Allgemein-, Thorax-, Orthopädische und Plastische Chirurgie
Einsatzbereiche
Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, OP
Heimatuni
Nicht angegeben
Kommentar
Universität/Krankenhaus
Die Universität Gachon stellt internationalen Studierenden Wohnheimzimmer zur Verfügung, was die Unterbringung sehr einfach macht. Es ist ein Wohnheim nur für Medizinstudierende, das sich direkt neben dem Krankenhaus und dem Fakultätsgebäude befindet. Die Zimmer sind für zwei Personen ausgelegt, so dass man meist eine:n Mitbewohner:in hat. Jedes Zimmer hat ein eigenes Bad, und im Erdgeschoss gibt es eine Gemeinschaftsküche (Kühlschränke, Mikrowellen, Spüle – kein Herd) und Waschmaschinen. Bettwäsche wird gestellt. Stockwerke (sogar Kühlschränke und Waschmaschinenräume) sind nach Geschlecht getrennt.
Im Fakultätsgebäude gibt es in den unteren Stockwerken einen Fitnessraum, den wir nutzen können (wird man für freigeschaltet), sowie eine Bibliothek, die wir aber nicht nutzen können. Im ersten Stock gibt es jedoch einen kleinen Arbeitsbereich, der für alle zugänglich ist. Die Krankenhausgebäude sind um eine Kreuzung herum angeordnet. Alle sind unterirdisch vernetzt über ein Gangsystem, falls man mal nicht an einer roten Ampel warten möchte oder es regnet. Jedes Gebäude ist innerhalb von 5-10 Minuten zu Fuß zu erreichen.
Da ich mein PJ in der Chirurgie gemacht habe, kann ich nur hierzu etwas sagen – Innere Medizin ist aber ebenfalls möglich.
Internationale Studenten rotieren durch verschiedene chirurgische Abteilungen, und das ICC wird versuchen, Präferenzen zu berücksichtigen. Ich konnte in der Allgemein-, Thorax-, orthopädischer und plastischer Chirurgie dabei sein.
Ein kleiner Überblick:
• Normalerweise ist man ausschließlich im OP-Trakt. Es ist eher unüblich, an Morgenbesprechungen oder Visiten teilzunehmen. Wie viel man von dem Krankenhaus außerhalb des OPs zu sehen bekommt, hängt von den Professor:innen/Ärzt:innen ab, denen man zugeteilt wurde.
• In Südkorea spielen die Studierenden im OP eine sehr passive Rolle. Was in Deutschland von einem Medizinstudierendem im PJ erwartet wird, wird hier von Assistenzärzt:innen übernommen, die ihr Medizinstudium bereits abgeschlossen haben (interns = 1. assistenzärztliches Jahr). Es handelt sich also eher um ein „observership“ als um ein „internship“. Man kann nicht wirklich erwarten, dass man praktische Fertigkeiten erlernt – bei einigen Ärzt:innen kann man sich zwar einwaschen, aber das ist eher die Ausnahme als die Regel und kommt echt auf die Person an und wie proaktiv man selber ist.
• Im OP werden koreanische Studierende viel gequizzt und die Stimmung ist dann eher angespannt. Ist man als international student mit dabei, wird man auch ab und zu mal was gefragt, aber die Stimmung ist dann deutlich weniger streng. Viele sind bemüht, grade den international students einen positiven Eindruck zu vermitteln. Im Allgemeinen neigen die Studierenden dazu, sich eher still zu verhalten – weiß man mal eine Antwort nicht, dann soll man selber recherchieren und dann erst dem:der Ärzt:in antworten. Als Studierender selber Fragen zu stellen ist eher unüblich, hier bin ich schon ein/zwei Mal in ein Fettnäpfchen getreten.
• Es gibt eine strenge Hierarchie im OP, deutlich strenger als in Deutschland und es wird Wert darauf gelegt, sich höflich und umsichtig zu verhalten. Studierende sind die "unwichtigste" Rolle, was sich nicht wirklich von Deutschland unterscheidet und man probiert, so wenig im Weg rumzustehen wie möglich :D
• Was auffällt: als international student wird man anders behandelt (man hat mehr Privilegien). Ich gehörte zu den ersten internationals seit der Wiederaufnahme des Austauschprogramms, so dass viele Leute eher verwirrt waren, wer ich war und was meine Aufgabe dort war. Allerdings hat jede Abteilung dafür gesorgt, dass man mindestens einen Ansprechpartner hat (in der Regel einen Assistenzarzt:ärztin), die versuchen, so viel wie möglich auf Englisch zu erklären. Im Allgemeinen waren alle sehr freundlich zu mir - da manche Leute etwas zurückhaltend sind oder sich nicht wohl dabei fühlen, auf Englisch zu sprechen/zu unterrichten, kann man sich manchmal etwas fehl am Platz fühlen. Wenn man bei einer Operation zusammen mit koreanischen Studenten hospitiert, gibt es normalerweise mehr Interaktion und teaching (einige Professor:innen bitten die Studenten zu übersetzen).
