vom Notfall aus gab es immer mal wieder kleinere Fortbildungskurse wie einen Nahtkurs oder Vorträge durch andere Disziplinen wie die Urologie oder Infektiologie, die sehr lehrreich gestaltet waren. Im Stationsalltag kamen die Fortbildungen über Journal Club hinaus dagegen eher zu kurz.
Das Tertial hat mir insgesamt sehr gut gefallen und ich würde es jedem weiterempfehlen!
Insgesamt bietet Luzern auch einfach einen sehr hohen Freizeitwert, insbesondere in den Sommermonaten, in denen man in der Gegend viel Wandern gehen oder Ausflüge an den See machen kann. Zum Rennradfahren eignet sich die Gegend auch sehr gut. Man hat auch trotz der langen Arbeitszeit immer wieder Ausgleichstage oder nach der Nachtwoche bspw länger frei.