Jedem, der entfernt Interesse am Fach Psychiatrie hat, kann ich das Tertial an der medbo nur ans Herz legen!
Vor Beginn des Tertials wird man von kontaktiert und kann Rotationswünsche angeben, dabei wird meist empfohlen, das halbe Tertial auf einer beschützenden/geschlossenen Station und die andere Hälfte auf einer offen geführten Station zu absolvieren. Auf Empfehlung habe ich mir die geschlossene Station für Schizophrene Störungen (21a) und Station 1a als offene Station für Allgemeinpsychiatrie gewünscht und wurde dementsprechend eingeteilt, wobei man im Nachhinein mit einem Start auf einer gut struktuierten offenen Station nicht ganz so stark ins kalte Wasser geworfen worden wäre, wie es bei mir mit dem Beginn auf der 21a ohne jegliche PJ-Vorerfahrung der Fall war.
Am ersten Tag meldet man sich bei Frau Kluske im Haus 29 ggü. der ZPA (Zentrale Patientenaufnahme), holt sich Schlüssel und medbo-Karte und um 8.30 ist die Morgenbesprechung ebenfalls im Haus 29, dort haben wir uns kurz in der Runde vorgestellt und sind dann den Stationsärzt:innen auf Station gefolgt.
Passende Kleidung gibt's bei der Schiebetür links neben dem Medborante-Eingang, man erhält zwar immer nur 3 Garnituren auf einmal, aber auf der offenen Station kann man eigentlich auch in Zivil herumlaufen, die meisten Ärzt:innen praktizieren das auch so.
Eine umfangreiche Bücherkiste und Laptop mit Systemzugang erhält man ebenfalls, wobei man sich darauf gefasst machen kann, auf den Nexus-Zugang für die Software etwas zu warten bzw. einige Serviceaufträge an die IT verfassen zu müssen. Mittlerweile sollte das System aber glaube ich vollständig auf SAP umgestellt sein, vielleicht läuft es also jetzt schon wieder anders.
Zunächst muss ich wirklich sagen, dass man wirklich überall sehr freundlich empfangen wurde und sowohl das ärztliche als auch psychologische und pflegerische Personal super nett war. Man fühlt sich als Teil des Teams und wird wie selbstverständlich auch zu Sommerfesten eingeladen, die mir wirklich in schöner Erinnerung geblieben sind.
Am Anfang habe ich mich trotzdem etwas verloren gefühlt, zum einen, weil es mein erstes Tertial war, zum anderen, weil ich direkt auf der 21a gestartet bin und mir zu Beginn unsicher war, ob und was ich selbst machen kann bzw. will. Für den Fall würde ich empfehlen, erstmal den Ärzt:innen genau auf die Finger zu schauen und so viel wie möglich zu fragen was/warum die jetzt machen und was ihr Gedankengang ist, sowohl hinsichtlich der Gesprächsführung als auch bzgl. Medikation.
Das habe ich leider etwas vernachlässigt, vielleicht auch weil es auf der 21a zu Beginn schon viele Eindrücke zu verarbeiten gibt - sowohl hinsichtlich der Patient:innen als auch der Atmosphäre an sich, die schon gewöhungsbedürftig ist. Am Anfang bin ich viel mitgelaufen und habe dann erstmal versucht, mich in die Patientengeschichten einzulesen, aber dadurch war ich irgendwie ein bisschen in der Parallelexistenz und habe vom aktuellen Geschehen vielleicht manchmal weniger verstanden. Allein durch Zuhören bei den Patientenkontakten kann man zwar schon einiges über den Umgang mit Patient:innen lernen, wenn man nachfragt, wie der Gedankengang ist, wird aber nochmal mehr klar. Im Verlauf habe ich dann erstmal anfangen damit, die Gespräche, bei denen ich dabei war, direkt am PC nachzudokumentieren, so nimmt man Arbeit ab und ist automatisch auch aufmerksamer in Bezug auf die Gesprächsdetails.
Meine weiteren Tätigkeiten auf der geschlossenen Station beliefen sich auf das Einholen von Fremdanamnesen oder Vorbefunden, körperliche Untersuchung, Dokumentation während der Visiten (jede Woche gibt es eine Oberarztvisite, eine Visite mit den Assistent:innen und eine Kurvenvisite mit dem gesamten Team) und das Aktuellhalten der Krankengeschichten im System für den Arztbrief. Viel Fax-Arbeit fiel durch den Kontakt zu Behörden auch immer an, wobei hier während meiner Zeit langsam auf die digitale Alternative umgestellt wurde. Wenn man Lust hat, besteht jederzeit die Möglichkeit, sich auch einfach mal mit Pat. hinsetzen und zu sprechen, nochmal den Psychopathologischen Befund zu üben und die biografische Anamnese zu erheben o.ä.
Recht spät auf der geschlossenen Station habe ich dann auch ein paar Aufnahmen gemacht, das ganze dokumentiert, der Oberärztin vorgestellt und dann mit einem Assistenzarzt durchgesprochen, was jetzt so der weitere Behandlungsplan ist. Ein paar Mal durfte ich dann auch Zwangsmedikation vorbereiten und unter Aufsicht verabreichen.
Empfehlen kann ich auch, sich an die Ergotherapeutinnen zu wenden und zu fragen, ob man sich auch die Ergotherapie mal anschauen darf - beispielsweise beim Backen lernt man die Patient:innen dann auch außerhalb des geschlossenen Statiosumfelds kennen.
