Notaufnahme, Station, Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, OP
Heimatuni
Heidelberg - Fakultaet Heidelberg
Kommentar
Bretten war keine meiner angegebenen Präferenzen und ich wurde mehr oder weniger unfreiwillig hier zugeteilt, hatte vorher noch nie etwas von der Klinik und der Stadt gehört. Mittlerweile bin ich richtig froh, dass es sich so ergeben hat, weil ich ein wirklich gutes Tertial hier verbracht habe.
Die Klinik selbst ist winzig, es gibt drei Stationen, eine gemischt internistisch/allgemeinchirurgisch/unfallchirurgische Station, eine rein internistische Station und eine Privat-/Palliativstation. Es gibt zwei OP-Säle, in einem laufen die unfallchirurgischen und endoprothetischen OPs und in dem anderen die allgemein-/visceralchirurgischen. Das Gebäude ist ein Neubau und vom Bahnhof aus zu Fuß in unter 10 min zu erreichen. Ich bin aus Heidelberg gependelt, was überraschend unkompliziert in 50 min mit Umstieg in Bruchsal möglich war. Wer möchte, kann für 90 Euro pro Monat aber auch ein Zimmer im Wohnheim haben.
Was das Tertial hier so positiv gemacht hat sind die flachen Hierarchien und die Einbindung von uns PJler*innen auf Augenhöhe. Das Team ist klein und von den Assistenzärzten und -ärztinnen bis hin zu den Chefärzten waren alle ehrlich bemüht, uns etwas beizubringen. PJ-Unterricht findet nicht zu festen Zeiten statt, es wird aber von allen gerne gesehen, wenn man diesen einfordert. So fand er dann mal öfter mal seltener statt, aber im Durchschnitt haben wir ca. 2x/Woche Unterricht gemacht, der dann auch wirklich gut war. Hier haben sich auch wirklich alle vorhandenen Fachrichtungen um uns bemüht, wir hatten Unterricht in Allgemein-/Viszeralchirurgie, Unfallchirurgie, Endoprothetik, aber auch Radiologie, Anästhesie und Innere. Das Betreuungsverhältnis ist in so einer kleinen Klinik dann natürlich unschlagbar, mit 2-4 PJler*innen auf eine*n Chef-/Oberarzt/-ärztin.
Wir waren anfangs zwei PJler*innen, später dann vier und haben uns dementsprechend auf die Allgemein-/Viszeralchirurgie und auf die Unfallchirurgie/Endoprothetik verteilt. Man merkt aber auch, dass es hier oft auch gar keine PJler*innen gibt und es nicht selbstverständlich ist, dass welche da sind, wie in den Uniklinik-nahen Kliniken.
Arbeitsbeginn ist um 7:15, es geht los mit Visite. Anschließend waren wir als PJler*innen für die Blutentnahmen zuständig. Wenn man gleich um 8 Uhr auf dem OP-Plan steht, sollten die Blutentnahmen vorher erledigt sein, ansonsten kann man sie auch entspannt nach der Besprechung zu Ende machen. Es gibt keine Needle Nurses und alleine in der Unfallchirurgie war es teilweise etwas stressig, die Blutentnahmen bis 8 Uhr zu schaffen, z.T. musste ich dann Teile der Visite ausfallen lassen, um rechtzeitig fertig zu werden. Zu zweit war das dann kein Problem mehr und auch in der Allgemeinchirurgie ist das Blutabnehmen sehr entspannt, da dort meist viel weniger Patient*innen sind. Um 7:50 ist die Frühbesprechung mit der Besprechung der Röntgenbilder des Vortages und des OP-Plans für den Tag. Danach geht es entweder zurück auf Station oder eben in den OP. Auf Station gibt es meist nicht viel zu tun, man hat definitiv Zeit, sich etwas durchzulesen, ein bisschen Nähen zu üben oder für den ein oder anderen Kaffee. Es gibt auch ein eigenes PJ-Zimmer mit zwei PCs und einem selbst gebauten Laparoskopie-Trainer, in das man sich zurückziehen konnte. Briefe schreiben wird nicht erwartet. Ich habe es gemacht, wenn mir langweilig war und/oder ich die Kolleg*innen entlasten wollte, aber meist schreiben die Assistenzärztinnen und -ärzte sie selbst. Wenn man nichts zu tun hat kann man jederzeit in die Notaufnahme gehen und dort mithelfen, wenn es was zu nähen gibt darf man gerne auch nähen. Es besteht die Möglichkeit Dienste mitzumachen, die für den*die PJler*in um 22 Uhr zu Ende sind und dann den nächsten Tag dafür frei zu bekommen.
Was das OP-Programm angeht lohnt es sich auf jeden Fall, sich vorher mal das Spektrum anzuschauen, es ist definitiv überschaubar. In der Allgemein-/Viszeralchirurgie hauptsächlich Leistenhernien und Cholezystektomien, aber auch Darm- und Schilddrüsenchirurgie. In der Unfallchirurgie/Endoprothetik wird man hauptsächlich für die Hüft- und Knie-TEPs eingesetzt. Je nach Eigeninitiative darf man im OP viel selber machen. In der UC durfte ich eigentlich immer subcutan nähen und die Redons annähen. Mein Highlight aus der AC ist ein periproktitischer Abzess, den ich unter oberärztlicher Aufsicht komplett selbst operieren durfte. Es lohnt sich auch, sich bei der Einleitung zu den Anästhesist*innen zu stellen, so durfte ich dort dann z.B. intubieren oder einen arteriellen Zugang legen. Die Atmosphäre im OP ist meistens entspannt, man darf sehr gerne Fragen stellen und alle sind gerne bereit, einem Dinge zu erklären.
Alles in Allem eine sehr positive Erfahrung für mich und ich kann es sowohl Leuten empfehlen, die gerne Chirurgie machen wollen und gerne viel selber tun wollen, als auch Leuten, die wenig mit Chirurgie anfangen können und einfach ein entspanntes Tertial in angenehmer Atmosphäre machen wollen.