Das kleine Landspital ist ein Grundversorger mit ca. 40 Betten auf 2 Stationen, die sich in Innere, Chirurgie sowie HNO, orthopädische und gynäkologische Belegbetten aufteilen. Gearbeitet wird dort durch die Unterassistent*innen von 7:45-18:15 Uhr von Montags bis Freitags mit 2 freien Tagen pro Monat (die auch gesammelt genommen werden können). Der Arbeitstag beginnt entweder mit dem Röntgenrapport, oder mit der Vorbereitung auf die Visite, die je nach Tag durch Chef/Oberarzt geleitet wird und endet mit dem Röntgenrapport um 16:30 Uhr. Danach werden noch ausstehende Aufgaben erledigt, oder Feierabend gemacht. Wenn nichts mehr zu tun ist, ist früher gehen kein Problem. Auch das Vorverlegen des Nachmittagsrapports ist möglich, damit niemand seine Zeit dort absitzen muss. Der lange Tag füllt sich durch das Visitieren, kleinere Untersuchungen und eben ganz viel Management der Station schnell.
Als Unterassistent konnte ich dort schnell eigene Patient*innen und somit auch Verantwortung übernehmen, ohne dabei überfordert zu werden. Übernommene Aufgaben wurden stets als Hilfe wahrgenommen und honoriert, während es immer möglich war selbst Fragen zu stellen, oder Hilfe zu bekommen. So kam ich schnell dazu, meine Aufgaben mit Ober und Chefarzt rückzusprechen und wurde als beinahe vollwertiges Mitglied der Abteilung respektiert. In dem kleinen Haus entstand schnell ein sehr kollegiales Gefühl mit flachen Hierarchien, in denen sich auch der Chef zum Mittagessen dazusetzte und sich für seine Mitarbeitenden interessierte. Eine Mittagspause war immer möglich, ein leckeres Essen konnte für 8 CHF in der Cafeteria bestellt werden.
Es gab zudem reichlich Fortbildungsangebot. So fanden Montags intern Fortbildungen der Abteilung statt, Dienstags eine Videofortbildung durch die angegliederte Uniklinik in Bern, Mittwochs eine Notfallfortbildung, Donnerstags Journal Club und Freitags chirurgische Fortbildung. Dies war zwar kein klassischer PJ-Unterricht, dafür war sie aber am tatsächlichen Klinikalltag orientiert und fand regelmäßig statt.
Auf meinen Wunsch hin konnte ich für 4 Wochen in die Notaufnahme rotieren. Dort wurden interdisziplinär chirurgische und internistische Notfälle behandelt. Ohne Herzkatheterlabor, Schockraum und Intensivstation waren dies zwar meist nicht die roten Notfalltriagen, aber dennoch konnte ich dort viele spannende Fälle sehen. Nach kurzer Einarbeitung durfte ich meine eigenen Notfälle übernehmen, untersuchen, Diagnostik erwägen und engmaschig mit dem zuständigen Oberarzt rücksprechen. Wie auf Station war es normal, dass ich jeden Fall und alles was mir unsicher war umgehend besprechen konnte, so dass ich nie überfordert wurde und dennoch im stressigen Notaufnahmenalltag einen spannenden und gut gefüllten Arbeitstag haben konnte.
Wohnen kann man im Personalhaus für 400CHF/Monat. Dort war es nicht gerade fürstlich eingerichtet, aber für einen begrenzten Zeitraum ausreichend. Viele Küchenutensilien waren vorrätig, so dass nicht allzu viel mitgebracht werden musste. In der Freizeit war der 10 Minuten entfernte Bahnhof sehr praktisch, von dem aus die Stadt Bern in unter 15 Minuten und die höheren Bergregionen binnen einer Stunde erreicht werden konnten. Die meiste (unter der Woche manchmal etwas rare) Freizeit wurde so ins Wandern, im Dezember ins Skifahren und unter der Woche ins Handballtraining bei der örtlichen Vereinsmannschaft investiert. Darüber hinaus bietet die Stadt Bern noch einiges an Sport- und Kulturveranstaltungen an.
Rückblickend war Münsingen ein absoluter Glücksgriff. Das kleine Spital war toll, um niederschwellig zu lernen, wie der klinische Alltag funktioniert und die Anwendung der Theorie in der Praxis zu sehen. Ich konnte sehr viel aus dem Tertial mitnehmen. Allerdings war es auch sehr hilfreich, dass wir uns zu zweit (1 Innere und 1 Chirurgie) beworben hatten, so dass wir nie allein dastanden. Der Ort ist nicht besonders groß und es hat uns die Eingewöhnungszeit sehr erleichtert, dass wir immer jemanden zum Reflektieren hatten.
Bewerbung
Knapp 2 Jahre Bewerbungsvorlauf, Quote im Berner Land damit ca. 50% Zusagen.