Mein letztes Tertial war coronabedingt in der Schweiz. Insgesamt waren die 4 Monate sehr arbeitsintensiv, dafür habe ich aber so viel gelernt, wie sonst nirgendwo.
Der Tag beginnt immer morgens gegen 7:30 Uhr mit dem Rapport. Anschließend wird man als Unterassistent häufig im OP eingesetzt. Im Spital gibt es vor allem viszeralchirurgische sowie bariatrische und traumatologische Operationen. Zudem durch Belegärzte Ortho-, HNO- und Hand-OPs. Vor allem bei Ortho-OPs hat man viel Einblick und assistiert sehr oft. Die Belegärzte sind nett und bei Interesse erklären sie sehr viel auch zur Technik von Prothesen, etc. Bei viszeralchirurgischen Operationen hat man oft die Möglichkeit, die Kamera zu führen, anfangs habe ich das als sehr herausfordernd empfunden, aber man lernt doch schnell dazu. Sonst kann man viel in der Notaufnahme aushelfen. Dort kann man eigene Patienten untersuchen und anamnestizieren, Wundversorgung machen und sieht in kurzer Zeit sehr viele klassische, chirurgische Fälle. Zudem wird die Urologie mitbetreut, sodass man auch einen Einblick in diese Krankheitsbilder bekommt. Sonst kann man auch auf Station helfen oder an der Visite teilnehmen, dort gibt es erfahrungsgemäß jedoch weniger zu tun. Eine etwas lästige Aufgabe waren die Patienteneintritte, die täglich vorbereitet werden mussten, allerdings kann man sich das häufig gut unter den Unterassistenten aufteilen. Um 15:30 Uhr ist dann der Röntgen-Rapport und die Mittagsbesprechung, gegen 17 Uhr kann man (meistens) nach Hause. Bei einem Spätdienst beginnt man um 12 Uhr und bleibt bis etwa 20 Uhr, danach hat man noch einen Bereitschaftsdienst bis zum nächsten Morgen und kann jederzeit für Notfall-OPs angerufen werden. Das passiert in der Tat immer mal wieder, wird aber auch entlohnt.
Die Tage sind lang, aber der Weg nicht weit. Man bekommt ein Zimmer in einem der beiden Personalhäuser. Ich hatte dort eine nette Zeit mit anderen Studenten und habe es als sehr angenehm erlebt, nach der Arbeit gemeinsam zu kochen oder einfach zusammenzusitzen.
Die Schweiz hat landschaftlich so viel zu bieten, und wenn man so viel arbeitet, braucht man diese Abwechslung auch dringend. Ich bin jedes Wochenende mit anderen Studenten woanders hingefahren, um zu wandern, Ski fahren zu gehen oder Städte anzuschauen. Es lohnt sich wirklich. Wir haben uns ein Halbtax-Ticket (185 CHF) geholt und damit sind die Zugverbindungen viel günstiger!
Anfangs muss man sich durch einen kleinen, bürokratischen Dschungel kämpfen. Den größten Ärger hatte ich mit der PostFinance, von einem Konto dort rate ich dringend ab. Holt euch lieber ein Revolut-Konto. Dann muss man sich bei der Stadtverwaltung anmelden und einmal nach Zürich fahren, um einen Ausländerausweis zu beantragen (insg. 90 CHF). Außerdem muss man einen Antrag auf Befreiung der Krankenversicherungspflicht stellen, auf den man nie eine Antwort erhält. Und am Ende muss eine Äquivalenzbescheinigung bei der Uni Zürich beantragt werden, damit das Tertial in Deutschland anerkannt wird (https://www.med.uzh.ch/de/Medizinstudium/aequivalenz.html).
Abschließend hatte ich eine so schöne Zeit. Ich wollte nie wirklich Chirugie machen und nun bin ich tatsächlich ziemlich fasziniert. Die Arbeit war so vielseitig und hat mir sehr viel Spaß gemacht. Das Team ist jung und es arbeiten überraschend viele Frauen dort. Generell sollte man nicht den Kopf in den Sand stecken, wenn man zu Beginn sehr kontrolliert wird, die Schweizer Studenten haben in der Unterassistenten-Zeit noch kein Staatsexamen geschrieben. In der ständigen Rücksprache mit den erfahreneren Ärzten lernt man immer etwas dazu! Vor allem was Fehlerkultur und Feedback betrifft, sollte man sich an den Schweizern ein Vorbild nehmen.
Danke nochmal an die nette Betreuung, falls ihr das lest!
Bewerbung
Ich habe mich spontan etwa 6 Monate im Voraus beworben, manchmal klappt auch das!
Die Bewerbungsunterlagen gehen an die Sekretärin des Chefs, Frau Merkli-Marty. Alles Weitere läuft wie geschmiert, man erhält immer eine Antwort bei Fragen, und bei Ankunft ist alles schon vorbereitet. Man bekommt ein Telefon, einen Zugang für das System, einen Spind, einen Badge zum Öffnen der Türen, also alles ganz einfach.