Erfahrungsbericht
Hospital Universitario de La Laguna, Tenerife
Aufgaben und Betreuung:
Am ersten Tag hat Justo mich bei meinem Mentor in der Abteilung „Medicina Interna“ abgegeben. Wichtig zu wissen ist, dass in Spanien Innere Medizin nicht gleich „Medicina Interna“ ist. Dort sind alle Fächer, welche bei uns als Subdisziplinen der Inneren Medizin angesehen werden, eigenständige Fachrichtungen. Wenn ihr also besonders interessiert an Onko, Nephro, Pulmo, Gastro, Cardio etc. seid, dann solltet ihr euch auch dafür bewerben. In der „Medicina Interna“ werden zumeist komplexere Fälle behandelt, die sich nicht einfach in eine der Kategorien einsortieren lassen. Man trifft dort eher auf multimorbide Patienten, die neben einem Herzversagen noch Lungenprobleme oder beispielsweise eine Niereninsuffizienz mitbringen. Falls ihr verschiedene Stationen sehen wollt, solltet ihr dieses früh ansprechen, euch bei den jeweiligen Chefärzten vorstellen und anfragen, ob ihr dort hin rotieren dürft. Meistens möchten diese, dass ihr für mindestens vier Wochen in der jeweiligen Abteilung seid.
Insgesamt war ich mit meinem Aufenthalt super glücklich. Gleich zu Beginn habe ich sehr viel gelernt. Zunächst einmal war mein Wissen an medizinischen Fachtermini im Spanischen extrem gering, weshalb ich am Anfang auf jeden Fall sehr häufig auf dem Schlauch stand. Die Ärzte haben mir aber mit viel Geduld jeden Begriff erklärt und so hatte ich nach einiger Zeit dann den neuen Wortschatz von Vorhofflimmern bis COPD aufgestockt. Aber nicht nur sprachlich, sondern auch inhaltlich habe ich sehr viel lernen dürfen. Die Assistenzarztzeit ist in Spanien bedeutend anders aufgebaut als in Deutschland. Hier begleitet ein Assistenzarzt im ersten und zweiten Jahr erst mal jeden Tag einen erfahreneren Arzt bei seiner Arbeit. Dabei wird viel erklärt und jeder neue Aspekt bei einem Patienten durchgesprochen, was als Praktikant ebenfalls sehr lehrreich ist. Mir ist so jede Visite am Ende wie ein Bedsite Teaching vorgekommen. Wenn man Einsatz zeigt und sich bemüht hilfreich zu sein, bekommt man auch noch mehr erklärt und wirklich jede Frage, die man stellt, mehr als nur angemessen beantwortet. Des Weiteren werden die Patienten täglich ausführlich untersucht, wo ich auch als PJ-lerin unter anderem viele verschiedene Herzgeräusche und das klassische Geräusch eines Pneumothorax hören konnte und Zeit hatte Ödeme und Lebervergrößerungen in Ruhe zu ertasten. Was ich im Gegensatz zur typischen Tätigkeit im PJ in Deutschland jedoch nicht gemacht habe waren eigenständige Aufnahmen, Blutentnahmen, Arztbriefe zu schreiben oder Sonographieren. Aufnahmen laufen im Allgemeinen etwas anders ab als in Deutschland, weshalb es das so gar nicht aus Aufgabe gab, dafür habe ich einige Anamnesen selbstständig erhoben. Blutabnahmen machen in Spanien klassisch die Krankenschwestern und -pfleger, welche übrigens ebenfalls ein Studium absolviert haben. Insofern man gerne Blutabnahmen üben möchte, ist es jedoch kein Problem welche zu machen, wenn man einfach nett bei den Pflegekräften nachfragt, ob man das übernehmen dürfte. Arztbriefe habe ich lediglich drei zur Übung geschrieben, weil der Chefarzt der Gastroenterologie das so wollte. Für den klinischen Alltag war mein Spanisch auf B1-B2 Niveau dann doch grammatikalisch nicht ausreichend. Außerdem konnte sich leider jeder Arzt immer nur auf einem Computer in das Programm einloggen. Deshalb habe ich letztendlich weder die Kommentare verfasst, die die behandelnden Ärzte täglich über ihre Patienten schreiben, noch Arztbriefe erstellt. Sonographien machen andere Fachabteilungen und nicht die Internisten selbst, weshalb ich dazu nicht gekommen bin. Man muss sich seine Aufgaben also ehrlich gesagt selbst ein wenig suchen und sich einbringen, wird aber super betreut.
