PJ-Tertial Allgemeinchirurgie in Sir Seewoosagur Ramgoolam National Hospital (5/2023 bis 7/2023)
Station(en)
Ja
Einsatzbereiche
OP, Station, Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde
Heimatuni
Kiel
Kommentar
Ich habe die ersten 8 Wochen meines Tertials gemeinsam mit einer Kommilitonin im SSRN Hospital im Norden von Mauritius gemacht. Da seit Anfang diesen Jahres eine neue Studienordnung für ausländische Studierende vom mauritianischen Gesundheitsministerium erlassen wurde, ist es nur noch möglich für maximal 8 Wochen in den öffentlichen Krankenhäusern PJ/Famulaturen abzuleisten.
Das Krankenhaus befindet sich im Nord-Westen des Landes. Es ist eines von insgesamt 5 großen "District" Krankenhäusern und bietet eine umfassende Versorgung aller gängigen Krankheitsbilder. Man darf keine europäischen Verhältnisse bezüglich Hygiene, Patientensicherheit oder Infrastruktur erwarten, jedoch ist das Land selbst bei weitem kein dritte Welt Land, was die gesundheitliche Versorgung betrifft.
1. Die Hygiene: Diese lässt teilweise zu wünschen übrig, da einige Operateure ohne Maske operieren, alle Uhren und Ringe an den Händen tragen und teilweise im OP-Trakt mit Flip-Flops rumgelaufen wird. Jedoch hat sich laut Aussagen der Mitarbeiter vieles schon geändert. Eine dort arbeitende Anästhesisten hat erzählt, dass sie in Zusammenarbeit mit einer Infektiologin seit ca. 2 Jahren dabei ist, ein Hygiene-Konzepte in der öffentliche Gesundheitsversorgung zu etablieren. Dies ist auch schon zum Teil in den großen Krankenhäusern angekommen (zum Beispiel, dass alle Türen während der OPs geschlossen bleiben und nicht permanent jemand den Saal verlässt oder betritt), in den kleineren Häusern und Praxen jedoch noch nicht. Mit Sicherheit ändert sich das in Zukunft.
2. Die Infrastruktur: Deutsche Verhältnisse sollten nicht erwartet werden. Ich persönlich bin einmal auf Station mitgelaufen, war ganz interessant, aber nicht besonders lehrreich (die Einheimischen sprechen fast nur Kreol unter sich und mit Französisch kommt man leider nicht immer weiter). Die Stationen sind alle gleich aufgebaut, es gibt im Grunde eine große Halle, die durch Trennwände in kleinere Untereinheiten aufgeteilt wird. Diese Untereinheiten wiederum beherbergen bis zum 8 Patienten, welche durch ein Laken/Gardine voneinander getrennt liegen. Sowohl auf Station als auch im OP kann es vorkommen, dass tropische Vögel, Eidechsen oder Insekten durch die Flure wandern. Handschuhe findet man auch nicht wie in Deutschland an jeder Ecke und Desinfektionsmittel ist ebenfalls relativ teuer, deshalb nur für besonderen Situationen verfügbar.
Ich habe auch einen Tag in der Ambulanz verbracht, dort zeigte sich ein ähnliches Bild wie auf Station. Im Haupt-OP-Trakt gibt es insgesamt 3 Säle. Zwei ACH und ein Gyn-Saal. Zusätzlich gibt es noch einen separaten Kreissaal, einen OP-Trakt nur für Orthopädische/UCH Eingriffe und einen weiteren OP-Trakt für Kardiochirurgisch/Gefäßchirurgische Operationen. Das Gelände ist deshalb relativ groß, jedoch insgesamt recht übersichtlich, da alles sehr gut ausgeschildert ist (Cave: es gibt kaum Parkplätze, vor allem wenn man nicht darin geübt ist, in engste Lücken iwie reinzupassen).
