Das IJF ist in der Tat nichts für zarte Gemüter. Allein der Blick auf die Krankenhausflure in der ersten Etage ist erschreckend: bis zu 120 Patienten liegen z. T. über mehrere Wochen auf rostigen Liegen oder auf dem Boden, begleitet von einer Begleitperson - auf weißen Plastikgartenstühlen sitzend - mit offenen Wunden, provisorisch versorgten Frakturen umhüllt von einer Mischung aus Urin- und Blutgeruch! An "Sammelecken" findet man 5-6 Militärpolizisten, die die mit Handschellen an die Liegen befestigten Schwerkriminellen bewachen.
Viele Studenten kommen über Sidnei Vieira nach Fortaleza, einem ehemaligen Kinderchirurgen, aber ich würde allen definitiv davon abraten über ihn das PJ zu planen, da er kein Angestellter der UFC ist und auf nicht PJ-Zuständiger im IJF ist. Es gab für uns leider große Schwierigkeiten, da das IJF keine Kapazität für deutsche Studenten hat und Sidnei uns einfach am ersten Tag unangekündigt dort "abgegeben" hat. Ohne Betreuungsperson mussten wir dann selber sehen, wo wir bleiben. Meiner Meinug nach lag es an dieser schlechten Organisation, dass wir - in Sachen ZVK-Anlage oder Thoraxdrainage - den brasilianischen Studenten nachgestellt waren. Da die PJ-Beauftragten des IJF seit Jahren immer wieder mit neuen unangkündigten deutschen Studenten konfrontiert werden, ist es meiner Meinung nach nur eine Frage der Zeit, bis deutsche Studenten garnicht mehr im IJF ihre PJ-Tätigkeit ausüben dürfen.
Wir mussten um unseren Aufenthalt zu legaliseren uns bei der UFC (Abteilung CAI: Edna) bewerben, uns bei der UFC-PJ-Koordinatorin Prof. Yaci vorstellen und uns im Campus Pici immatrikulieren. An mehreren Stellen hätte die Legalisierung vor Ort schief gehen können, deshalb rate ich allen euch über die CAI zu bewerben und alles schon vor der Ankunft zu regeln. Außerdem verlangt Sidnei Geld für seinen Service und die Bewerbung über die CAI ist kostenlos, da alle staatlichen Unis in Brasilien kostenlos sein müssen. Außerdem bekommt ihr dann einen Padrinho oder eine Madrinha, die euch mit Rat und Tat zur Seite stehen.
Zur Chirurgie:
+-Punkte:
- Nähen bis zum Umfallen in der "Kleinen Chirurgie" möglich, auch plastische Sachen wie Gesicht, Ohr, Finger, sogar Arthrodesen und auch Kinder
- wenn man an einen guten und netten Residente gerät, kann man auch ZVKs und Thorax-Drainagen legen
- Nachts und am WE kann man bei allen Notfall-OPs auch erste Assistenz sein (selbst Neuro)
- zweifelsfrei wird man viele Schuss- und Stichverletzungen sehen
- leider auch viele andere Gewaltdelikte und häusliche Gewalt (auch an Kindern)
- Verbrennungsstation
- Endoskopie zur FK-Bergung
- Frühstück/Mittagessen: kostenlos
--Punkte:
- keine Bezugsperson
- wenig Routinestationsarbeit
- man muss sich fast immer anbieten, um Assistenz zu sein, manche operieren sonst einfach mir der OP-Schwester
- Hygiene
- gefährliches Ambiente in der Innenstadt ab Dämmerung
- wenn man sich nicht gerne in den Vordergrund stellt, ist es z. T. schwierig gute Arbeiten zu erledigen, viel Konkurrenz
- rund um die Uhr und an sieben Tagen in der Woche sind ständig sehr viele Medizinstudenten im IJF anwesend --> oft saß man und hatte nichts zu tun!!
Tipp: wir waren an einigen Tagen in anderen Häusern (z. B. HUWC, HGF), am besten immer schön nett mit den Chirurgen unterhalten, die nehmen einen gerne in andere Häuser mit! Es gibt auch viele Mehrorganspenden - die Teams bieten einem dann oft an die Implantation zu verfolgen: es lohnt sich!
Fazit: insgesamt eine gute lehrreiche Erfahrung! Kostengünstig wird es jedoch nicht! Ich habe in Meireles gewohnt und würde das nächste Mal in Aldeota wohnen!
Bewerbung
bitte über die CAI bewerben:
http://www.cai.ufc.br/
Wenn nichts zurückkommt, einfach anrufen!
Ansprechpartner: Prof. Edna, Prof. Yaci, im IJF Dr. Renata.
Studentenvisum nicht vergessen.
Sprachkenntnisse sind zwingend erfordelich. Aber auch ein Grundkurs ist besser als nichts! Englisch wird eher nicht gesprochen.