Das Erfreuliche zuerst: Ich schreibe diesen Bericht nach bestandenem Examen mit einem Unfallchirurgen als Prüfungsvorsitz, ein Chirurgie-Tertial an der Helios Klinik in Erfurt hindert euch also nicht daran Ärzt*innen zu werden. Viel mehr Gutes kann ich allerdings nicht mehr sagen… Das Grauen beginnt schon mit der PJ-Beauftragten, die ganz offensichtlich keine Lust auf diesen Job hat. Vor Tertialbeginn bekommt man die Möglichkeit sich bestimmte Fachbereiche zu wünschen, z.B. Viszeral, Trauma, Herz Thorax etc. Diese Wünsche werden allerdings nicht berücksichtigt. Weiterhin wird man für die gesamte Zeit auf einer einzigen Station eingeteilt ohne die Möglichkeit einer Rotation. D.h. es kann sein, dass man wirklich 4 Monate nur Unfallchirurgie oder - im Falle einer MitPJlerin - nur Wirbelsäulenchirurgie sieht, obwohl man sich zuvor Viszeralchirurgie gewünscht hatte. An meinem ersten Tag auf Station wurde ich dann direkt zur MFA geführt mit der Aussage: “ Eigentlich sind die PJler immer bei ihr”. Damit war dann von Beginn alles klar: Als PJler ist man wirklich nur dazu da Blut abzunehmen, Braunülen zu legen und Verbände zu wechseln. Außer natürlich man wird in den OP gerufen. Dort sind die Ärzte zwar überwiegend nett und erklären auch einmal was, aber das wiegt die Situation auf Station wirklich nicht auf. Und letztlich fühlt man sich doch meist als billige Arbeitskraft. Interessanterweise bekommt man von Pflegepersonal oder Physiotherapeuten, die wirklich sehen wie man sich Tag für Tag durch die ganzen Zimmer arbeitet viel mehr Anerkennung als von den Ärzten auf Station. Es gibt keinen chirurgischen PJ Unterricht, einzig glorreiche Ausnahme einer der Fachärzte, der sich manchmal die Zeit genommen hat etwas im Arztzimmer mit uns durchzusprechen. Es gab noch einen Assistenzarzt, der mit uns 2 mal eine M3 Prüfung simuliert hat, das aber mit den Worten “eigentlich könnte ich ja mal unsere PJler quälen, die sitzen ja immer nur faul rum” einleitete, sodass die Motivation hinter einer letztlich sehr guten Idee auch mehr als fragwürdig erscheint. Auf der Allgemeinchirurgischen Station scheint die Situation etwas besser zu sein, allerdings gibt es auch dort keinen richtigen PJ Unterricht.
Positiv ist, dass man nach der Nachmittagsbesprechung eigentlich immer direkt gehen darf (aber auch nicht früher). Und man hat einen Tag die Woche frei, soll sich die aber so einteilen, dass jeden Tag mindestens ein PJler auf Station ist. Also kann nicht jeder immer den Freitag bekommen ;)
Erfurt selbst ist eine süße kleine Stadt und es lässt sich dort gut leben. Bei Bedarf bekommt man von der Klinik ein Zimmer im Wohnheim gestellt. Dafür werden einem 100Euro vom Gehalt abgezogen. Das ist zwar sehr preiswert und man hat entsprechend morgens nur einen sehr kurzen Weg, dennoch würde ich das nicht empfehlen. Das Gebäude ist alt, müffelt und es sind dort auch schon Kakerlaken gesichtet worden. Ich selbst habe mir eine WG zur Zwischenmiete gesucht, da findet man in Erfurt eigentlich sehr schnell etwas schönes und bezahlbares und die Klinik ist auch gut angebunden.
Also überlegt es euch gut, ob ihr euer Chirurgie Tertial in Erfurt verbringen wollt. Ich hatte unterm Strich trotz allem eine schöne Zeit, das lag aber nicht unbedingt an der Klink und der Arbeit dort.
Bewerbung
Bewerbung unkompliziert über das PJ Portal, danach relativ viel sinnloser bürokratischer Aufwand.