PJ-Tertial Allgemeinchirurgie in King Edward Hospital (1/2025 bis 3/2025)

Station(en)
Team White
Einsatzbereiche
Notaufnahme, Station, OP, Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde
Heimatuni
Ulm
Kommentar
Ich habe die zweite Hälfte meines ersten Herz-Jahres in der Chirurgie am King Edward VIII Hospital in Durban (Südafrika) gemacht – heute hat das Krankenhaus einen anderen offiziellen Namen, steht aber auf den gängigen Listen noch unter „King Edward“.
Es war eine ganz neue Erfahrung – medizinisch, organisatorisch und persönlich. Kein typisches PJ, aber definitiv ein prägender Auslandsaufenthalt.

Organisation & Ankunft
Der erste Tag war chaotisch, aber rückblickend typisch für ein südafrikanisches staatliches Krankenhaus.
Man meldet sich an der Nelson Mandela School of Medicine an (direkt neben dem Krankenhaus), bei einer Dame namens Anitha. Danach geht’s in den zweiten Stock für einen Gästeausweis mit Foto (100 Rand in bar mitbringen!). Leider funktionierte bei mir nichts wie geplant – die Technik war kaputt, wir mussten lange warten, aber irgendwann ging es.

Danach musste ich mich beim Department of Surgery melden – auch das war unstrukturiert. Die Frage: „Weißt du, wie man zum Krankenhaus kommt?“ – war nicht ironisch gemeint. Ich war die einzige PJlerin dort, musste mich komplett durchfragen, bis ich irgendwann nach ca. 30–60 Minuten in der Chirurgie ankam.
Ursprünglich war ich für ein anderes Team vorgesehen, wurde dann aber spontan in das Team White unter Mr. Alupi gesteckt. Und damit begann das Abenteuer.

Team & Arbeitsalltag
Team White war menschlich wirklich nett – Mr. Alupi als Consultant, zwei Residents und zwei Anfängerärzte, mit denen ich mich besonders gut verstanden habe. Allerdings: Strukturen waren kaum vorhanden. Es gab keine richtige Einführung, keine Anleitung, niemand erklärte mir, wie der Alltag läuft. Erst als ich zufällig eine andere deutsche PJlerin traf, bekam ich endlich etwas Orientierung.

Der Arbeitstag begann gegen 8 Uhr mit der Visite. Danach war man auf Station oder in der Ambulanz – oder eben auch nicht. Irgendwann wurde man von den Residents oder anderen Ärzt:innen einfach nach Hause geschickt, je nach Tageslage. Offiziell gab es kein „Feierabend“-System.
Nachtschichten wurden angeboten – aber wegen der Sicherheitslage und weil schlicht nicht viel los war, habe ich das nicht gemacht. Es wäre im Wesentlichen reines Warten auf „etwas Schlimmes“ gewesen.

Sprache & Integration
Ein echtes Problem war die Sprachbarriere. Viele Ärzt:innen – besonders schwarze Ärzt:innen – sprachen mit ihren Patient:innen ausschließlich Zulu, was die Kommunikation unmöglich machte. Auch in der Ambulanz wurde oft nur Zulu gesprochen.
Ich habe mich dann eher an die indischen oder weißen Ärzte gehalten, mit denen die Verständigung auf Englisch problemlos möglich war. Trotzdem hatte ich insgesamt das Gefühl, nie so richtig integriert worden zu sein – vielleicht auch, weil ich selbst nicht genug Initiative gezeigt habe. Es war ein ständiges „Mitlaufen“, aber selten Mitwirken.

Medizinisch-praktische Erfahrung
Ich hatte Lust zu arbeiten – wirklich! Aber es war schwer, einen festen Platz im Team zu finden. Wenn afrikanische Medizinstudent:innen anwesend waren, wurde auf einmal viel Lehre gemacht – wenn nicht, dann gar nichts.
Trotzdem habe ich medizinisch Dinge gesehen, die man in Deutschland eher nicht sieht: Diabetische Füße im Endstadium, schwere Infektionen, fehlgeschlagene Erstversorgungen – einfach weil die Patientenversorgung durch Ressourcenmangel massiv eingeschränkt ist.

Ein Highlight war eine einmalige OP, die ich so in Europa wohl nie zu Gesicht bekommen hätte. Die OP-Leute waren durchweg freundlich – bis auf eine strenge Schwester, die sich darüber beschwerte, dass ich meinen eigenen Kittel trug (was dort eigentlich üblich war).

