Die Arbeitszeiten waren sehr unterschiedlich, begonnen hat der Tag stets um 8 Uhr.
Das Praktikum hat hauptsächlich im OP stattgefunden. Man hat keine festen Aufgaben und kann sich den Operationen selber aussuchen. Der Tag gestaltet sich je nach Operateur und eigenem Interesse. Motivation und Einsatz wird belohnt. Ebenso war es möglich in die Sprechstunden, auf die Station oder in die Notaufnahme gehen. In der Notaufnahme arbeitet man sehr selbständig und kann Rettungseinsätze mit dem Krankenwagen, Flugzeug und Helikopter begleiten.
Das Krankenhaus ist sehr modern und gut ausgestattet. Man sieht ein breites Spektrum an Krankheitsbildern und Eingriffen.
Das Team besteht aus vielen einzeln arbeitenden Ärzten. Es kommt kein wirkliches Gruppen- oder Zugehörigkeitsgefühl auf. Zeitweise waren wir fast zu viele PJler.
Ich bin chirurgisch sehr interessiert und dementsprechend war es toll für mich einen so breiten Einblick in die Chirurgie zu erhalten und mir neue praktische Fähigkeiten anzueignen. Die Freiheit, sich seine Operationen auszusuchen zu können und keine festen Aufgaben zu haben, ist zeitweise anstrengend, da keine wirkliche Routine entsteht. Als Hakenhalter wird man nicht missbraucht.
Man lernt, dass jeder seines eigenen Glückes Schmied ist und darf einer großen Vielfalt unterschiedlichster Operationen beiwohnen.
Eine bessere Betreuung hat man bei den Orthopäden. Auch die HNOler, die Anästhesisten und die Gynäkologen sind sehr nett. Bei den Internisten wird viel Anwesenheit (10 Stunden täglich) gefordert.
Könnte ich mich nochmal bewerben, würde ich die Notaufnahme wählen. Man hat eigene Patienten, kann beispielsweise aushandeln, dass man 3 Tage pro Woche arbeitet und Lehre erhält und holt die Patienten mit dem Krankenwagen, dem Helikopter oder dem Kleinflieger aus der ganzen Inselgruppe nach Nouméa ins Krankenhaus.
Bewerbung
Man hat eine Email mit einem formlosen Bewerbungsschreiben und einem Lebenslauf an Natalie Kaluzny geschickt. Die Zusage erreichte mich postwendend am nächsten Morgen. Bis einen Monat vor Praktikumsantritt musste eine „Convention de stage“, ein medizinisches Gesundheitszeugnis, der Nachweis einer Berufshaftpflichtversicherung und die Kopie des Personalausweises/Reisepasses eingereicht werden. Beim Gesundheitszeugnis ist zu beachten, dass dieses ein Röntgen-Thorax beinhaltet.
Frau Kaluzny antwortet in recht unregelmäßigen Abständen, davon sollte man sich nicht verunsichern lassen.
Letztlich ist es sinnvoll sich vor Praktikumsantritt bereits ein gewisses (professionelles) Französischniveau anzueignen, da es einem den Einstieg sehr erleichtert.
Unterkünfte zur Zwischenmiete findet man gut auf Facebook in den Gruppen „Nouméa Coloc“ und „Nouméa Expat“. Ich habe den Aufenthalt mit einer Freundin zusammen organisiert. Wir haben eine tolle 2,5-Zimmer-Wohnung in Magenta/Nouméa gefunden. Mit den Vermietern haben wir uns sehr gut verstanden. Die Schlüsselübergabe hat am Flughafen stattgefunden, der Kühlschrank war bei unserer Ankunft gefüllt und sie hatten immer ein offenes Ohr für Fragen. Bei Interesse kann ich gerne den Kontakt vermitteln.
Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln (Bussen) braucht man ungefähr eine Stunde zum Krankenhaus und 10 Minuten ins Stadtzentrum. Allerdings fahren die Busse nur von ca. 6 Uhr bis 19.30 Uhr in unterschiedlich regelmäßig Abständen. Flexibler ist man mit dem Auto. Wir haben binnen kürzester Zeit ein Auto in der bereits genannten Gruppe „Nouméa Expat“ gefunden. Damit haben wir ein großes Stück Freiheit und viele schöne Erlebnisse gewonnen.
Obwohl man sich offiziell in Frankreich befindet, trifft dies höchstens auf Nouméa zu. Die melanesische Kultur der Kanak ist in Neukaledonien sehr präsent und lebendig. Der Lebensrhythmus ist viel langsamer, Natur und Freizeit haben einen hohen Stellenwert.
Nouméa als Stadt selber ist nicht außergewöhnlich schön. Die Freizeitmöglichkeiten hingegen sind großartig. Man hat sowohl in der Stadt als auch außerhalb einige Strände, Tagesausflüge zu den umliegenden Inseln sind ein Leichtes und je nach Wetter kann man sich zwischen Wanderausflügen und Wassersport (Windsurfen, Kiten, Tauchen, Segeln) entscheiden. Des Weiteren haben wir die tropischen Früchte und den frischen Fisch frisch vom Markt sehr geschätzt.
Um die Insel zu erkunden braucht man einen (Allrad)Wagen. Die günstigste und einfachste Übernachtungsmöglichkeit ist das Zelt. Mit beidem ausgestattet haben wir einmal die Insel umrundet, was sehr zu empfehlen ist. Zusätzlich sollte man mindestens eine der Iles loyauté besuchen – paradiesischere Strände wird man nirgendwo anders finden.
Bei den Einheimischen ist zwischen den französischen Auswanderer (Zoreilles), den Nachfahren französischer Sträflinge (Caldoches) und den Melanesiern (Kanak) zu unterscheiden. Die Zoreilles sind recht zugänglich und freuen sich über neue Kontakte. So haben wir mit Mitbewohnern anderer PJler, Freunden von Freunden und unseren Vermietern ein freundschaftliches Verhältnis gepflegt. Die Caldoches und die Kanak bleiben dagegen eher unter sich. Entgegen vieler Erzählungen haben uns die Kanak jedoch immer freundlich und offen willkommen geheißen und an ihrem Leben Anteil haben lassen.
Die Lebenshaltungskosten in Neukaledonien sind sehr hoch. Geld spart man, wenn man selber kocht, wandern geht und zeltet.
Fachlich habe ich viel dazugelernt, auch wenn ich mir manchmal mehr Struktur und Teamzugehörigkeit gewünscht hätte. Mein PJ-Tertial hier hat mich in meinem Wunsch eine chirurgische Karriere zu verfolgen bestärkt.
Zusätzliche konnte ich meine Französischkenntnisse verbessern.
Der Höhepunkt war sicherlich die paradiesische Insel mit der hohen Lebensqualität und ihrer melanesische Kultur.