• Koreanisch zu sprechen ist zwar keine Voraussetzung, aber nicht nur aus Höflichkeit gut sondern öffnet auch mehr Möglichkeiten für Interaktion, teaching und Austausch. Auch wenn man nicht fließend Koreanisch spricht, die Grundkenntnisse zeugen schon von Interesse und Wertschätzung, was definitiv positiv ankommt. Kann also nur empfehlen, im Vorfeld Uni-Sprachkurse oder im Selbststudium zumindest die basics zu lernen.
Freizeit
Wochenende und Feiertage sind freie Tage, ansonsten kann man über die PJ-Urlaubstage frei nehmen (die werden dann aber auch dem Tertialzeugnis vermerkt).
Incheon selbst ist schon ziemlich groß und es gibt ein paar Gegenden, die man erkunden kann - Songdo und Bupyeong waren die, in denen ich am meisten unterwegs war. In der Umgebung des Krankenhauses oder in fußläufiger Entfernung gibt es einige nette Restaurants und gute Cafés.
Die öffentlichen Verkehrsmittel in Südkorea sind super und ziemlich günstig, man kann Seoul innerhalb einer (ggf. anderthalb) Stunden mit der U-Bahn und/oder dem Bus erreichen. Seoul ist riesig, es gibt so viele Orte zu sehen und Dinge zu tun, und ich hätte Wochen damit verbringen können, durch verschiedene Viertel zu spazieren. Die Wochenenden eignen sich perfekt für Kurztrips, denn mit der KTX kommt man innerhalb von ein paar Stunden überall in Südkorea hin. Meine Lieblingstrips waren nach Busan, Gyeongju, Gwangju, Gangneung und Daegu.
Es kann aufgrund der Sprachbarriere schwierig sein, Kontakte zu knüpfen, aber normalerweise sprechen die koreanischen Studenten ziemlich gut Englisch. Sie sind allerdings super beschäftigt und es ist schwierig, sich die Zeit zu nehmen, um gemeinsam etwas zu unternehmen. Man kann viel mit anderen international students machen oder über Apps (Bumble BFF z.B.) Leute kennen lernen.
Ein paar Tipps:
• Besorgt euch eine T-Money-Karte für den öffentlichen Nahverkehr. Gibt’s am Flughafen oder in einem convenience store, man lädt Geld drauf (geht in jeder U-Bahn-Station oder auch im convenience store) und schon kanns losgehen.
• e-SIM oder physische SIM-Karte fürs Handy ist super nützlich und wenn man die schon vor Abflug kauft, ist es etwas günstiger als dann am Flughafen. Ich hatte eine nur für Data, konnte also keine Anrufe tätigen oder entgegennehmen, was mich aber überhaupt nicht störte. Anrufe etc. geht auch über KakaoTalk.
• Vielleicht das Wichtigste von allem: stellt sicher, dass eure Kreditkarte in Südkorea funktioniert. Alles hier ist sehr kartenbasiert, einige Orte (vor allem trendige Cafés) akzeptieren nicht einmal mehr Bargeld. Da wir keinen offiziellen Studierendenstatus haben, können wir kein koreanisches Konto eröffnen bzw. ne koreanische Karte beantragen. Meine Kreditkarte funktionierte nur zum Geld abheben, da man in Südkorea an den meisten IC-Kartenterminals in den Geschäften nicht unterschreiben oder seine PIN eingeben muss – und ohne Identifikation keine Transaktion, zumindest laut meiner Bank.