Sicherheit & Freizeit
Durban war – ehrlich gesagt – kein Wohlfühlort. Nicht wegen Kriminalität per se, sondern wegen der tiefen sozialen Spannungen.
Ich hatte nicht das Gefühl, als Frau besonders gefährdet zu sein – aber als Weiße fühlte ich mich oft fehl am Platz. Die gesellschaftliche Trennung nach Hautfarben ist immer noch sehr spürbar. Durban ist überwiegend schwarz und indisch geprägt – die kleine weiße Community ist zurückhaltend und kaum sichtbar.
Man braucht ein Auto für alles – sonst geht gar nichts. Öffentliche Verkehrsmittel gibt es nicht sinnvoll.

In der Stadt selbst ist nicht viel los: Der botanische Garten ist nett, Surfen ist riesig, Partyszene eher nicht vorhanden. Ab 20 Uhr war der Tag vorbei – wir sind meist um 4:30 Uhr aufgestanden, um mit einem Surflehrer namens Dave surfen zu gehen. Er war super nett, hat uns Material gestellt und Tipps gegeben – für faire 150 Rand.
Das Surfen war rückblickend einer der schönsten und verbindendsten Aspekte meines Aufenthalts.

Wohnen
Zuerst habe ich bei Christian gewohnt – einem deutschen Anästhesisten mit Haus im Bluff. Sehr nett, aber ich war dort allein und habe mich nicht ganz wohlgefühlt.
Danach bin ich zu Celeste und Karl gezogen – zwei bekannten Hosts für PJler:innen in Durban. Sie wohnen ebenfalls im Bluff, surfen viel, integrieren die PJler:innen gut. Ich kann beides empfehlen – aber für Alleinreisende ist Celeste & Karl die entspanntere Option.

Reisen & Freizeitgestaltung
• Durban selbst: Botanischer Garten, Surfen, Strandspaziergänge (aber nur vormittags!)– nicht mehr.
• Trips: Viele PJler:innen sind für 1–2 Wochen nach Kapstadt oder entlang der Garden Route gereist. Ich war z. B. in Jeffrey’s Bay (leider schlechtes Wetter, sonst toll zum Surfen).
• Die Drakensberge stehen auf vielen Listen, habe ich leider nicht mehr geschafft.
Unbedingt mit anderen PJler:innen connecten – allein ist Reisen dort wirklich unangenehm.

Fazit

Medizinisch habe ich in Durban nicht besonders viel gelernt, dafür aber umso mehr fürs Leben.
Ich bereue den Aufenthalt überhaupt nicht, aber ich habe gelernt, wie privilegiert und strukturiert die medizinische Ausbildung in Deutschland ist. Durban war für mich kein klassisches Chirurgie-Tertial, sondern ein Perspektivenwechsel.
Man muss mit Chaos, Improvisation, Lücken und Distanz klarkommen – aber wer das schafft, nimmt extrem viel mit.

Kurzbewertung
• Betreuung: ✩✩ (sehr unstrukturiert, viel Eigenverantwortung nötig)
• Lehre: ✩✩ (punktuell vorhanden, stark abhängig von lokalen Studierenden)
• Team: ✩✩✩ (freundlich, aber wenig Initiative zur Integration)
• OP-Erfahrung: ✩✩✩✩ (seltene, aber beeindruckende Eingriffe)
• Ausstattung: ✩ (massive Material-Engpässe), Kasaks selber mitbringen oder vor Ort kaufen!
• Sicherheit & Umfeld: ✩✩ (nur mit Auto und viel Vorsicht)
• Freizeitwert: ✩✩✩ (Surfen top, Stadt eher ruhig und gefährlich!!)

Empfehlung: Für alle, die mehr wollen als Klinikalltag. Durban ist kein Ort zum Fachlernen, aber ein Ort, um über Medizin, Gesellschaft und sich selbst nachzudenken. Wer offen, flexibel und resilient ist, kann hier eine bereichernde Erfahrung machen.
Bewerbung
6 Monate aber sicher auch kurzfristiger möglich von der Kapazität her, aber nicht von Anithas Antwortzeit :(
Unterricht
Kein Unterricht
Inhalte
Sonst. Fortbildung
Fallbesprechung
Patientenvorstellung
Tätigkeiten
Chirurgische Wundversorgung
Braunülen legen
Mitoperieren
Poliklinik
Botengänge (Nichtärztl.)
EKGs
Blut abnehmen
Notaufnahme
Dienstbeginn
Nach 8:00 Uhr
Dienstende
Vor 15:00 Uhr
Studientage
Gar nicht
Gehalt in EUR
-
Gebühren in EUR
500€

Noten

Team/Station
2
Kontakt zur Pflege
6
Ansehen des PJlers
6
Klinik insgesamt
3
Unterricht
4
Betreuung
4
Freizeit
1
Station / Einrichtung
5
Gesamtnote
3

Durchschnitt 3.47