Konflikte und Lösungswege:
Zum Thema Konflikte und Lösungswege muss ich hier sagen, dass während meines Tertials zwischenzeitlich die Anerkennung komplett auf der Kippe stand. Das Landesprüfungsamt NRW erwartet eigentlich entweder eine Immatrikulation oder eine vom Dekan unterzeichnete Äquivalenzbescheinigung. ACHTUNG: Die medizinische Fakultät der Universität La Laguna immatrikuliert seit Sommer 2019 KEINE Erasmus + Studierenden (keiner Universität) mehr und der Dekan unterzeichnet die Äquivalenzbescheinigung NICHT ohne Immatrikulation. Ihr müsst also vor eurem Aufenthalt ganz klar wissen, ob euer Landesprüfungsamt zum Beispiel den Erasmus + Vertrag als Ersatz für die Äquivalenzbescheinigung anerkennt oder eine Unterschrift des Erasmus Koordinators ausreichen wird. Manche LPAs erwarten das Formular auch überhaupt nicht. Letztendlich wurden wir als letzte Studierende des Erasmus + Programms immatrikuliert, weshalb das Drama für uns nach Wochen (wirklich Wochen) von Gesprächen mit dem Dekan, dem Erasmus Koordinator und vielen weiteren offiziellen Würdenträgern ein Ende genommen hatte.
Alltag und Freizeit:
Die Frühbesprechungen fangen je nach Abteilung zwischen 7:30 Uhr und 8:15 Uhr an. Daraufhin war ich durchschnittlich bis 15:30 Uhr in der Klinik. Am Anfang bin ich tatsächlich häufig ziemlich fertig nach Hause gegangen, weil mein Kopf den ganzen Tag auf Spanisch erst mal verarbeiten musste. Einige Abende und vor allem die Wochenenden habe ich jedoch fleißig genutzt, um die wunderbaren Inseln des kanarischen Archipels zu erkunden. Teneriffa hat auf engstem Raum einfach absolut alles zu bieten, von einsamen schwarzen Sandstränden über magischen Lorbeerwäldern, Vulkansteinlandschaften, süßen alten Häusern, tollen Volksfesten, lebendigen Märkten, leckerem Essen bis hin zu faszinierender Architektur und einfach andauernd gemäßigt gutem Wetter.
Falls ihr euch an eurem Wohnort meldet („Empadronamiento“ im nächsten Rathaus beantragen), dann könnt ihr auch viele Attraktionen vergünstigt besuchen und preiswerter zu den anderen Inseln der Kette reisen, sowie spezielle Angebote des öffentlichen Nahverkehrs nutzen.
Evaluation:
Alles in Allem bin ich extrem froh das Wagnis eingegangen zu sein, mein PJ Tertial der Inneren Medizin auf Teneriffa gemacht zu haben. Es gab so viele wunderbare Erfahrungen, dass ich gar nicht sagen kann, welche die Beste war. Vielleicht die netten Leute, die ich kennen gelernt habe, eine Aszitespunktion, die ich selbst durchführen durfte oder die Freizeitgestaltung der meisten Wochenenden.
Meine anstrengendsten Erfahrungen waren definitiv die vielen Behördengänge und der Stress um die Anerkennung. Aber ich will ehrlich sein. Zwei Wochen nachdem das alles vorbei war, hatte ich es auch schon wieder sehr gut verdrängt und die Erinnerungen durch die Bilder malerischer Bergketten ersetzt.
Zusätzliches: Orga & Behördengänge :D
Dieser Abschnitt ist nur für Leute, die schon ein Praktikumsplatz auf Teneriffa haben.
- Falls ihr Flüge bucht, am besten zum TFS, vom TFN aus geht es vorwiegend zum spanischen Festland. Man fährt ca. 2 h mit der Buslinie 111, die direkt vor der Tür vom Flughafen abfährt in nach Santa Cruz, von wo aus man auch sehr gut nach La Laguna kommt.
