PJ-Tertial Chirurgie in Ospedale Regionale di Locarno (7/2022 bis 9/2022)

Station(en)
Chirurgie und Notaufnahme
Einsatzbereiche
Notaufnahme, OP, Station
Heimatuni
Luebeck
Kommentar
Mein gesplittetes Chirurgie Tertial am Ospedale Regionale di Locarno hat mir insgesamt sehr gut gefallen. Ich habe bereits vorher mehr oder weniger gut italienisch gesprochen und konnte so auch meine sprachlichen Fähigkeiten weiter ausbauen. Der Vorteil hier, insbesondere im Sommer hat man auch einige deutschsprachige Patienten sowie ganzjährig vereinzelnd deutschsprachige Ärzte, sodass es zusammen mit Englisch vor Ort trilingual abläuft, primär wird allerdings italienisch gesprochen. Es lohnt sich, sprachlich bereits vorab Zeit zu investieren. Vertraglich bekommt man 800,00Chf, die sich allerdings nach Abzug der Steuern und Versicherungen, auf 500,00Chf verschmälern. Hinzu kommen die 300-500,00Chf Miete für die vom Krankenhaus bereitgestellten WG-Zimmer, was für Schweizer Verhältnisse sehr günstig und damit unbedingt empfehlenswert ist.
Das Krankenhaus ist zwar eher von peripherer Größe aber modern und zentral gelegen. Es bietet neben einer moderner ICU und ZNA mehr oder weniger moderne OP-Einrichtungen, in denen man als Chirurgie-PJler (Candidato medico) immer wieder, auch eingewaschen, mit am Tisch stehen und Assistenzarbeiten, d.h. Hakenhalter, Nähen oder Lap-Cam halten, machen darf. Je nach Chirurg bekommt man auch vieles erklärt, fragen darf man sowieso immer. Auch hier gilt, immer vorstellen, dann sind die allermeisten sehr nett zu einem.
Die ersten 4 Wochen auf der Station, in der man auch immer wieder in OP beordert wird bzw. selbstständig hingeht, waren sehr gemischt. Auf Station geht man morgens Visite mit und wenn man Glück hat, gibt es Assistenzärzte, die einem was erklären. Ansonsten gibt es einige Assis, bei denen man das Gefühl hat, dass die selber nicht so nen richtigen Plan haben und man sitzt halt daneben. OP, wie gesagt, normalerweise sehr cool und interessant, wenn man einem die Fach- und Oberärzte mitnehmen und erklären.
Die zweiten 4 Wochen war ich in der Notaufnahme, eine wirklich schöne Zeit, in der ich, wenn auch nicht primär chirurgisch, gefühlt viel gelernt habe. Man darf ziemlich selbstständig arbeiten, bekommt seine eigenen Patienten und wird meistens unter die Fittiche eines Arztes genommen, der das ganze am Ende dann mit einem durchgeht. So macht man Anamnese, Untersuchungen bzw. Diagnostik, Anmeldung von Bildgebung, Überlegungen zur therapeutischen Procedere und Entlassung am Ende selber (, wenn man will). Die meisten Ärzte hier kommen aus der Inneren, es gibt allerdings auch immer einen zuständigen chirurgischen Oberarzt vor Ort.
Zwei Mal pro Woche gibt es "PJ-Unterricht", meistens Fälle die mit Ärzten durchgesprochen werden. Ich musste in der gesamten Zeit einen Fall vorstellen, aber auf ganz entspannter Basis und angenehmer Atmosphäre! Mir hat dieser Unterricht sowohl sprachlich als auch fachlich viel gebracht, sehr schön!

Absolutes Highlight ist natürlich die Freizeit, auch wenn es im Juli und August oft so heiß ist, dass man nicht raus will. Man kann es sich an der vielen Seen, Flüssen und Wasserfällen sehr gut gehen lassen. Preislich ist die Schweiz natürlich knackig, Restaurants und Bars lassen sich nur bedingt genießen, Lidl und Aldi machen die täglichen Besorgung allerdings erschwinglicher. Ich selber hatte ein Auto vor Ort, das ich mit Monatstickets im zentralen Autosilo geparkt hatte. Der ÖPNV und die Fahrradinfrastruktur sind allerdings auch gut ausgebaut. Locarno selber hat insbesondere in Sommer mit vielen Veranstaltungen, Film-Festival oder Locarno-Week, und einer wirklich schönen Stadt auch ein bisschen was zu bieten.

Die Wohnung, mit 4 Zimmern, in der ich untergebracht wurde, war 2 Min Fußweg vom KH, komplett neu renoviert und ich war die gesamten zwei Monate der einzige Bewohner. Das ganze für 300Chf war mehr als Premium, hatte damit wohl aber auch etwas Glück.

Alles in allem, geht nach Locarno bzw. in die italienische Schweiz, tolles Lebensgefühl, gute Lehre und viele nette Leute, die man kennenlernt. Klare Weiterempfehlung!

Apropos Essen, die Mensa bietet hervorragendes Essen, einer der Dinge, für die das Krankenhaus in Locarno bekannt ist. Die Preise sind mit 7Chf für eine Hauptspeise, für Schweizer Verhältnisse und in Anbetracht der Qualität und selbstgewählten Quantität, sehr in Ordnung!

Bewerbung
Die Bewerbung lief formlos mit Letter of Motivation, CV, evt. Letter of Recommendation von irgendwelchen Ärzten der Heim-Uni und Im.-Bescheinigung. Ich habe mich ca. 6-12 Monate vorher bei mehreren Krankenhäusern der EOC-Gruppe (Tessiner Krankenhaus Vereinigung, d.h. Lugano, Mendrisio und Bellinzona) beworben. Ansprechpartner und E-Mail findet man normalerweise auf deren Internetseite, ansonsten Chefarztsekretariat der anschreiben. Im Fall von Locarno kann man sich für die Chirurgie bspw. an Ivana.Mueller@eoc.ch (Chefarztsekretariat) wenden. Die leitet das zumindest weiter.
Unterricht
2x / Woche
Inhalte
EKG
Sonst. Fortbildung
Fallbesprechung
Patientenvorstellung
Bildgebung
Tätigkeiten
Röntgenbesprechung
Eigene Patienten betreuen
Chirurgische Wundversorgung
Patienten aufnehmen
Patienten untersuchen
Untersuchungen anmelden
Mitoperieren
Notaufnahme
Dienstbeginn
7:00 bis 8:00 Uhr
Dienstende
15:00 bis 16:00 Uhr
Studientage
1x / Woche frei
Tätigkeiten
Kleidung gestellt
Unterkunft gestellt
Aufwandsentschädigung / Gehalt
Mittagessen regelmässig möglich
Essen frei / billiger
Gehalt in EUR
500,00

Noten

Team/Station
2
Kontakt zur Pflege
1
Ansehen des PJlers
2
Klinik insgesamt
1
Unterricht
1
Betreuung
2
Freizeit
1
Station / Einrichtung
1
Gesamtnote
1

Durchschnitt 1.2