Absolute Weiterempfehlung. Ich habe 1 Monat als Unterassistent (das ist das Schweizer Äquivalent zum österreichischen KPJ- bzw. deutschen PJ-Studenten) auf der Frauenklinik des Zuger Kantonsspitals verbracht und mich dort sehr wohl gefühlt. Man ist fixer Teil des Teams und erfährt auch dementsprechende Wertschätzung.
Arbeitsaufgaben/Lehre
Zu den Fixaufgaben der Unterassistenten gehören das Führen der Wochenbettstation gemeinsam mit einem Assistenzarzt und die Wochenbettvisite, die man nach der Einarbeitung dann auch weitgehend selbstständig machen darf. Auf der allgemeinen gynäkologischen Station ist man auch für die Eintritte (Schweizer Bezeichnung für Aufnahmen) für Anamnese und Status zuständig. Relativ regelmäßig ist man außerdem im OPS (Schweizer Bezeichnung für OP) als Assistenz eingeteilt.
Die Fixaufgaben nehmen mehr oder weniger den größten Teil des Arbeitstages in Anspruch, ansonsten darf man sich völlig frei anschauen, was einen interessiert (Schwangerschaftskontrollen, allgemeine gynäkologische Kontrollen/Fälle in der Sprechstunde) und man ist überall willkommen.
Insgesamt darf man viel selbst Hand anlegen. Bei Schwangerschaftskontrollen Leopold’sche Handgriffe und Schwangerschaftsultraschall (Vitalitätsschall, fetale Biometrien etc.), allgemeiner gynäkologischer Ultraschall (transabdominell und transvaginal), Mamma-Tastuntersuchungen und ggf. auch mal ein Spekulum-Einstellung. Im OP ist man vorrangig 2. Assistenz und kommt vor allem bei Sectios (Haken halten) oder Laparoskopien (Bedienung des Uterusmanipulators) zum Einsatz. Hin und wieder darf man auch nähen/klammern oder die Kameraführung übernehmen.
Im Gebärsaal (Schweizer Bezeichnung für Kreissaal) hat man auch die Möglichkeit Spontangeburten zu sehen, das erfordert allerdings sehr viel Eigeninitiative. Nicht weil die Hebammen diesbezüglich nicht nett sind, sondern weil man untertags neben den Fixaufgaben oft wenig Zeit hat und die zeitliche Dynamik von Spontangeburten schlecht vorhersehbar ist. Außerdem sind untertags oft viele Hebammen-Studentinnen da, die diesbezüglich Vorrang haben, was letztendlich dazu führt, dass man, wenn man eine Spontangeburt von Anfang bis Ende begleiten möchte, am besten freiwillig im Nachtdienst bleibt.
Es wird viel Wert auf Lehre gelegt und insbesondere die Assistenzärzte schauen drauf, dass man viel zu sehen bekommt. Für spannende Fälle wird man teilweise sogar extra angerufen. Jeweils 1x pro Woche gibt es einen Journal Club (montags), die Gyn-To-Go-Fortbildung (mittwochs) und eine kurze kinderärztliche Fortbildung (freitags) und 1x pro Monat zusätzlich einen Assistenzarztfortbildung, bei der man auch willkommen ist.
Arbeitszeit
Arbeitspensum laut Vertrag sind wie für die restliche Ärzteschaft 50 Stunden/Woche, die man eigentlich auch immer ausschöpft. In der Regel ist man ab ca. 7 Uhr im Spital und der Tag beginnt dann um 7.30 Uhr mit dem Morgenrapport (Rapport ist das schweizerdeutsche Wort für Besprechung). Feierabend ist gegen 17.30 Uhr, eigentlich nie früher, nicht selten auch später. Auf der Frauenklinik muss man allerdings im Vergleich zu den chirurgischen Abteilungen als Student keine Pikettdienste (verpflichtende Nacht- und Wochenendbereitschaftsdienste) machen. 2 Tage pro Monat hat man zusätzlich zum Wochenende frei.
Gehalt/Finanzielles
1.400,- CHF monatlich brutto. Wenn man ein Zimmer im Personalwohnheim bezieht, bekommt man vom Spital nochmal 250,- CHF dazu, sodass man in Summe mit 1.650 CHF- brutto pro Monat aussteigt. Für Schweizer Verhältnisse (Zug gehört zu den reichsten und teuersten Kantonen der Schweiz) und das Arbeitspensum nicht viel, aber im Vergleich zu der Aufwandsentschädigung, die man in Österreich oder Deutschland bekommt, kann man als Student davon leben.
Unterkunft
Das Spital hat ein Kontigent an Personalzimmern im Hochhaus H21 Landstrasse, das nur ca. 2-3 Gehminuten vom Spital entfernt liegt. Die Zimmer sind möbliert, Bettwäsche, ein Kühlschrank und eine Basisausstattung an Geschirr sind dabei. Küche und Bad/WC sind gemeinschaftlich geregelt. Für ein Zimmer zahlt man 695,- CHF pro Monat, am Ende kommt allerdings noch die Endreinigung (verpflichtend, kann man nicht selbst machen) mit 180,- CHF und die Müllgebühr mit 15,- CHF dazu, sodass man für ein Monat letztendlich bei stolzen 890,- CHF landet.
Freizeit
Bei sehr vielen sehr langen Arbeitstagen bleibt leider nicht viel Freizeit. Aber in der wenigen Freizeit, die man hat, kann man die Zentralschweiz mit all ihren Städten, Seen und Bergen in vollen Zügen genießen. Der Zugersee liegt nur ca. 10 Radminuten vom Spital entfernt, ist traumhaft schön und biete viele öffentliche, kostenlos zugängliche Badeplätze. Unbedingt ein Fahrrad (auf Schweizerdeutsch Velo) mitnehmen, dann kommt man wesentlich leichter herum (zum See, einkaufen etc.)! Vom Auto würde ich persönlich eher abraten. Die Parkplatzsituation ist eine Katastrophe, man ist letztendlich gezwungen beim Hochhaus H21 einen zusätzlichen Parkplatz für 95,- CHF pro Monat anzumieten, da es weit und breit keine öffentlichen Parkplätze gibt, die keine Kurzparkzonen sind. Nur für die Berge ist eine Auto evtl. ein Vorteil, aber in der Schweiz lässt sich das auch gut mit dem Zug lösen.