- TFS -> Santa Cruz: Bussteig 34, Bus Nr. 111 (direkt vor dem Bahnhof) fährt täglich ab 7:55 bis 21:55 immer um :55 und :25 jeder Stunde
- Tarjeta de Bono
o Aufladbare Karte mit der man bei jeder Fahrt 30% spart
o Erhältlich beim Mobilfunkanbieter (z.B. im Flughafen)
- Erster Praktikumstag (egal, ob ihr am Candelaria oder HUC seid):
o Zum Haupteingang der Uniklinik -> von dort aus links die Treppen herunter zum Gebäude der medizinischen Fakultät -> Infotafel direkt im Gebäude -> links herum gehen -> durch die Türen zu Aula A und B -> Histología -> nach Justoh fragen
- Empadronamiento
o Meldebescheinigung
o Ihr müsst euch eig sowieso da melden, wenn ihr länger als drei Monate da seid, es ist aber auch einfach klug das zu tun, weil es viele Vorteile bietet
o Vorteile: Vergünstigungen 50% (Loro Park, Siam Park, Sternwarte, Seilpark, …), Monatskarte für Bus und Bahn erhältlich
o Notwendige Dokumente: Kopie Perso, Kopie Mietvertrag, Kopie Zahlungsnachweis Miete, Kopie Perso des Vermieters!
o Vor Ort Formulare ausfüllen
o Dafür zuständig ist die jeweilige Niederlagssung des Rathauses (Ayuntamiento), in dem Bezirk in dem ihr wohnt.
o Bearbeitungszeit 1 Woche
- Certificado de viaje
o Erhält man wenn man sein Empadronamiento hat (gemeldet ist)
o Vorteile: Fähren und Flüge zwischen Inseln und spanischem Festland 75% Rabatt
- Monatskarte für Busse: Bono joven
o < 29 Jahre
o 30€ pro Monat für Busse auf der gesamten Insel
o Online beantragen
o Notwendige Dokumente: Foto hochladen, Scan/Foto Empadronamiento, Scan/Foto Perso
o Abholung im Busbahnhof in Santa Cruz oder La Laguna
Des weiteren gibt es die NIE, das ist eine Ausländernummer, die man beantragen kann und dann für sein ganzes Leben behält. Man benötigt sie zum Beispiel, wenn man sich immatrikulieren möchte. Außerdem kann man die Residencia (Bürgerschaft) beantragen. Das kann man nur tun, wenn man mindestens länger als drei Monate da ist und auch einen Termin bei den Leuten die die Residencia vergeben hat, bevor die letzten drei Monate des Aufenthalts angebrochen sind. Ich hatte diese Grüne NIE/ Residencia nicht. Man bekommt mit dem Empadronamiento bzw. Certificado de Viaje alle Vergünstigungen und Vorteile für bis zu sechs Monate, die Residencia ist allerdings für grandiose fünf Jahre gültig. Falls ihr das also organisatorisch irgendwie hinbekommt und noch nicht vollends verwirrt seid, Lust habt noch ein paar Diskussionen mit Polizisten zu führen und ihr in den nächsten fünf Jahren noch die Vergünstigungen haben wollt, solltet ihr euch das schöne Kärtchen besorgen.
- Einwohnerausweis (Residencia)
o Vorteile: Vergünstigungen 50% (Loro Park, Siam Park, Sternwarte, Seilpark, …), Monatskarte für Bus und Bahn erhältlich
- Weiße NIE
• Bei der Policia Nacional entweder in La Laguna oder Santa Cruz zu beantragen, je nachdem wo ihr gerade wohnt, am besten fragt ihr einfach im Rauthaus nach, wenn ihr eh da seid, wo ihr das machen sollt.
