Wie aus der positiven Bewertung schon hervorgeht, hat mir mein Wahltertial in der Anästhesie / Intensivmedizin in der Zentralklinik Bad Berka (ZBB) sehr gut gefallen und ich kann es auf jeden Fall weiterempfehlen.
Am ersten Tag gibt es eine gemeinsame Einführungsveranstaltung für neue Mitarbeiter, im Zuge derer auch Spindschlüssel und Transponder ausgegeben werden und eine kleine Führung durch das Haus stattfindet. Dienstkleidung in zweifacher Ausführung erhält man mit dem Transponder an einem Automaten im Keller. Positiv hervorzuheben ist, dass sich beide Chefärzte (Prof. Dr. Karzai und PD Dr. Schreiber) am ersten Tag Zeit für ein kurzes Gespräch über meine Erwartungen und Wünsche für das Tertial genommen haben.
Grundsätzlich verbringt jede/r PJler*in die ersten 8 Wochen des Anästhesie-Tertials im OP, im Anschluss folgen 4 Wochen auf der Intensivstation und die übrigen 4 Wochen können individuell vereinbart werden.
Innerhalb der 8 Wochen im OP hat man die Möglichkeit, in die OP-Säle der verschiedenen Fachrichtungen (Thorax-/Gefäß-, Neuro-, Allgemein-/Viszeral-, Herz-, Wirbelsäulenchirurgie, Orthopädie/Unfallchirurgie, Hybrid-OP) zu rotieren. Dies ist interessant, da man die anästhesiologischen Besonderheiten bestimmter Fachrichtungen kennenlernt. Bei 14 OP-Sälen mit sowohl Anästhesie- als auch OP-Team in verschiedenen Schichten ist stets viel Personal im OP-Trakt unterwegs und es dauert anfangs ein paar Tage, bis man sich zurecht findet und ein paar Gesichter wiedererkennt. Da man größtenteils eigenverantwortlich organisiert, in welchen OP man am jeweiligen Tag gehen möchte, bietet es sich an, sich an ein paar Anästhesisten*innen zu hängen, mit denen man regelmäßig zusammenarbeitet, da man natürlich auch mehr selbst machen darf, wenn man sich schon ein wenig kennt. Im Vorbereitungsraum habe ich meistens die Anästhesie-Checkliste abgearbeitet, Flexülen und arterielle Zugänge gelegt, teilweise auch unter Anleitung ZVKs gelegt und die Patienten intubiert. An manchen Tagen war ich auch nach den OPs mit den Anästhesisten*innen in der Prämedikationsambulanz, um die Patienten für ihre OPs an den Folgetagen aufzuklären und vorzubereiten.
Insgesamt habe ich sowohl die Ärzte*innen als auch die Anästhesie-Pflege in den allermeisten Fällen als sehr freundlich und hilfsbereit erlebt. Man muss selbst rausfinden, was man am liebsten für sich mitnehmen möchte: Der Vorteil größerer, längerer Eingriffe ist die umfassende Vorbereitung auf den Eingriff (mit mehreren Zugängen, Arterie, Intubation, ...) und die Zeit während der OP, die häufig für Einweisungen ins Monitoring, Beatmungsgerät oder andere Teachings mit den Anästhesisten*innen genutzt werden konnte. Der Vorteil kleinerer, kürzerer Eingriffe ist, dass pro Tag mehrere Ein- und Ausleitungen stattfinden, während denen man als PJler*in praktisch tätig werden kann.
Auf eigenen Wunsch habe ich die übrige Zeit meines Tertials auf der Intensivstation verbracht. Nach ein paar Tagen Einarbeitung bekommt man dort als PJler*in meist ein Zimmer zugeteilt, in dem man die Patienten unter Supervision betreut. Dies beinhaltet im Wesentlichen die körperliche Untersuchung und deren Dokumentation, die Verlaufsdokumentation, die Labor- und Medikamentenplanung für den Folgetag und die Überwachung der Anordnungen und Untersuchungen für den jeweiligen Tag. Aufgrund des interdisziplinären Erkrankungsspektrums der dort betreuten Patienten kann man so sein Wissen in vielen Bereichen der Inneren Medizin, aber auch der Chirurgie vertiefen. Da auf der ITS viel Diagnostik direkt am Bett stattfindet, wurde mir meist Bescheid gegeben, wenn beispielsweise bronchoskopiert, tracheotomiert, intubiert wurde, Thoraxdrainagen gelegt wurden, Echos stattfanden, ... sodass ich dabei zuschauen konnte. Außerdem hatte ich die Möglichkeit, an der Neuaufnahme von Akutpatienten in der Notaufnahme oder bei Reanimationen teilzunehmen.
