Das Tertial ist aufgeteilt in die Akutneurologie in Tutzing und die Reha-Klinik in Feldafing.
Direkt vorab: während dem PJ ist mir klar geworden, dass ich nicht für eine Reha-Klinik gemacht bin - daher sind meine Erfahrungen mit Feldafing sehr subjektiv!
Ich habe zunächst in Feldafing in der Phase C begonnen. Phase C bedeutet, dass die Patienten zwar eine neurologische Erkrankung haben (hauptsächlich Media-Infarkte), aber schon soweit rekompensiert sind, dass sie an Physio-, Ergo-, Psychotherapie und Logopädie teilnehmen können. Das heißt, die eigentliche Therapie findet häufig außerhalb des ärztlichen Einflussbereichs statt, und es ist sehr schön zu sehen, wie sich auch schwer betroffene Patienten langsam bessern - allerdings fallen dafür im ärztlichen Aufgabenbereich vor allem Verlängerungsanträge, Dokumentation und Bürokratie an. Abgesehen davon bekommt man aber auch einen Rundumschlag durch die Allgemeinmedizin mit, da sich insbesondere internistische (Hypertonie, etc), orthopädische (Sturz!) und urologische (Harnverhalt) häufen.
In der Phase B, in welche ich nach 4 Wochen gewechselt bin, liegen die noch schwerer betroffenen Patienten. Ich war dabei hauptsächlich auf der Weaning-Station mit den tracheotomierten Patienten.
Ich durfte in beiden Bereichen ab der 2. Woche ein eigenes Patientenzimmer mit zwei Patienten betreuen und als es wegen Corona knapp wurde an Assistenzärzten, wurde ich quasi als deren Vertretung losgeschickt und durfte eigenständig Visite machen und alles direkt mit der zuständigen Oberärztin rücksprechen. Die Personalknappheit war natürlich für alle purer Stress, für mich hatte es aber den Vorteil, dass ich so gelernt habe, mich im Stationsalltag zu strukturieren. Hierfür kann ich Feldafing wirklich empfehlen - da nicht so viele dringende To-dos anfallen wie in einer Akutklinik, ist man nicht direkt am Anfang komplett überfordert. :)
Wenn alle Stellen besetzt waren, beliefen sich meine Aufgaben hauptsächlich auf Blut abnehmen (es gibt eine Pflegekraft für Blutentnahmen, aber bei den vielen spastischen Paresen ist es häufig sehr schwer, einen Zugang oder auch nur eine BE zu bekommen) und neue Patienten aufnehmen (da die Patienten in der Reha aber ja durchaus länger bleiben, kommt das nicht so häufig vor). Ansonsten hat man aber immer einen eigenen Arbeitsplatz, sodass man in einer Leerlaufphase auch durchaus gut was nachlesen kann.
Positiv hervorzuheben ist, dass sich der leitende Oberarzt an meinem zweiten Tag sich Zeit dafür genommen hat, mit mir einmal die neurologische Untersuchung durchzugehen - sowohl am bewusstlosen wie auch beim wachen Patienten, sodass sich von Anfang an keine Fehler einschleichen konnten.
Die restlichen 8 Wochen war ich dann in Tutzing in der Akutneurologie, was mir persönlich wesentlich besser gefallen hat, da mehr zu tun war. Da Tutzing ein ländliches Krankenhaus ohne einzelne spezialisierte Stationen ist (abgesehen der Stroke natürlich), bekommt man die volle Breite der Neurologie mit - das hat man so in keinem Uniklinikum! Der Nachteil daran ist, dass es im Haus keine Interventionelle und keine Neurochirurgie gibt, das heißt zur Thrombektomie etc müssen Patienten per Heli ins MRI oder Großhadern verlegt werden. Auch habe ich in den 8 Wochen keine Lyse mitbekommen, da die meisten Schlaganfälle erst außerhalb des Zeitfensters gekommen sind. Man kann aber immer in die Notaufnahme mitgehen (die allerdings sehr klein ist - es gibt für alle Abteilungen nur 3 Räume + einen Schockraum), die Patienten untersuchen und dann der zuständigen Oberärztin eine Übergabe machen.
In Tutzing arbeitet man viel mit dem leitenden Oberarzt zusammen, der auch die PJ-Fortbildungen hält und sehr an der Lehre und Ausbildung aller interessiert ist. Ich durfte regelmäßig eigene Patienten betreuen, diese dann bei den Röntgen-Demos (1x pro Woche) und bei der Chefarztvisite im Anschluss vorstellen, Lumbalpunktionen unter der Supervision durch Assitenzärztinnen machen und Dopplern. Da zu meinem Zeitpunkt viele Assitenzärzte da waren, deren Muttersprache nicht Deutsch war, sollte ich auch häufig über deren Arztbriefe einmal drüber lesen. Da sie aber auch schon innerhalb der 8 Wochen wirklich große Fortschritte gemacht haben, denke ich nicht, dass das zu den Standardaufgaben zukünftiger PJ-ler gehören wird.
Mein persönliches Highlight waren die PJ-Fortbildungen, in der sich der leitende Oberarzt von Tutzing jeden Mittwoch eine Stunde Zeit genommen hat, um neurologische Fälle aus einem Fallbuch zu besprechen (auch, obwohl ich die einzige PJlerin war!). Das hat im Hinblick auf das M3 sehr geholfen, da man schon mal üben konnte, in einer simulierten Prüfungssituation sein Wissen mündlich zu formulieren und man auf Schwachstellen frühzeitig aufmerksam wurde.
Insgesamt kann ich ein Tertial in Tutzing sehr klar weiterempfehlen.
Man kann künftig wohl auch im Vorfeld anregen, nur einen Monat in Feldafing und dafür drei Monate in Tutzing zu sein, was mir besser gefallen hätte - was aber daran liegt, dass ich vom Charakter nicht für eine Reha-Klinik gemacht bin (was ich aber auch erst jetzt im Rahmen des PJs erfahren habe).
Insgesamt sind ausnahmslos alle Leute super nett, erklären echt viel und man fühlt sich sehr schnell als Teil des Teams.