• Reist, so viel ihr könnt - Südkorea ist ziemlich klein und mit dem KTX kommt man schnell überall hin. Es gibt so viele schöne Orte zu sehen, Essen zu probieren, Routen zu wandern usw. Die Liste ist wirklich endlos. Wenn man im Voraus bucht, sind auch die Flüge (sogar international nach Japan oder Südostasien) erschwinglich. Ich war für zwei Wochen in Japan und habe es geliebt - Tokio ist nur eine Stunde mit dem Flugzeug entfernt. Man kann auch die Fähre von Busan nach Fukuoka nehmen und sich dann in Richtung Kyoto/Osaka/Tokio vorarbeiten.
• Zum Essen: koreanisches Essen ist echt total lecker, aber auch ziemlich fleischlastig. Es kann schwierig sein, hier vegetarisches oder veganes Essen zu bekommen. Es gibt zwar vegane Restaurants und Cafés, aber man muss schon gezielt danach suchen (in Itaewon in Seoul gibt es einige tolle vegane Spots). 10 Minuten vom Krankenhaus entfernt gibt es ein veganes Café (Good Veganing) und ein Poke-Bowl-Restaurant, das eine vegane Variante anbietet. Auch die größeren Supermärkte haben in der Regel viele vegetarische Fertiggerichte und führen auch vegane Milchoptionen.
• Mitzubringende/zu kaufende Sachen: Es ist sinnvoll, Handtücher von zu Hause mitzubringen, aber kann man natürlich auch kaufen. Die vom Wohnheim gestellten Kissenbezüge kann man waschen, die Decken nicht (die Füllung ist fixiert). Ich empfehle, einen Satz Bettwäsche mitzunehmen, wenn man nicht wochenlang in derselben Bettwäsche schlafen will. Die Küche im Wohnheim ist nicht besonders gut ausgestattet, es gibt zwar Mikrowellen und Kühlschränke, aber Besteck und Schüsseln müsst ihr selbst kaufen. Die Waschmaschinen funktionieren mit einem Kartensystem und ein Waschgang kostet 1.000 KRW. Es gibt kein gemeinschaftliches Waschmittel, muss man also auch kaufen oder man teilt es sich mit anderen internationals. Fürs Putzen ist man selbst verantwortlich, hier kann es sich auch lohnen, Putzutensilien mit anderen internationals zu teilen. Wir haben versucht, bisher gekauftes Zeug für andere internationale Studenten aufbewahren zu lassen, aber ich bin mir nicht ganz sicher, ob ob das System funktioniert. Jedes Stockwerk hat seinen eigenen Wasserspender auf dem Flur, der auch heißes Wasser für instant coffee oder Tee macht. Der Müll wird hier sehr genau getrennt, die Mülleimer im Wohnheim sind auch auf Englisch beschriftet.
• Last but not least, ladet euch KakaoTalk und Naver Maps runter. Die gesamte Kommunikation, auch zu Profs und zu KwangJun vom ICC läuft ab eurer Ankunft über KakaoTalk. Naver Maps ist super, viel genauer als Google Maps und Angaben zum ÖPNV sind immer aktuell.
Bewerbung
Meine Planung begann schon 2020 - ich bewarb mich direkt bei der medizinischen Fakultät der Gachon University. Sie schickten mir die benötigten Unterlagen, darunter einen Lebenslauf, eine Abschrift der Zeugnisse, einen Gesundheitscheck und einen Nachweis der Impfungen. Nachdem ich alle Unterlagen eingereicht hatte, musste ich warten - oft wochenlang, bis ich irgendeine Art von Post von ihnen zurückbekam. 2021 erhielt ich dann endlich meine Zusage. Wegen der Pandemie wurde das Austauschprogramm dann eine Zeit lang ausgesetzt. Die endgültige Bestätigung erhielt ich erst 6 Wochen vor dem geplanten Beginn meines Praktikums und musste dann relativ spontan Flüge buchen etc.
Dass ich vier Monate bleiben konnte, scheint die Ausnahme zu sein - alle anderen blieben zwei Monate, und das International Office (ICC) der Gachon University bestätigte mir, dass die Höchstdauer auf 12 Wochen festgesetzt wurde.
Da die Universität Gachon einen nicht bei der Beantragung eines Visums unterstützt, blieb mir nur die Möglichkeit, mit einem 90-Tage-Touristenvisum einzureisen. Man bestätigte mir wiederholt, dass dies kein Problem sein würde, also vertraute ich ihnen und verlängerte das Visum in der Mitte meines Aufenthalts, indem ich das Land einmal verließ (Urlaub in Japan, sehr zu empfehlen!) und dann wieder einreiste.