Krankenhausalltag:
Ich fand meine Stelle und das Krankenhaus super! Ich glaube insgesamt ist es immer eine persönliche Entscheidung , was einem besser gefällt aber durch die Größe des Krankenhauses hat man viele verschiedene interessante Fälle mitbekommen. Die Hierachien sind flach und selbst das reinschnuppern in eine andere Fachrichtung war meistens unkompliziert möglich. Außerdem ist das chirurgische Team sehr entspannt, sowohl was den Arbeitsalltag angeht als auch darum herum. Das Krankenhaus ist sehr klein (150 Betten insgesamt, davon 40 chirurgisch). Dort kann dafür aber auch alles von Kopf bis Fuß liegen. Ansonsten gibt es auch eine internistische Abteilung die neurologische und psychiatrische Fälle mitabdeckt, eine pädiatrische Abteilung und eine orthopädische Abteilung. Es gibt ein größeres Männerzimmer mit 20 Betten und ein Frauenzimmer mit 20 Betten.
Es wurde meistens Englisch gesprochen, die südafrikanischen Ärzte haben allerdings auch Afrikaans und Xhosa oder Zulu gelernt und sprechen daher auch manchmal mit den Patienten auf einer der Sprachen. An das medizinische Englisch und den Akzent musste ich mich erst einmal gewöhnen, allerdings kam man ziemlich schnell rein.
Es gibt rotierende Interns (in den ersten beiden Assistenzarztjahren), die alle 3 Monate in unterschiedlichen Fächern arbeiten und den Stationsalltag bearbeiten. Je nach dem wie weit die Interns sind, kann man mehr oder weniger von Ihnen lernen. Im 3. Jahr Assistenzarzt wird man dort zufällig irgendwohin im ganzen Land geschickt und arbeitet quasi 1 Jahr „social“. Erst danach kann man mit der Facharztausbildung beginnen. Da regelmäßig gespart wird und Ausbildungsstellen knapp sind, arbeiten viele für Erfahrung und ohne Geld zu verdienen weiter und warten auf eine Assistenzarztstelle. Wenn man eine solche bekommen hat ist man „Registrar“, im Victoria gibt es glaube ich 1 oder 2 Stellen in der Chirurgie. Diese sind meistens im OP und lernen das Handwerkliche.
Als Student kann man in folgende Bereiche:
Station – Visite mit dem ganzen Team um 8, wenn man etwas früher kommt, kann man sich einfach Patienten anschauen und bei der Morgenvisite vorstellen. Nach der Visite hilft man mit bei Blutentnahmen/Viggos oder auch mal Katheter/Drainagen legen oder ziehen. Da man keinen IT-Zugriff hat bleibt es dabei auch. Theoretisch könnte man auch die Interns beim Briefe schreiben unterstützen, da fragt aber niemand nach. Meistens ist man hier gegen 11 fertig.
Gastro/Kolos: Richtig, im Victoria sind Gastros und Kolos chirurgische Aufgaben. Hier kann man mal zuschauen und bei der Dokumentation mithelfen.
Sprechstunde: Hier kann man sich selbstständig Patienten holen, Anamnese und klinische Untersuchung durchführen. Man kann vorschlagen, was man mit dem Patient machen würde und bespricht das dann mit einem Oberarzt. Außerdem gibt es auch eine Wundschwester, die einem gerne Tipps gibt. Es gibt theoretisch auch bestimmte Tage an denen Uro/Gyn/HNO-Patienten zur Sprechstunde kommen. Da war ich allerdings nie dabei.
MOPS: Kleiner Mini-OP, in dem man auch mal selber steril kleine Sachen operieren darf wie Zysten, Abszesse spalten etc. Echt cool, aber man muss bisschen Glück haben mit welchem Intern man zusammen ist.
