Grundsätzlich empfehle ich Jedem eines oder gar mehrere Tertiale in der Schweiz zu absolvieren, da dort Ausbildung generell einen hohen Stellenwert hat, man teilweise anständig entlohnt wird und die Schweiz einfach einen hohen Naherholungswert und eine hohe Lebensqualität hat.
"Arbeiten wo andere Urlaub machen!"
Das Tertial Innere im HFR Tafers zu absolvieren kann ich nur jedem empfehlen.
Tafers ist das erste deutsche Krankenhaus im zweisprachigen Kanton Freiburg/Fribourg in Richtung Bern und zieht daher hauptsächlich deutschsprachige Schweizer an.
Es handelt sich um ein C Spital, dass daher nur eine 1 bis max. 1,5 jährige Weiterbildungsberechtigung für jede Disziplin hat. Daher sind meistens viele Uniabsolventen dort Assistenten und die jeweiligen Ober- und der Chefarzt haben viel Erfahrung mit dem Umgang und Ausbilden von Ärzten im Anfangsstadium.
Die Medizin bildet ein sehr breites Spektrum der Inneren ab und ist in meinen Augen v.a. für eine Ausbildung der "Basis-Inneren" optimal geeignet.
Die Oberärzte sind und der Chef, sowie die Assistenten haben alle ihre Fachgebiet und kümmern sich sehr gewissenhaft, freundlich und nach neuesten Stand um Patienten und Assistenten. Tolle Ärzte, "Ausbilder", Kollegen und Vorgesetzte.
Die Assistenten sind offen und sehr hilfsbereit gewesen. Auch neben der Arbeit unternimmt man das ein oder andere mal etwas zusammen.
Der Tag beginnt um 8.00 Uhr mit dem Röntgenrapport und endet so ca. zwischen 16.00 Uhr und 18.00 Uhr.
Es gibt für PJler/UHU's keine Nacht-/Ruf-und Wochenenddienste!
Auf der Station lernt man die ärztliche Stationsarbeit in einem geschützten Rahmen mit eigenen Patienten mit Hilfe der Assistenten und zweimaliger oberärztlicher Besprechung täglich. Das Team von Pflegeseite ist auch sehr nett, hilfsbereit, fast immer kompetent. Blutabnahme und Venenverweilkanülenanlage wird vom Pflegeteam übernommen.
Neben der Station hat man auch die Möglichkeit auf den interdisziplinären Notfall (Notfallaufnahme) zu rotieren. Dort lernt man interdisziplinär schnell zielgerichtet und trotzdem gründlich Anamnese, körperliche Untersuchung und Organisationsmanagement. Nachmittag gibt es einen Röntgenrapport wo man lernt Patienten kurz und bündig vorzustellen und auf Fragen der Anwesenden Ärzte zu antworten. Zugegeben manchmal waren die Schichten (8.00-16.00Uhr,10.00UHr-18.00 Uhr, 15.00Uhr-23.00 Uhr, 23.00Uhr -8.00Uhr, für PJ max. bis zum letzten ca. Bus 22.00Uhr) auf dem Notfall richtig anstrengend, aber ich habe im ganzen PJ nirgends in so kurzer Zeit so viele praktische und wichtige Dinge für mein Arbeiten gelernt.
Es gibt regelmässig theoretische und praktische Fortbildungen, ca. 3x die Woche neben den individuellen teachings.
In jeder Abteilung gibt es aus Deutschland kommende Ober- und teilweise Chefärzte die einem gern das eine oder andere erklären bevor man in ein "Fettnäpfchen" tritt und fachlich kann man natürlich auch sehr viel von Ihnen lernen. Das MFA- Team ist auch immer sehr nett und hilfsbereit gewesen.
Essen in der Kantine für 9 Franken das Menü. Hab ich immer gegessen, da ich eine warme Mahlzeit am Tag haben wollte und es für das Geld im Verhältniss gute Portionen waren, die mir auch immer geschmeckt haben.
Gewohnt habe ich im Personalwohnhaus (Avenue Beauregard 3, 1700 Fribourg) in Freiburg/Fribourg (mehrheitlich französisch!) direkt hinterm Bahnhof wo auch der Bus abfährt (wer will kann auch mit dem Rad 30 min fahren). Das bedeutet zwar einerseits früher aufzustehen und an die suboptimalen Busfahrzeiten gebunden zu sein, andererseits spart man sich trotz Busticket Geld und wohnt in der Stadt, was wirklich eine höhere Lebensqualität für einen jungen Menschen bedeutet. Im Personalhaus gibt es auch viele andere Mitarbeiter, und Studenten. Es gibt eine Waschmaschine (Bezahlsystem kompliziert aber wenn ein Mitarbeiter da ist, dann kann man meistens den key für die Waschmaschine mitbenuzten), eine ausgestattete Gemeinschaftsküche (eigene Müslischüssel und Tasse, Brotdose lieber selbst mitbringen), 2 Gemeinschaftsbäder und 2 Toiletten zu sechst bzw. zu viert(dann nur 1 Bad und 1 Toilette wenn ich mich recht erinnere).