3. Der Arbeitsalltag: Der Arbeitsalltag beginnt ganz entspannt um 9 Uhr. Morgens findet immer eine Visite auf den Stationen statt (es gibt zwei ACH Stationen, Außenlieger werden separat visitiert). Die Visite wird häufig durch einen Facharzt ("Specialist") durchgeführt, bis auf den leitenden OA sind alle Fachärzte inklusive Chef sehr engagiert, in der Visite den einheimischen Studierenden und auch den ausländischen PJlern etwas zu erklären. Nach der Visite geht es für alle in den OP (außer ein Facharzt, welcher für die Ambulanz abgestellt wird und dort vor allem vom Hausarzt/niedergelassenem Arzt überwiesen Fälle sich anschaut und Vor-OP-Gespräche führt). Operativ wird fast das gesamte Gebiet der Viszeralchirurgie abgedeckt, das Besondere ist jedoch, dass es in dem Land (zumindest im öffentlichen Sektor) keine Urologen gibt und dementsprechend auch alle urologischen Eingriffe von den ACH durchgeführt werden. Eingriffe die wir dort erleben konnten waren zum Beispiel: Lap. Cholezystektomie, Lap./Offene Hernienversorgung, Gastrektomien, Whipple, Kolorektale Eingriffe, Prostata- und Blaseneingriffe, DJ-Stent-Anlage, Venen-Stripping, Amputationen uvm., besonders interessant ist, dass jeden Freitag zwei Neurochirurgen operieren, welche Hämatomausräumunen, Trepanationen und andere NCH Eingriffe durchführen (die eine NCH-Operateurin ist tatsächlich eine Deutsche Ärztin, die seit 25 Jahren in dem Land lebt und total herzlich ist und uns sogar mit am Tisch stehen lassen hat, was wohl nicht selbstverständlich ist in der NCH). Die Tätigkeiten im OP sind offiziell nur theoretischer Natur, jedoch sind alle Ärzte (bis auf den leitenden OA) extrem freundlich und haben einen immer mit am Tisch stehen lassen, vorausgesetzt, die eigenen Studierenden waren nicht verfügbar. Gegen 15 Uhr hat man dann meistens Feierabend, zwischen durch ist eigentlich auch immer eine 1-stündige Mittagspause drin, teilweise sind wir auch eher abgehauen, das hat niemanden interessiert.
4. Die Freizeit: Mauritius ist wahrscheinlich eines der schönsten Länder der Welt! Wir hatten das Glück, dass der Chef der OTAs sehr viel Zeit mit uns verbracht hat und wir bei ihm und seiner Familie auch zum Grillen eingeladen worden sind. Wir waren mit paar Leuten aus der Klinik unter anderem wandern und haben sehr viel Zeit mit den Einheimischen verbracht. Wer kiten kann, sollte auf jeden Fall zwischen Mai und September nach Mauritius dann ist der Wind fast immer perfekt! Wer es nicht kann sollte es dort unbedingt lernen! Bessere Bedingungen gibt es nicht! Natürlich kann man auch einfach am Strand entspanne, jeder Strand von Mauritus ist atemberaubend! in zwei Monaten schafft man es tatsächlich auch jeden zu sehen! Schorcheln ist ebenfalls immer drin, teilweise empfehlen wir jedoch Tourguides zu buchen. Wanderfreudige kommen ebenfalls voll auf ihre Kosten!
5. Zusammenfassung: Das war das beste tertial, was ich mit hätte vorstellen können! Ich habe mir tatsächlich vorgenommen eines Tages nach Mauritus auszuwandern, um dort als Arzt zu praktizieren! Ich hoffe, dass ich alle genau so viel Spaß haben werdet wie ich und die Beste Zeit eures Lebens genießen könnt!
Bewerbung
Ca. 6-9 Monate vorher direkt über das Gesundheitsministerium, geduldig sein, da die Damen sehr sehr langsam arbeiten und teilweise erst nach mehrmaliger telefonischer Nachfrage sich um die Bewerbung kümmern.