• schreibt eine Mail, dann bekommt ihr einen Termin (Cita previa)
• Notwendige Dokumente: Kopie Perso, Formulario EX-15, Kopie Mietvertrag
• Zahlschein mitnehmen und 10€ überweisen und dort Beleg wieder abgeben
• Bearbeitungsdauer 1-2 Wochen
• Dann erneut zur Polizeistation, um NIE abzuholen (fortlaufende Ausländernummer)
- Grüne NIE
• Permanente NIE
• gleich Residencia
• die müsst ihr wieder je nach Wohnort in La Laguna oder Santa Cruz beantragen. Fragt am besten nach wo ihr die beantragen müsst, wenn ihr euer Empadronamiento macht
Hier die Infos zu Santa Cruz:
• http://extranjeros.mitramiss.gob.es/es/InformacionInteres/InformacionProcedimientos/CiudadanosComunitarios/hoja102/index.html#aplicacion
• Online Termine für die NIE: https://administracion.gob.es/pag_Home/atencionCiudadana/Solicitar_cita_previa-nueva.html#.XOMlJMhKjb1
• Auf dem Link das 2. Auswählen : City previa-extranjeria
• Seleccionar: s. Cruz de tenerife
• policia-certificados ue
• pasaporte anklicken: Perso Nr/Reisepass Nr eingeben
• Termin machen
• Polizeistation, bei der man grüne NIR beantragen kann
Extranjeria Tenerife, Calle la Marina, 20, 38001 Santa Cruz de Tenerife, Spanien, +34 922 99 93 17, https://goo.gl/maps/d7XaywFtxVx
• Notwendige Dokumente: An dieser Stelle ist es etwas willkürlich :D Manchmal geht die Beantragung nicht ohne weiße NIE, manchmal schon. Versucht euer Glück einfach :D, Perso Kopie, Kopie Erasmus Vertrag, Kopie Krankenversicherungskarte, EX-18 (zweifache Ausführung), Studentenbescheinigung Teneriffa
• Zahlschein bekommen und bei der Bank abgeben
• Drucken direkt die grüne NIR aus
• Am besten im Laden gegenüber laminieren lassen
- Immatrikulationsbüro (falls ihr über das Erasmus + Programm oder ohne ein Programm da seid, werdet ihr nicht immatrikuliert, braucht hier also nicht hin):
o In dem Unigebäude, neben dem HUC
o Termin machen, um sich einzuschreiben: http://citaprevia.ull.es/index.php?s=salud
o Online call screen: http://citaprevia.ull.es/llamada.php?s=salud
o Passbilder mitnehmen, dort Formulare ausfüllen
o Mit dem Zahlschein zu folgender (!) Bank gehen und 82 Cent für eine Versicherung bezahlen:
Banco Santander
Campus de Guajara, Calle Andrómeda, s/n, 38205 San Cristóbal de La Laguna, Santa Cruz de Tenerife, 922 26 62 00, https://maps.app.goo.gl/EYDrV7wAnz2t5Dx88
o Dort wird ein Foto gemacht und man bekommt direkt einen Studierendenausweis ausgedruckt
Bewerbung
Vorbereitungen:
Für das Praktikum (in meinem Fall ein PJ-Tertial) habe ich mich bei Justo Hernandez (justoh79@hotmail.com) beworben, der aktuell die Erasmus + Aufenthalte der Medizinischen Fakultät von La Laguna koordiniert. Ich hatte mich ebenfalls bei sehr vielen verschiedenen Universitäten auf dem Festland Spaniens beworben, die jedoch häufig nur Studierende im Sommer nehmen (Ende Juni bis Mitte September). Justo wird demnächst ebenfalls Termine im Sommer bevorzugen, weshalb für die Bewerbungen wahrscheinlich dieser Zeitraum am einfachsten sein wird.
Für das Erasmus + Programm an der RUB habe ich mich bei Dr. Sina Nitzsche (Sina.Nitzsche@uv.ruhr-uni-bochum.de) beworben, die einen in dem Prozess sehr gut unterstützt.
Erfahrungsbericht Hospital Universitario de La Laguna, Tenerife; Mai – September 2019
Da ich mich vor der Anreise um eine Wohnung kümmern, aber nicht auf etwaige Betrüger hineinfallen wollte, habe ich für den gesamten Zeitraum ein Zimmer über AirBnB gebucht. Üblich ist es allerdings sich einfach vor Ort ein Zimmer zu suchen, was ich euch deshalb auch empfehlen würde. Generell sind die Städte „La Laguna“ und „Santa Cruz de Tenerife“ als Wohnorte zu empfehlen. Wenn ihr in der Nähe des „Intercambiadors“, also des wichtigen Busbahnhofs der jeweiligen Stadt wohnt, kommt ihr mit öffentlichem Nahverkehr wirklich sehr schnell an jeden Ort der gesamten Insel. „La Laguna“ ist eine lebendige Studentenstadt (besonders während des Studienjahres, also außerhalb von Mai – September, ist allerdings auch wirklich immer bedeutend kühler als Santa Cruz de Tenerife. Hier werdet ihr eure lange Hose und einen Pullover besonders morgens durchaus brauchen, da es aufgrund der Höhe recht frisch sein kann. Abends laden dann aber viele schöne und gemütliche Lokale zum Verweilen ein. „Santa Cruz de Tenerife“ ist die Hauptstadt, welche ebenfalls einen ganz besonderen Charme hat. Von hier aus erreicht man ebenfalls sehr schnell den Strand „Las Teresitas“. Die Mietpreise für ein Zimmer in einer WG liegen aktuell etwa bei 280 € – 330 €.