Auch auf der ITS habe ich mich sehr wohl gefühlt und wurde gut ins Team integriert. Für meine Fragen stand stets jemand zur Verfügung, darüber hinaus wurde seitens der diensthabenden (Ober-)Ärzte*innen viel erklärt und gezeigt, die Hierarchien sind flach und auch die Schwestern und Pfleger sind sehr hilfsbereit und auf hohem fachlichen Niveau ausgebildet, sodass man hier als PJler*in wirklich von allen etwas lernen kann. Die Arbeitsatmosphäre ist angenehm und wertschätzend, sodass ich wirklich jeden Tag gern zur Arbeit kam.
Sowohl für die Zeit im OP als auch auf der ITS gilt, dass ich sehr viel selbst machen durfte, wenn ich wollte (und aktiv danach gefragt habe), aber nie mit Aufgaben allein gelassen wurde. Es gab immer jemanden, der die von mir betreuten Patienten mit im Blick hatte und meine Aufgaben überwacht und mit mir besprochen hat. Als Anästhesie-PJler*in wird man hier nicht als Arbeitskraft eingeplant, sondern man ist zusätzlich da und die eigene Ausbildung steht im Vordergrund. Habe ich beispielsweise Routine-Aufgaben erledigt und es kam ein spannender Notfall dazwischen, durfte ich mitgehen und jemand anderes hat meine Aufgaben beendet oder ich habe es später nachgeholt.
Die Arbeitszeiten sind ebenfalls vollkommen in Ordnung. Der Arbeitstag startet mit einer kurzen Frühbesprechung um 07.00 Uhr, Feierabend ist zwischen 15.00 und 16.00 Uhr. Ich hatte immer die Möglichkeit, eine Frühstücks- und eine Mittagspause zu machen. Mittagessen gibt es zum Mitarbeitertarif. Den Studientag durfte ich jede Woche an einem beliebigen Wochentag in Anspruch nehmen.
Alle zwei Wochen mittwochs findet planmäßig PJ-Unterricht zu verschiedenen Themen statt. Aufgrund der aktuellen Corona-Pandemie ist dieser Unterricht zu Anfang meines Tertials mehrfach ausgefallen. Hervorheben möchte ich bezüglich des Teachings das Engagement von Chefarzt Dr. Schreiber, welcher außerplanmäßig mit viel Engagement mehrere PJ-Seminare organisiert hat und sich zusätzlich Zeit für ein umfangreiches Abschlussgespräch am Ende meines Tertials mit mir genommen hat.
Negativ zu bewerten (und wenig beeinflussbar) ist die schlechte Anbindung der Klinik an öffentliche Verkehrsmittel. Entscheidend man sich für ein oder mehrere PJ-Tertiale in Bad Berka, hat man sicher eine spannende und lehrreiche Zeit vor sich, man wird jedoch ein Auto brauchen oder muss sich ein Zimmer vor Ort nehmen oder hat einen wirklich langen Arbeitsweg vor sich. Bad Berka ist von Jena aus zwar mit Zug und / oder Bus erreichbar, eine Strecke dauert jedoch ca. 1,5 Stunden mit mehreren Umstiegen. Möglicherweise lässt sich mit anderen Studierenden oder Mitarbeitern eine Fahrgemeinschaft organisieren, da viele von Jena oder Erfurt aus pendeln. Reist man mit dem eigenen PKW an, erhält man zusätzlich zur PJ-Vergütung einen Fahrtkostenzuschlag von max. 180,00€ / Monat und eine Parkkarte, mit der man kostenlos direkt vor der ZBB parken kann.
Alternativ kann man sich über die ZBB ein Zimmer für den Zeitraum des Tertials organisieren lassen, muss dies jedoch selbst bezahlen. Da für Famulanten der ZBB eine kostenlose Unterkunft zur Verfügung gestellt wird und die Lage der Klinik für viele potenzielle PJler*innen möglicherweise der entscheidende Punkt ist, habe ich während meines Tertials mehrfach angeregt, dass eine kostenlose Unterkunft in Bad Berka auch für PJler*innen wichtig wäre. Eventuell kann dies in naher Zukunft umgesetzt werden.
Bewerbung
Die Anmeldung erfolgt zentral über das PJ-Portal. Wenige Wochen vor Tertialbeginn ist zusätzlich eine Kontaktaufnahme mit der Personalabteilung notwendig, um ein paar persönliche Daten sowie Dokumente (u.a. Lebenslauf, Studienbescheinigung, Nachweis über Betriebsärztliche Untersuchung) zu übermitteln.