tl;dr: tolle Klinik, tolle Mitarbeiter, durch die ländliche Lage spannende Fälle
Das Klinikum in Heide bietet sehr viele Möglichkeiten und Vorteile. Es wird eine Wohnung gestellt, es wird ein Taschengeld gezahlt, man kann ein Fahrrad bekommen und im Fitnessstudio gratis trainieren. Die Kleidung wird gestellt und man erhält einen Zugangsschlüssel sowie ein PJ Telefon und einen Arbeitsplatz mit eigenem Account. Die Karte fürs Mittagessen lädt sich tgl. mit 10 Euro auf und da man es recht zuverlässig mittags dorthin schafft, kann man das große Angebot wunderbar nutzen. Es gibt eine große Salatbar, täglich 3 wechselnde Gerichte, welche frisch gekocht werden und ein sehr nettes Team, welches auch gerne mal ein paar Kroketten mehr auf den Teller schubst.
Als ich in der Neurologie anfing, war ich bereits ein Tertial in der Inneren gewesen, sodass mir gewisse Abläufe und das Haus schon bekannt waren- dies hat einiges stark verkürzt. Aber auch darüber hinaus waren alle sehr nett und hilfsbereit. Mein Tertial begann auf der IMC Station, hier ist die Stroke Unit und Patienten die einer intensivierten Überwachung bedürfen. Hier lernt man spannende Fälle kennen und kann sich mit dem zuständigen Assistenzarzt die Aufnahmen ansehen und die Behandlung des Patienten planen. Die Internisten und Kardiologen sitzen einen Tisch weiter, sodass man auch hier nachhaken und fragen kann. Jeden Tag gibt es hier die Oberarztvisite und einmal wöchentlich die Chefarztvisite. Bei beidem kann man eigene Patienten vorstellen und die Bildgebung sowie die Behandlung durchsprechen und auch gerne hinterfragen. Die Pflege auf dieser Station ist etwas distanzierter aber nach ein paar Wochen Gewöhnung auch sehr nett und hilfsbereit.
Die Station D2 ist die periphere neurologische Station. Hier gab es während meines Tertials etwas zu wenige Assistenzärzte, sodass ich teils eigene Patienten und ganze Zimmer betreuen durfte- teilweise direkt zusammen mit dem Chefarzt oder mit einem der Assistenzärzte. Hier gibt es natürlich unterschiedliche Charaktere aber die allermeisten sind super nett und sehr dankbar für Unterstützung sowie lernwillige Studenten. Die Pflege ist sehr aufmerksam und wird aktiv in den Stationsablauf des ärztlichen Teams mit eingebunden. Hier arbeiten alle miteinander und tauschen ihr Wissen und ihre Ideen aus- dies führt zu einem guten Überblick und einer realistischen Einschätzung der Patienten. Auch wenn die Menüassistenz etwas bemerkt, wird dies genau so ernst genommen, wie ein Einwand der Pflege zu Medikamenten o.ä.
Morgens beginnt der Tag um 8 Uhr mit der Frühbesprechung mit dem Nachtdienst über die aufgenommenen Patienten. Dann werden die Patienten der Station mit der Pflege besprochen und auf die Assistenzärzte verteilt. Danach kommen meist ein paar Viggos aber für die Blutentnahmen ist eine MFA zuständig.
Ein bis zwei Mal in der Woche gibt es eine sehr lange Chefarztvisite. Es werden Fragen zu Krankheiten gestellt und die Patienten vorgestellt und Krankheitsbilder erörtert sowie die aktuelle Bildgebung besprochen. Dies dauert auch mal den gesamten Vormittag. Montags/mittwochs/ freitags gibt es mittags die Röntgenbesprechung mit den Radiologen des Hauses. Donnerstags gibt es die teaminterne Fortbildung zu diversen Themen (Spannungskopfschmerzen, Creuzfeld Jakob, periphere Stenosen...). Immer wenn eine Ambulanzstunde ansteht kann man dazukommen oder wird bei spannenden Fällen dazugerufen (Chorea Huntington, Dyskinesien, Parkinson, MS, Botoxambulanz...).
Ganz vorne auf der Station sind die Räume der Diagnostik mit dem EEG und der Nervenmessung. Hier kann man jederzeit zugucken oder man gibt einfach den lieben Mitarbeitern seine Nummer und sie sagen Bescheid, wenn ein SEP oder ähnliches gemacht wird. Hier kann man auch unter Anleitung üben oder einfach selbst erfahren, wie sich so ein MEP anfühlt.
Es gibt an jedem Tag der Woche Unterricht und dazu Vorträge zu gesonderten Themen, welche separat angekündigt werden. Man kann zu allem gehen- muss es aber nicht. Es gibt Neurologieunterricht auf der Station, Vorträge der Kardiologen und Internisten, Unfallchirurgie sowie allg. Chirurgie, Neurochirurgie, EKG Kurs sowie Anästhesie. Diese sind alle mehr oder weniger unterhaltsam aber man kann eine Menge lernen.
Die Unterkunft
wird von der Klinik zugeteilt, man kann aber immer eine andere Lösung finden und im Zweifel umziehen. Wir sind im Schwesternwohnheim gelandet, nachdem wir aus einer Fünfer-WG an einer vielbefahrenen Straße ausgezogen sind. Danach hatten wir eine zwei Zimmer Wohnung mit Bad und Küche. Das war sehr komfortabel und mit dem Blick auf den grünen Garten geradezu idyllisch. Allerdings haben die Nachbarn unter der Woche als auch am Wochenende öfter mal bis tief in die Nacht gefeiert und ab von einem Gespräch kann die Klinik da wenig tun. Es gibt keine richtige Hausordnung und keine Kaution für die Studenten- danach sehen manche der Unterkünfte leider auch aus.
Ansonsten liegt Heide relativ in der Nähe der Nordseeküste (18 km bis Büsum, 45 km bis St. Peter Ording), welche natürlich wunderschön ist. Zusätzlich lässt sich die sehr flache Landschaft auch wunderbar mit dem Fahrrad erkunden und die umliegenden Städte sind einen Besuch wert.
Alles in Allem kann ich sagen, dass mir meine Zeit in der Neurologie sehr gut gefallen hat und das WKK in seiner Größe sehr familiär und angenehm für einen großen Einblick in dieses Fach ist. Man kann und darf sehr viel machen und lernen mit sehr engagierten Ärzten und einem super Team. Ich würde mich immer wieder dafür entscheiden!