Die Kinderklinik in Wilhelmshaven ist eine kleine und überschaubare Abteilung. Für mich war es anfangs ein kleiner Schock, da es kurz vor meinem Tertialbeginn einen kleinen Umbruch gab und ich mich auf eine lebendigere Klinik eingestellt hatte. Die Kinderklinik besteht mittlerweile nur noch aus einer allgemeinpädiatrischen Station mit im Durchschnitt fünf Patienten. Die Neonatologie ist nun auf dem Level 3. Oberärzte gab es zu meiner Zeit keine. Das Team bestand aus fünf Assistenzärzten, unterstützt von Honorarärzten. Der Chefarzt ist kurz nach meinem Tertialende in den Ruhestand gegangen, sodass sich mit einem neuen Chefarzt bestimmt einiges auf der Station ändern wird. Da die meisten Ärzte ihre Approbation im Ausland erworben haben (je nach dem auch nur mit Berufserlaubnis arbeiten) und keine Muttersprachler sind, musste ich am Anfang erst einmal das Prinzip des PJ'lers erklären. Das gesamte Team inklusive Pflege war sehr nett und haben sich alle gefreut, dass mal wieder ein PJ'ler da war. Ich durfte selbstständig die Patienten (mit Unterstützung bei Bedarf natürlich) aufnehmen, Blut abnehmen und Zugänge legen. Das Spektrum der Krankheitsbilder war recht überschaubar, man konnte aber die Basics der Pädiatrie gut lernen. Ich hatte eine große Gestaltungsfreiheit: Ich durfte auf eigenen Wunsch je eine Woche in die KJP und die Gynäkologie rotieren. Auch konnte man je nach Wunsch zu den U2 mitgehen oder auf der Neonatologie dabei sein. Nach Rücksprache und eigenem Interesse war es möglich, eigene Schwerpunkte zu setzen. Eigeninitiative war auf jeden Fall gefragt.
Der PJ-Unterricht hat einen großen Stellenwert. An fast jedem Tag der Woche fand Unterricht von unterschiedlichen Fachbereichen statt (Unfallchirurgie, Kardiologie und Gastroenterologie, Allgemeinchirurgie und sogar von der Apotheke). Die Oberärzte oder auch die Chefärzte persönlich nehmen sich gerne die Zeit für die PJ'ler und ihnen ist die Lehre sehr wichtig. Es kam somit auch kaum zu Ausfällen des Unterrichts.
Einmal im Monat gibt es ein Studientag in Hamburg (Wilhelmshaven ist Lehrkrankenhaus der Uni Hamburg). Der Weg nach Hamburg ist sehr weit und leider ist dieser Studientag eine Pflichtveranstaltung. Wenn man nicht erscheint, gibt es einen Fehltag - jedoch lohnt es sich fast nicht drei bis vier Stunden one way nach Hamburg zu fahren, da ist ein Tag am Strand besser investiert.
Die Organisation des Teritals seitens der Verwaltung war gut. Bei Rückfragen oder Problemen konnte man sich immer bei den Sekretärinnen melden und man wurde immer unterstützt.
Das Mittagessen ist für die PJ'ler kostenlos. Wir PJ'ler haben immer zusammen gegessen und oftmals hat sich auch noch der ein oder andere Oberarzt zu uns gesellt. Wenn man nicht gerade eine Sterneküche erwartet, ist das Essen völlig in Ordnung.
Hinsichtlich der Unterkunft ist es empfehlenswert frühzeitig Kontakt mit der entsprechenden Dame aufzunehmen, um schon einmal einen Platz zu reservieren. Das Wohnheim ist direkt neben dem Klinikum, sodass man eine sehr angenehm kurzen Arbeitsweg hat. Das Wohnheim ist nicht von der neuesten Sorte, aber man kann es sich recht gemütlich dort machen. Ich war mit einer anderen PJ'lerin in einer 2er WG, es gab jedoch auch 1-Zimmer-Appartments mit Dusche auf dem Gang. Allerdings ist die Aussicht aus dem Wohnheim weniger schön, da man direkt auf die die riesige, stillgelegte Baugrube vor dem Haus blickt. Hierzu sollte man wissen, dass das Klinikum einen Neubau geplant hat, sich aber in Millionenhöhe verschuldet hat und der Bau somit schon seit langer Zeit ruht (und dies noch weiter tun wird). Dementsprechend ist das Klinikgebäude und die Stationen sehr in die Jahre gekommen und modernisierungsbedürftig.
Das Klinikum liegt ca. 20 Minuten mit dem Fahrrad entfernt von der Innenstadt und dem Strand. Ich hatte die Entfernung anfangs etwas unterschätzt. Es gibt Busse, die regelmäßig am Klinikum halten und so kommt man auch recht gut an unterschiedliche Orte. Trotzdem ist es ratsam, ein Fahrrad oder sogar ein Auto zur Verfügung zu haben, um auch die umliegende Gegend erkunden zu können.
Der Freizeitwert ist durch die Lage am Meer sehr hoch. Es empfiehlt das Tertial in den wärmeren Monaten abzuleisten, da man dann den Strand und die Vorzüge besser nutzen kann. Wilhelmshaven bietet verschiedene Museen und ein nettes kulturelles Angebot, man kann schöne Fahrradtouren und Spaziergänge machen oder einfach den Sonnenuntergang am Südstrand genießen.
Insgesamt hatte ich eine tolle Zeit in Wilhelmshaven, vor allem durch meine PJ-Kollegen und das Team hat es sehr viel Spaß gemacht. Man muss sich nur bewusst sein, dass das Klinikum nicht das modernste, die Kinderklinik klein und überschaubar und Wilhelmshaven nicht die allerschönste Stadt ist. Wenn man aber die schönen Ecken entdeckt und sich auf alles einlässt, kann man eine Menge Spaß haben mit sehr vielen, offenen und freundlichen Leuten.