OP: An 3 Tagen pro Woche werden geplante allgemeinchirurgische Eingriffe durchgeführt. Meistens stehen Amputationen, Appendektomien, Hernien und Cholezystektomien an der Tagesordnung. Ich war aber auch bei Mastektomien, perforierter Divertikulitis oder dem Zunähen von Zwerchfell, Herz oder Eingeweiden nach Messerstichen dabei. Jeden Tag ist ein OP-Saal für Notfälle chirurgische und orthopädischer Natur geblockt.
Dienst: Man macht nicht selber einen Dienst, aber man kann mit dem Intern, der Dienst hat mitgehen und Patienten, die von den Notaufnahmeärzten schon gesehen wurden, chirurgisch richtig aufnehmen. Hat mir auf jeden Fall immer Spaß gemacht, aber ist natürlich tagesabhängig wie spannend es wird.
Theoretisch gibt es einen strukturierten Rotationsplan für die UCT-Studenten, die 3 Wochen dort sind. Als ich da war, waren allerdings Sommerferien, sodass der Unterricht ausfiel. Als die Studenten wiederkamen, gab es jeden Tag gegen 12 kurze Fortbildungen oder Bedside-Teachings. Im Krankenhaus sind alle sehr entspannt und es gibt flache Hierachien. Der Umgang mit den Patienten ist manchmal etwas gewöhnungsbedürftig, man gewöhnt sich aber schnell dran. Man muss sich darauf einstellen, dass sich die Behandlungsmethoden teils stark unterscheiden zu dem, was wir in Deutschland gewohnt sind. Beispielsweise wurden fast jeden Tag 1-2 Amputationen pAVK-bedingt bei vergleichsweise jungen Patienten durchgeführt. Angioplastien und Bypass-Chirurgie werden regelhaft nur im privaten Sektor oder experimenteller Natur in der Uniklinik durchgeführt. Ähnlich verhält es sich mit vielen Krankheitsbildern und ihrer Therapie. Gleichzeitig hat das Victoria Hospital ein vergleichweise heterogenes Patientenkollektiv. Bei einigen PJ-Berichten (Vorzugsweise aus dem Mitchells Plain) hat man den Eindruck, dass jeder Patient in der Chirurgie abgestochen oder abgeknallt wurde. Das ist definitiv nicht so. Auch in der Chirurgie in Südafrika liegen ganz „normale“ chirurgische Krankheitsbilder wie Appendizitis, Pankreatitis usw. .
Im Team sind alle echt nett und lassen einen je nach dem wie man sich anstellt mehr oder weniger machen. Im OP war man, wenn Platz war 1. Oder 2. Assistenz. Von den Aufgaben her ähnlich wie in Deutschland.
Da es manchmal etwas voll wurde mit PJlern und UCT-Studenten habe ich auch mal bei der Innere-Visite vom Chef oder in der Orthopädie mitgemacht. Generell war man als ausländischer PJler, wenn man nett und freundlich ist, immer gerne gesehen und konnte überall mal zuschauen oder auch mithelfen. Zum Schluss habe ich noch einige Dienste auf der Notaufnahme mitgemacht. Kann ich auch auf jeden Fall empfehlen. Dort habe ich sehr viel gelernt und machen können. Dafür einfach Dr. de Haan von der Notaufnahme ansprechen.
Kosten:
Ca. 9500 Rand pro Monat. Der Beitrag erhöht sich allerdings regelmäßig.
Unterkunft:
Ich habe in Observatory in einer 8er WG gelebt. Fand Observatory auch ziemlich cool, außerdem war meine Miete günstig. Die Freeland in der sehr viele Deutsche leben war auch gleich um die Ecke. Mit dem Auto waren es 15 Minuten zur Arbeit. Wenn ihr bezüglich Wohnung und Auto Kontakte braucht, schreibt mir gerne:
f.truebner@googlemail.com
Leben:
Kurz gefasst: Südafrika ist ein Traum!
