Auch in England hat man als PJler mal wieder einen merkwürdigen Status. Die Studenten dort studieren 5 Jahre, danach schließen sich 2 Jahre Foundation Year an (FY1 & FY2), in denen sie als Assistenzärzte (SHO= Senior House Officer) im 4-Monats-Rhythmus über verschiedene Stationen routieren. Dabei arbeiten sie schon richtig, immer in Rücksprache mit ihren zuständigen Consultants (quasi Oberarzt). Als deutscher PJler steht man irgendwo zwischen Student und SHO, betreut in der Regel aber keine eigenen Patienten.
Pro: Insgesamt habe ich in meinen 8 Wochen in Stoke-on-Trent sehr viele Freiheiten gehabt. Ich wurde einem sehr netten Consultant zugeteilt, der mich ermuntert hat, mir alles anzusehen, auf das ich Lust hätte, aber auch das schöne England zu genießen.
Ich durfte an allem teilnehmen, was die Kardiologie so zu bieten hat: Herzkatheter, Herzecho, Herz-MRT, Schrittmacherimplantation, PFO-Verschluss, Bypass-OPs, elektrophysiologische Untersuchungen, Kardioversionen & Heart Attack Centre. Überall wurde ich nett empfangen, auch von der Pflege, & bekam meine Fragen beantwortet. Auf Station begleitete ich die Assistenzärzte & half ihnen bei ihrer Arbeit. Bei den Consultants waren Studenten gerne gesehen, sehr oft bekam man eine spontane Teaching session. Auch bei deren Mittagsbesprechungen, bei denen es fast immer industrie-gesponserte Sandwiches gab, durfte ich teilnehmen und habe einiges gelernt. Das Teaching-Angebot von Seiten der Keele University war enorm und ich durfte an allen Veranstaltungen, die mich interessierten, teilnehmen, z.B. Nahtkurs oder prescription workshop. Die Studenten in England sind von Beginn der Klinik an fast jeden Tag auf Station und so ist auch der Unterricht mehr auf die Praxis ausgerichtet als in Deutschland. Wo lernt man in Deutschland z. B. wie man etwas richtig verordnet?? In England gibt es sogar auf Station Pharmazeuten, die die jungen Ärzte dabei unterstützen.
Kontra: Natürlich war bei 8 Wochen nicht jeder Tag super interessant. Nachdem ich die Krankheitsbilder grob kannte, wurde es manchmal schon etwas langweilig, weil ich keine richtigen Aufgaben hatte. Dafür durfte ich dann auch oft früher gehen und hatte umso mehr Zeit fürs Nachlesen daheim oder natürlich zur Freizeit. :-)
Freizeit: Von allen Seiten bekam ich immer wieder Tipps, was ich unternehmen sollte, und ein paar Tage dafür freizunehmen war auch kein Problem. Ich habe einiges vom Land sehen können, da Stoke-on-Trent relativ zentral in England gelegen ist und man mit dem Zug in kurzer Zeit zu vielen schönen Ecken kommt. London ist ca. 2 Stunden entfernt. Der näheste Flughafen ist Birmingham.
Meine Bewertung fällt durchweg positiv aus, weil ich das Gefühl habe, dass mir mein halbes Tertial in England für den späteren Beruf viel gebracht hat. Es herrschte insgesamt eine sehr angenehme Athmosphäre & ich habe mich auch als Ausländer immer willkommen gefühlt. Trotzdem war es gut, dass ich eine Hälfte des Tertials auch in Deutschland verbracht habe, um die Arbeitsweise dort kennenzulernen und auch etwas mehr praktisch machen zu dürfen und nicht nur darin unterrichtet zu werden.
Bewerbung
Die Bewerbung verlief sehr unproblematisch. Man konnte sich erst ab einem halben Jahr vor Beginn des Aufenthalts bewerben und musste dann diverse Titer bestimmen und den Gesundheitsstatus vom Hausarzt bestätigen lassen. Diese Untersuchungen waren bei mir alle auch in unserer PJ-Eingangsuntersuchung vorgesehen, die ich dann etwas vorgezogen habe. Für die Zimmersuche bekam man von der Uni einige Kontaktadressen.
