Ich war 8 Wochen in der "Trauma Surgery" des Royal London Hospitals in Whitechapel, dem größten Trauma Zentrum Großbritanniens. Entgegen meiner Erwartungen ist die Trauma Surgery aber keinesfalls mit der deutschen Unfallchirurgie gleichzusetzen, denn in England werden Knochen nur von Orthopäden operiert. Die Trauma Surgents sind die Koordinatoren bei Trauma Calls im Schockraum und operieren eigentlich nur Bäuche, wenn im Schockraum freie Flüssigkeit od. Luft im Abdomen gesehen wurde. Dementsprechend sind die OPs nicht geplant und insgesamt eher selten. Wenn ich zur richtigen Zeit am richtigen Ort war, konnte ich aber auch mit assistieren. Die meiste Zeit habe ich auf Station verbracht.
Die Aufgaben dort entsprechen im Großen und Ganzen denen auf einer deutschen chirurgischen Station: Buch führen bei der Visite, Blutabnehmen/Nadeln legen, Drainagen ziehen, Nähen, Patienten untersuchen (alle Patienten müssen in der Trauma Surgery einmal komplett nachuntersucht werden ("Tertiary Survey"), d.h. man kann sehr viele Patienten untersuchen (auch die Trauma-Patienten auf der Intensivstation). Eigentlich kann man alles machen, was man sich zutraut.
Die Arbeitszeiten konnte ich relativ frei wählen. Da die Praktikanten ja nichts bezahlt bekommen, haben meine House Officers es mir auch freigestellt, wie viel Zeit ich im Krankenhaus verbringen will. Dementsprechend kam ich morgens zwischen 8 und halb 9, denn um halb 9 fängt die Visite an. Je nachdem, wie viel nachmittags los war und wann wir mit unseren Aufgaben durch waren, bin ich zwischen 13 und 17 Uhr gegangen - meist aber eher früh. Ich wurde sogar oft dazu ermutigt, mir doch bei dem schönen Wetter lieber die Stadt anzuschauen.
Das Patientengut ist eigentlich sehr spannend: es liegen natürlich viele Verkehrsunfallopfer auf der Trauma-Station, aber es gab auch überraschend viele Stichverletzungen (und ein paar Schussverletzungen!), außerdem Suizidversuche durch Sprünge aus großer Höhe. Der Londoner Osten, in dem das Krankenhaus liegt, ist insgesamt ein sehr buntes Viertel und das Kreuzberg Londons. Ich habe mich dort aber nie unsicher, sondern immer sehr wohl gefühlt.
Einmal pro Woche gibt es eine Röntgenbesprechung inkl. ein bisschen Teaching und wenn auf Station Zeit war, haben sich die House Officers auch ab und zu mit uns hingesetzt und die Trauma-Algorithmen oder andere nützliche Themen mit uns durchgesprochen.
Prinzipiell wäre es auch möglich gewesen, innerhalb des Krankenhauses auf eine andere Station zu rotieren. Aber in England gibt es fast noch mehr Bürokratie als bei uns, so dass das möglichst früh angesprochen werden sollte. Ich wollte gerne eine Funktionswoche in der Radiologie machen und es hat 2-3 Wochen gedauert, bis es geklappt hat - dann habe ich aber einen kompletten Stundenplan in die Hand gedrückt bekommen.
Insgesamt hat mir dieses halbe Tertial sehr gut gefallen und ich kann es durchaus weiterempfehlen. Es liegt sehr an einem selbst, wie viel Zeit man im Krankenhaus verbringt und welche Aufgaben man macht. Und ich glaube, ich habe eine ganz gute Mischung zwischen Krankenhaus und dem Freizeitprogramm in der tollen Stadt London gefunden!