PJ-Tertial Gynäkologie in Spital Wil (3/2023 bis 7/2023)
Station(en)
Wöchnerinnen/Kreißsaal
Einsatzbereiche
Notaufnahme, Diagnostik, Station, Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, OP
Heimatuni
Nicht angegeben
Kommentar
Von meinen 3 Tertialen steht meine Zeit in Wil in der Gynäkologie sicherlich weit abgeschlagen auf Platz 1!!!
Als deutscher oder österreichischer Student staunt man hier nicht schlecht über das organisatorische Geschick und die geschmeidigen Abläufe. Alles war vorbereitet. Ich bekam vor meinem Antritt eine Mail wann ich mich wo einfinden sollte, um meinen Zimmerschlüssel abzuholen. Wann ich anreisen wollte, wurde ebenso im Vorhinein problemlos kommuniziert. Die Arbeitsgenehmigung wurde vom Spital organisiert, hier wurde mit einmalig beim ersten Gehalt 60 CHF abgezogen. Ich kannte allerdings auch PJler in der Schweiz, die das mit einem Behördengang erledigen mussten.
Das Zimmer befindet sich gute 30 Sekunden (!) Fußmarsch vom KH entfernt. Es ist etwas in die Jahre gekommen, dennoch sehr sauber und die Küche scheint neu zu sein. Jeder hat ein eigenes, abschließbares Fach und auch im Kühlschrank sind Schließfächer. Diese sind aber mMn viel zu klein. Jeden Mittwoch kann man seine Bettwäsche vors Zimmer legen und bekommt neue zurück. Bad teilt man sich mit anderen PJlern im Gang. Gewöhnungsbedürftig aber diese waren zu keinem Zeitpunkt in keinster Weise dreckig oder ekelig!
Am ersten Tag wurde Papierkram erledigt und danach wurde jeder von uns persönlich auf die Station gebracht. So zumindest der Plan, leider hat ein Mitarbeiter dies wohl etwas verschwitzt und wir musste uns selber durchfragen. War allerdings kein Problem, da man (zumindest in D und Ö) dies sowieso gewohnt war im Stich gelassen zu werden. Jeder von uns bekam auch ein Telefon. Arbeitsbeginn um 7:30 Uhr, außer ich glaube Mittwoch (oder Dienstag?) 7:20 Uhr. Ich kann mich noch gut an meine erste Begegnung mit einer Ärztin erinnern. Ich war erstaunt darüber, wie freundlich alle waren. Selbst die Stv. CÄ stellte sich mit Vornamen bei mir vor. Komplettes Neuland für mich. Zunächst war ich bei den AÄ dabei und konnte den Stationsalltag beobachten und daran teilhaben. Nach und nach führte ich dann die Austritte der Wöchnerinnen immer öfter selbst durch, bis ich sie dann komplett alleine gemacht hatte. Ich hatte hier das Gefühl vor allem den AÄ eine große Hilfe zu sein, da sich bei 5 oder mehr Austritten dies schon mal zeitlich ziemlich ziehen konnte. Hierunter fiel die Erstellung der Austrittspapiere plus Rezept für etwaige Medikamente und anschließend auch die Abschlussuntersuchung. Bei Fragen konnte ich mich jederzeit an ALLE wenden. Auch bei Geburten konnte ich jederzeit dabei sein. Ebenso der Kontakt mir den Hebammen war super. Kennt man von D ja meist anders. Ich durfte auch bei der Versorgung von Geburtsverletzungen helfen bzw. zusehen und diese erklärt bekommen.
Großer Vorteil in der Schweiz: man wird als PJler (oder eben: Unterassistent) nicht als billige Arbeitskraft für Viggos und BE missbraucht. Ich habe dort kein einziges Mal Blut abgenommen oder einen Zugang gelegt. Dies scheint in der Schweiz keine ärztliche Tätigkeit zu sein. Wenn die Pflege es mal nicht schaffte, wurde eigentlich gleich die Anästhesie hinzugezogen.
Wenn mal nicht so viel los war oder ich alle Austritte erledigt hatte, war ich immer in der "Ambulanz" willkommen. Dort haben die OÄ und der CA ihre Sprechstunden. Kann man sich eigentlich wie in einer Praxis vorstellen. Auch normale Jahreskontrollen kommen hier hin. Mir kam oft vor, dass mir viel zugetraut wurde! Ich wurde sogar gefragt, ob ich unter Anleitung eine Spirale einlegen wolle. Ich habe mich allerdings nicht getraut. Im Nachhinein war die Patientin total schmerzbefreit, hätte ich also easy machen können, weiß man aber natürlich davor nicht. Spekulumeinstellung oder auch vaginale Sono durfte ich selbstständig durchführen und üben. Auch war ich 2 mal die erste Assistenz bei Sectios. Mein absolutes Highlight! Ansonsten durfte ich bei jeder Sectio als 2. Assistenz am Tisch stehen und mithelfen. Auch bei anderen OPs (TLH, vag. HE, Curettagen etc.) war ich eingeplant und dufte intraop. auch selbst paar mal probieren wie sich was anfühlt/anfasst etc.)
Die PJler in der Chirurgie oder Inneren mussten Picketdienste machen. Ich in der Gynäkologie aber nicht.
Im OP herrscht super Stimmung. Die OTAs ein Wahnsinn! Freundlicher geht nicht mehr, da hatte ich schon ganz andere Begegnungen. Auch die Springer sind super freundlich und schicken einen manchmal beim Umlagern postoperativ schon weg, weil sie dich nicht unbedingt brauchen. Ein freundliches "mache ich schon" und ich konnte gehen. Ich durfte auch mal präop den Bereich steril abwaschen und abdecken. Undenkbar in D oder Ö, zumindest da, wo ich sonst war.
Egal was ich sehen wollte, wenn ich gefragt hatte, durfte ich alles sehen und überall hin.
Mittagessen war immer möglich und oft auch mit vielen aus dem Team. OA und AA saßen gemeinsam zusammen. Ich wurde sogar angerufen, wo ich sei, wenn ich nicht da war! Sah ich so sonst auch selten. Ach und: jeden (!!!) Tag wurden mir 2 Cafés spendiert. Einmal nach der Morgenbesprechung und einmal nach dem Mittagessen! Das Essen: extrem gut! Für einen Teller 6.90 CHF (gibt normalgroße und größere Teller) man kann sich nehmen was man möchte plus Salat.
Es gab Tage, da war es total ruhig und dann durfte ich natürlich früher gehen! Auch meine freien Tage habe ich mit einer OÄ geplant und eingetragen bekommen. Ich stand sogar mit am Dienstplan!
Alles zusammen: ich habe mein PJ dort geliebt! Das KH ist klein, macht es aber umso schöner und familiärer. Man wird wirklich wertgeschätzt!
Wil liegt auch geographisch gut. Ich hatte eine Woche frei geplant, um die Schweiz etwas zu bereisen. Man vergisst, wie klein sie ist - natürlich von Vorteil. So konnte ich in einer Woche viel von den schönen Orten in der Schweiz sehen.
Ich danke dem Team sehr für meine Zeit und kann jedem empfehlen dorthin zu gehen!
Bewerbung
Wenn man in die Schweiz möchte, dann so schnell wie möglich bewerben! Als ich angefragt habe, hatte ich fast nur mehr Absagen erhalten. Ich empfehle mind. 2 Jahre im Voraus (bei meiner Bewerbung 2022 waren manchen Kliniken bis einschließlich 2025 ausgebucht für PJler). Man kann aber auch kurzfristig Glück haben!