Zwischendurch wurde ich dann auch aufgrund vorübergehenden Personalmangels auf der offenen Nachbarstation (20a) eingesetzt, was im Nachhinein gesehen ein Glücksgriff war, da ich einige Patient:innen schon von der geschlossenen Station kannte und so den Krankheitsverlauf noch weiterverfolgen konnte, gefühlt konnte man dort auch etwas mehr Arbeit abnehmen, was sich auf jeden Fall positiv auf die Lernkurve ausgewirkt hat. Auch hier ein super nettes Team!
Beim Stationswechsel habe ich mich im Vorlauf nicht wirklich auf der 1a gemeldet, sondern bin einfach auf Station und hab mich da am Stützpunkt vorgestellt, was auch völlig okay war. Wenn man nicht weiß, welche Ärzt:innen auf der neuen Station arbeiten, kann man auch immer jemanden von der aktuellen Station bitten, ob die vielleicht bei der Morgenbesprechung mal den Kontakt herstellen.
Auf der offenen Station 1a gilt Selbstständigkeit als das übergeordnete Konzept, wie sich herausstellte nicht nur für die Patient:innen, sondern auch für PJ-ler. Gemeinsam mit einem Assistenzarzt hatte ich ein eigenes Bürozimmer und habe dann auch einfach angefangen, neue Patienten aufzunehmen, für die ich dann eigentlich auch mehr oder weniger zuständig war - natürlich immer in Rücksprache mit den Assistenzärzt:innen, der Pflege, Stationsleitung Frau Birnthaler und Chefarzt Dr. Kreuzer, sodass man nichts alleine entscheiden musste (insb. mit der Medikation hatte ich im Nachhinein gesehen vielleicht wieder zu wenig zu tun). Meistens war es auf der 1a so, dass die Patient:innen ankamen, die bisherige Medikation übernommen, etwas zugewartet und Bedarfsmedikation verordnet wurde. Ich war dann Ansprechpartner bei Gesprächsbedarf und bei der wöchentlichen Visite, habe Anmeldungen für Sport- und Ergotherapie ausgestellt und Psycholog:innengespräche empfohlen, natürlich alles im System dokumentiert und letztlich die Arztbriefe verfasst.
Lediglich mit der Anmeldung von Laboren und Untersuchungen hatte ich mangels SAP-Zugang gar nichts zu tun.
Insgesamt habe ich mit allen Teams durchweg positive Erfahrungen gemacht, sogar der Kontakt zu den Chefärzten läuft sehr ungezwungen und informell ab. Ich kann nur ermutigen, so viele Fragen wie möglich zu stellen - von den Erfahrungen der Ärzt:innen, Psycholog:innen und Pflege kann man viel lernen. Auf Teamarbeit wird hier so viel Wert gelegt wie in wenig anderen Fachbereichen, allein die Anwesenheit bei Supervisionen und den morgendlichen Besprechungen war für mich eine wertvolle Erfahrung, ebenso die wöchentlichen Fallbesprechungen, bei denen jedes Mal ein besonders schwieriger oder interessanter Fall in der großen Runde tiefergehend besprochen wird, um noch einmal andere Perspektiven miteinzubeziehen. Generell kann ich empfehlen, um 8.30 zur Morgenbesprechung zu gehen, dort bekommt man ein gutes Bild von den Abläufen auf Klinikebene und erfährt auch von Aufnahmen oder Ereignissen von anderen Stationen und den Diensten.
Es besteht auch die Möglichkeit, Nachtdienste mitzumachen - in dem Fall hat man den Tag bis der Nachtdienst um ca. 18.00 beginnt sowie den Folgetag frei, wobei man wenn nicht mehr viel los ist oft schon kurz nach Mitternacht nach Hause gehen durfte. Es wurde darauf hingewiesen, diese Regelung nicht zu stark auszunutzen, da man ja auch des normale Stationssetting mitnehmen soll, aber wenn man sich mit den Leuten auf Station gut versteht, würde ich das bei Bedarf auf jeden Fall ansprechen, wobei es natürlich etwas mehr Sinn macht, den Dienst vielleicht mit Assistentärzt:innen zu machen, die man schon kennt.
Dienstags gab es regelmäßig um 15.00 ein PJ-Seminar, die Dozierenden waren hier eigentlich durchweg motiviert, außerdem hat in unserem Tertial der PJ-Beauftragte Dr. Hübner erstmals Supervisionen bzw. Fallbesprechungen für uns angeboten, was auch sehr interessant und lehrreich war.
Bzgl. der Fehltag-Regelung wurde uns zu Beginn des Tertials gesagt, dass von den gesammelten Fehltagen am Ende 5 abgezogen werden, was bei mir dann auch so der Fall war und mir von Frau Kluske bestätigt wurde, ich habe aber gehört, dass das in nachfolgenden Tertialen nicht mehr so gehandhabt wurde.
Alles in allem bin ich sehr froh, mich für die Psychiatrie an der medbo entschieden zu haben! Auch wenn ich sicherlich noch mehr hätte mitnehmen können, kriegt man doch wertvolle Einblicke und Erfahrungen und verliert auf jeden Fall die Berührungsängste im Umgang mit psychisch kranken Patient:innen, was nie schaden kann, auch wenn man sich später doch für einen anderen Fachbereich entscheiden sollte.
Bewerbung
Bewerbung über das PJ-Vergabeverfahren der Universität Regensburg
Unterricht
1x / Woche
Inhalte
Sonst. Fortbildung Repetitorien Fallbesprechung
Tätigkeiten
Patienten untersuchen Patienten aufnehmen Briefe schreiben Eigene Patienten betreuen