Bankkonto habe ich bei der Post eröffnet, Kantonalbank soll auch gut und einfach gehen. Arbeitsvertrag mitbringen und nach Studenten/Auszubildenden Tarif fragen. Vergesst die Passbilder nicht. Steckdosenadapter für die Schweiz kann man sich überlegen, nur die schmalen Stecker aus Deutschland passen in der Schweiz.
Kurze Kostenaufstellung in Franken:
1000 brutto , nach Abzug von Abgaben und Miete (450) bleiben noch 350 Franken über, wovon immer für die Busfahrkarte 80 Franken pro Monat abgehen. Die Busfahrkarte nach Tafers berechtigt den Erwerb einer Dauerparkkarte 12 pro Monat auf dem park&drive Parkplatz Guintzet ganz inder Nähe von Kantonspital beim Kantonspital (mit dem Buss vor der Haustür in 5 Minuten erreichbar). Parken ist in ganz Fribour schwierig, da nur entgeltlich und sehr teuer. Ganz in der Nähe vom Bahnhof gab es einen Aldi. Dort habe ich fasst alle Lebensmittel eingekauft, da ich den Aufbau des Ladens und viele Produkte aus Deutschland kenne und es auch einfach günstiger war. Ansonsten bin auch zu Denner und selten zu Coop und Migros gegangen. Duschbad, Shampoo, Deo, Rasierklingen, Rasierschaum, Lotion hab ich alles aus Deutschland mitgebracht und konnte so einiges sparen.
Ihr seht das Geld ist an sich knapp. Ich habe pro Monat so 550 Franken für den Alltag gebraucht, hatte also eine Lücke von 200 Franken, die ich selber schliessen musste.
Ausflüge, Kino, Cafe trinken(Café du Belvédère, grand rue 36) Essen gehen (Fondue:Cafe Du Gothard , Cafe Du Gothard; Burger im Studentenkneipe:Cafe Populaire ,Rue Saint-Michel 9 ), Abends weg gehen on top.
Nehmt daher am Anfang genug Bargeld mit. Hab 1000 Franken in D getauscht gehabt. Das erste Gehalt kommt erst am Ende des Monats und gerade am Anfang habt ihr die meisten Kosten!
Von Freiburg ist man mit dem Zug in 20 min in Bern, ca 30 in Lausanne und ca. 45 min in Genf.
Wandern und Ski fahren kann man zwar nicht direkt vor der Haustüre, aber alles gut erreichbar mit dem Zug. Eine Halbtax (Bahncard 50) empfiehlt sich wenn man länger als ein Tertial bleibt. Angeblich gibt es auch ein Ticket, das man in Deutschland für die Schweiz kaufen kann.
Noch kurz zu meiner Erfahrung als Deutscher in der Schweiz:
Klischees die man in der Schweiz Deutschen nachsagt:
" Deutsche gelten als arrogant, überheblich, protzerisch, sehr direkt (unhöflich), teils egoistisch/egozentrisch, befehlsliebend, zwanghaft ergebnisfixiert...."
Nur die wenigsten denken so, aber in einem Land in dem fast jeder dritte die SVP 10/2015 gewählt, kann man schon mal mit Misstrauen und weniger Freundlichkeit konfrontiert werden.
Schweizer sind von der Lehre der Reformatoren Zwingli und Calvin geprägt: also es gelten eher Askese, Fleiss, Bescheidenheit& Höflichkeit, nicht hierarchische Ordnung und Gemeinwohl als Handlungsmaxime. Sie sind stolz auf ihr Land und ihre Sprachen, lokale Produkte und lokale Tradition haben einen sehr hohen Stellenwert. Sagt besser nie, dass die Schweiz klein ist und unterlasst unaugeforderte Vergleiche mit Deutschland. Fahrt bitte nicht zu schell auf der Autobahn, die Blitzer sind echt scharf eingestellt und es tut richtig weh ^^
Danke für deine Ausdauer! Hoffe ich konnte Dir einen erste Eindruck vermitteln und die wichtigsten Fragen beantworten.
Ich wünsche Dir ein tolles PJ in der Schweiz!
Bewerbung
1- 1,5 Jahre im Vorraus beim Personalservice Kantonspital Freiburg/Fribourg