Habe mich entschieden, einen 10 Wochen meines Wahlstudienjahrs (analog zum PJ) in St. Urban zu verbringen. Diese psychiatrische Klinik mit 200 Betten und liegt zwischen Zürich und Bern. Ich wurde am 1. Tag durch die nette Chefarzt-Sekretärin empfangen, die die Stelle top organisiert hat und sich sogar Zeit für einen administrativen Rundgang mit mir durch die Klinik machte. Das Team ist sehr kollegial, alle sind per Du, und man fühlt sich als PJ-ler gut integriert. Der Lohn beträgt normale 1200 Fr. bei hohen Lebenshaltungskosten, die Zimmer sind top.
Der Tag beginnt um 8.15 mit dem grossen Rapport (ist aber auch egal, wenn man erst auf 9.30 kommt wenn man nicht gerne so früh aufsteht), viele Pausen, Schluss für den PJ-ler meist um 15.00. Neben mir waren noch vier aufgestellte und sehr kompetente "Blockstudenten" (etwas zwischen Famulatur und PJ) aus Bern für einen Monat in der Klinik zu Gange.
Weshalb ich nach 9 Tagen die Kündigung eingereicht habe? Die somatische Versorgung auf meiner Station war auf sehr tiefem Niveau und vieles ging entgegen den Standards-of-Care. Dafür hatte ich besonders wenig Verständnis, denn die Fallführenden hätten mehr als genug Zeit gehabt, und z.B. nicht erst nach Austritt des Patienten ein EKG zu befunden (Long-QT!). Eindrücklich wird dies auch, dass es nicht mal ein konventionelles Röntgen gibt, bei 200 Betten inkl. grosser Alterspsychiatrie und Abhängigkeitsstation (Tbc!). Als ich das Team über Behandlungsfehler internistischer Krankheiten aufmerksam machte - was so gar nicht die Aufgabe eines PJ-lers sein sollte - wurden meine Anliegen wenig ernst genommen (kann ja der Hausarzt richten). Nach kurzer Zeit konnte ich eine Patientin übernehmen - diese durfte ich medizinisch seitens der Oberärztin (die übrigens in einem Land studierte, welches gar nicht mehr existiert) nicht so versorgen, wie es in jeder anderen Klinik der Schweiz selbstverständlich gewesen wäre. Ich hatte bei aller Bescheidenheit in St. Urban das erste Mal in meiner ärztlichen Karriere das Gefühl, der Kompetenteste eines Behandlungsteams zu sein. Und das als PJ-ler? Irritiert ganz schön heftig. In St. Urban habe ich somit nach 9 Tagen aus Respekt vor der Medizin, vor allem jedoch der Patienten, die Kündigung eingereicht.
Geblieben ist ein administrativer Aufwand sowie viel Verständnis und Respekt auch von unerwarteten Seiten. Vor allem aber blieb ein bitterer Beigeschmack und eine Erfahrung fürs Leben.
Bewerbung
Habe mich 1 Jahr vorher beworben; es sind jedoch so gut wie immer PJ-Stellen frei.