Kurze Vorab-Info: Für mich war von Anfang an klar, dass ich später kein Chirurgie machen möchte, darum habe ich bewusst ein kleines Haus ausgewählt. In der Hoffnung, mich dort auf die häufigen und gängigen OPs zu beschränken und viel Patientenkontakt zu haben. Das ist soweit auch in Erfüllung gegangen – rückblickend würde ich mir aber fürs Chirurgie-Tertial heute ein etwas größeres Haus angucken. Das ist einfach vielfältiger.
Organisatorisch:
Man verbringt 8 Wochen auf der Viszeral und 8 Wochen auf der Unfallchirurgie – das sind auch neben zwei internistischen Stationen und einer Intensiv alle Stationen des Hauses. Für den ersten Tag sind eigene Klamotten hilfreich, denn die Kleiderausgabe hat nur Dienstags und Donnerstags für eine Stunde geöffnet, was manchmal etwas stressig war. Am ersten Tag bekommt man Schlüssel, ein eigenes Telefon und den IT-Key, mit dem dort alles geregelt wird – alle Akten werden elektronisch geführt. Zum Eingewöhnen bleibt dann genug Zeit.
Tätigkeiten:
Viszeralchirurgie: Ich habe mich ziemlich fix in den OP begeben und wurde dort auch viel eingeteilt, vor allem für die Kameraführung bei Laparoskopie (Hernien, Cholezystektomie oder Appendektomie, das war das allermeiste). Auf der Viszeral habe ich leider keine eigenen Patienten betreut, weil ich einfach noch nicht wusste, was dort so möglich ist. Fand ich im Nachhinein sehr schade, hätte man sicher früher ansprechen können. Ansonsten: Aufnahmen mit Dokumentation, Arztbriefe schreiben (je nach Kapazität wird man damit aber auch nicht überfordert und bekommt auch ein Danke, wenn man Arbeit abnehmen kann), ein bisschen Wundpflege. Ansonsten kann man immer in die Ambulanz, wo man je nach diensthabendem Arzt viel lernen und auch eigene Patienten übernehmen kann – oder eben auch nicht. Muss man ein bisschen schauen. Das Spektrum der Viszeralchirurgie ist natürlich nicht so groß wie an anderen Häusern, aber es gab immer auch interessante Fälle, bei denen man mitdenken und viele Fragen stellen konnte. Überhaupt lebt das Tertial dort von Eigenmotivation und Fragen, denn Fortbildungen gibt es keine und man wird auch nie etwas abgefragt und bekommt die Infos eigentlich meistens nur auf Nachfrage. Aber dann haben wir manchmal auch einfach eine halbe Stunde mit Kaffee ins Stationszimmer gesetzt und ich habe meine Erklärung samt Skizzen bekommen, was sehr hilfreich war.
Unfallchirurgie: Hier war ich in der Woche nur zwei oder dreimal im OP eingeteilt: Die Unfallchirurgie lebt von der Endoprothetik, also Knie, Knie, Hüften, Hüften, Hüften. Dementsprechend war ich nach ein paar Wochen fachlich etwas frustriert und nicht undankbar über die wenige Einteilung im OP, ab und zu gab es Radius- oder Sprunggelenksfrakturen, die aber auch oft Assistenzärzte assistiert haben, was schade war. Hier habe ich immer zwei Zimmer betreut. Ansonsten mir die Zeit auch mal mit Sono-Üben an freiwilligen Patienten vertrieben oder eben Ambulanz.
Ansonsten:
Das Ärzteteam ist eher klein: ein bzw. drei Oberärzte und je zwei bis drei AssistenzärztInnen. Dementsprechend ein gutes Miteinander. Kontakt zur Pflege war immer super, da profitiert man doch von einem kleinen Haus. Auch im OP ist der Ton wirklich sehr freundlich und die Hierarchien flach, ich habe mich dort sehr wohl gefühlt.
Am Tertialanfang wurde ich auch den Internisten vorgestellt, die gerade zwar chronisch unterbesetzt sind, aber mich auch mal angerufen haben, wenn es gerade etwas Spannendes in der Ambulanz gab – oder mir auch einfach einmal angeboten haben, eine Cardioversion zu machen. Die haben jeden Mittwoch Mittag eigentlich auch eine Fortbildung, zu der man herzlich willkommen ist. Sie fiel aber leider in meinem Tertial in 80% der Tage wegen Personalmangel aus.
Arbeitszeit war meist von 7 bis ca. 15 Uhr. Man wird auch nach Hause geschickt, wenn`s nichts mehr zu tun gibt. Halbe Studientage gibt es pro ein oder zwei Wochen, das sollte man nachfragen! Als Bezahlung sind 600 Euro maximal ausgeschrieben. Hierbei handelt es sich aber um eine Aufwandsentschädigung, darum werden Feier- und Urlaubstage leider abgezogen. Ich hatte immer zwischen 450 und 550 Euro bekommen. Das Mittagessen bekommt man in der Kantine frei, ist nicht immer klasse, aber reicht zum Sattwerden.
Eine Unterkunft am Krankenhaus gibt es nicht. Ich habe für die Zeit in Wismar in einer WG gewohnt, Wismar hat zumindest eine FH und etwas mehr Leben – und über das Wismarer Krankenhaus auch mehr PJler, mit denen ich öfter etwas unternommen/ Kaffee getrunken… habe. Ohne Auto ist man dann aber leider auf den Bus angewiesen, der 5:40 Uhr dort losfährt und 45 min braucht. Und nachmittags eben auch nicht so oft fährt…
Zuletzt: Freizeitmäßig ist die Gegend super (Meer, Strand, Hafen, Schwerin, die Insel Poel…) und ein Fahrrad sehr zu empfehlen 😊 Also: Für nicht chirurgiebegeisterte Menschen, die keine Frage scheuen, um etwas zu lernen, zu empfehlen, ansonsten lieber in ein größeres Haus!