War 8 Wochen auf der Gefäßchirurgie im Royal Victoria Hospital. Die ersten sieben Wochen noch im alten Gebäude (sehr alt und abgewirtschaftet, dafür mit einem Hogwards-ähnlichen Charme) und die letzte im Neubau (sehr groß und modern).
Positiv:
- Sehr sehr nettes Team (vom Assistenten bis zum Chef)
- sehr gutes Teaching (das kennt man aus Deutschland nicht: teilweise mehrmals am Tag nehmen sich die Assistenten oder OÄ Zeit, um den Studenten etwas beizubringen. Man kann jederzeit Fragen stellen. Die Lehre gehört hier in einem ganz anderen Ausmaß zur ärztlichen Profession)
- Zunähen durfte man im OP eigentlich immer, auch die Assistenten durften viel machen
- Rotationen in Gefäßdiagnostik (Vascular Lab.) (Beginn erst um 8.00 Uhr und frühes nachhause gehen möglich).
- 1x die Woche Abteilungsbesprechung, Fortbildung oder Fallbesprechungen (M&Ms waren sehr gut!)
- 2x die Woche Ambulanz (clinics) in denen man selbstständig Patienten untersuchen/aufnehmen kann und dann einem OA vorstellt.
- Konsile machen: Es war selbstverständlich, dass man als Student in der Klinik gefäßchirurgische Konsile in anderen Abteilungen oder der Notaufnahme durchgeführt hat. Anfangs war das mit viel Stress und Überforderung verbunden, wurde mit der Zeit angenehmer.
- Französisch ist kein muss: Das Royal Victoria Hospital ist ein Lehrkrankenhaus der englischsprachigen McGill University. Es wird also Englisch gesprochen. Ich konnte kein Wort französisch und bin gut durchgekommen. Wenn mal ein Patient nur französisch sprach, war es kein Problem einen Übersetzer zu finden. Wenn man erklärt, dass man aus dem Ausland kommt, haben die meisten Leute dort Verständnis. Es gibt im Übrigen auch Ärzte (v.a. von der arabischen Halbinsel) dort, die kein französisch sprechen.
Negativ:
- Geht brutal früh los (6.00 Uhr Visite vorbereiten) und man muss lange bleiben (16-17.30 Uhr ist die Regel, war aber auch mal bis um sieben da). Im Schnitt ist man ca. 11-12h pro Tag in der Klinik.
- Ineffiziente Arbeitsabläufe die einem die Haare zu Berge stehen lassen: Eine top moderne Klinik mit sehr gut ausgebildeten Ärzten, die täglich mit einer langsamen und strukturell veralteten Organisation zu kämpfen haben. Die ist aus meiner Sicht auch dafür verantwortlich, dass man so viel Zeit in der Klinik verbingen muss. Richtig stören tut das dort aber niemanden. Der Kontrast zu den auf Effizienz getrimmten deutschen Kliniken ist auf jeden Fall groß.
- Viele Studenten (1-2 von der McGill und 2-3 Pjler) V.a. durch den Umzug bedingt gab es teilweise nur wenig für uns zu tun. Wenn die Station aber voll ist, dann reichts gut für 4 Studenten. Je mehr Studenten da sind, desto eher kann man sich morgens abwechseln.
Fazit:
Habe viel gelernt und würde es jederzeit wieder machen. Wenn man etwas vom Land sehen möchte muss man entweder geschickt verhandeln oder vor/nach dem Tertial reisen.
Tipps:
Nicht im Januar oder Februar gehen. Ich war im März da und es war schweinekalt (häufige Schneefälle mit Temperaturen bis -15 Grad). Als ich Ende April wieder abgereist bin war es frühlingshaft mild und die Stadt wurde deutlich lebendiger.
Unterkunft in der Nähe der Klinik suchen, sonst machts morgens wirklich keinen Spaß. Ich bin am Ende in diversen Facebook-Gruppen und bei AirBnB fündig geworden.
Man kann als Pjler recht günstig in die McGill-Gym und dort das Sportporgramm (mit kleinen Einschränkungen) der Uni nutzen. Der Sportkomplex ist in der Nähe des alten Hospitals, sodass sich das für zukünftige Aufenthalte vielleicht nicht mehr lohnt.
Sparen: Montreal ist was Lebensmittel angeht teuerer als ich gedacht hätte.
Gibt erstaunlich viele deutsche Pjler in Montreals Kliniken. Wer möchte findet immer jemanden um am WE etwas zu unternehmen.
Für Ausflüge empfehle ich einen Mietwagen (kann man gut über ADAC buchen). Toronto und Quebec sind sehenswerte Städte, die ohne Auto nur schlecht zu erreichen sind. Gibt in Montreals Umgebung auch schöne Nationalparks. Die US-Grenze ist auch nicht weit, sodass man sich Boston oder New-York anschauen kann.
Bewerbung
ca. 9 Monat über die Website der McGill. Ist ein aufwändiger Prozess mit medizinischen Voruntersuchungen bei einem kanadischen Arzt.