Ich würde so weit gehen, dass jeder der jemals in Südafrika war, darüber nachdenkt wieder zu kommen (und es meistens zeitnah auch macht).
Ich war noch nie an einem so prägenden Ort, wie Kapstadt bzw. Südafrika und es gibt glaube ich auch nichts Vergleichbares. Stell dich darauf ein, dass dich dieser Aufenthalt wirklich verändert. Das Land ist krass gespalten und man gehört als Europäer einfach sofort zur Oberschicht, ob man will oder nicht. Das hat natürlich die Vorzüge, dass man sich viele besondere und aufregende Sachen und Erlebnisse sehr gut leisten kann. Mit Euros kann man dort ein traumhaftes Leben führen. Da im Gegensatz zu vielen anderen touristischen afrikanischen Ländern die Bepreisung in der Heimwährung und nicht in USD, wie es bspw. In Tanzania der Fall ist, sind viele der Preise und Angebote aufgrund des Währungsverfalls der lokalen Währung aktuell für uns sehr günstig. Gleichzeitig gibt es ein unfassbar tolles und vielseitiges Angebot.
Andererseits ist es als jemand der in Deutschland in einem vergleichsweise wohlhabenden und fairen Land aufwächst, schwer mit anzusehen wie ungleich und vor allem arm Menschen direkt nebeneinander leben können. Neben Townships, in denen die Menschen kein Wasser und Strom haben, wo man Angst haben muss ausgeraubt und Kriminalität und Gewalt an der Tagesordnung steht, befinden sich riesige Anwesen auf Weingütern im zugegebenermaßen wunderschönen Kolonialstil. Über das Krankenhaus ist man tagtäglich mit der Schattenseite des Landes konfrontiert. Man sieht, was es bedeutet, wenn grundlegende Gesundheitsversorgung nicht gewährleistet wird und dies auch noch gekoppelt ist mit einer krassen Gewaltbereitschaft einiger Teile der Bevölkerung aufgrund von Armut und Selbstjustiz. Außerdem ist man selber dauerhaft unter Strom, überfallen zu werden. Meinem näheren Umfeld und mir wurden zu keinem Zeitpunkt Gewalt angedroht oder etwas angetan, aber die Geschichten von Raubüberfällen sind omnipräsent. Lieber ist man etwas zu vorsichtig und das sage ich als jemand, der mit vielem eher etwas lockerer umgeht. Erst nach einiger Zeit, weiß man, wann und wo man unbeschwerter rumlaufen kann. Besonders bei Nacht und bei Loadshedding ist es echt einfach gruselig draußen. Stichwort – The Purge.
Das man immer um sich herum geguckt hat und Angst hatte überfallen zu werden, wurde mir erst richtig wieder nach meiner Rückkehr in Europa bewusst.
Gleichzeitig sind die Südafrikaner (egal ob weiß, coloured, schwarz oder wie auch immer) die nettesten Menschen, die ich kennengelernt habe. Es ist einfach ein krasser Kontrast, den man dort wahrnimmt. Noch dazu ist Kapstadt eine der coolsten Städte der Welt und kann einem unheimlich viel bieten. Egal, was dich interessiert, du wirst es finden. Zu den zahlreichen Outdooraktivitäten, die man dort machen kann, gehören definitiv die wunderschönen Wanderungen in und um Kapstadt herum. Die Natur ist atemberaubend! Aufgrund der Meernähe und stets gutem Wind, kann man jedes erdenkliche Wasser/Windsportart betreiben. Man kann unfassbar gut essen gehen (für ziemlich günstige Preise) und auch an Ausgehmöglichkeiten und Nachtaktivitäten lässt Kapstadt nicht zu wünschen übrig. Und die Festivals (Habitat, Origin oder Bazique) sind der Hammer!
Zusätzlich dazu ist das Land wunderschön. Wenn ihr die Zeit habt, versucht über die Garden Route hinaus das Land zu bereisen. Das Eastern Cape, Lesotho oder KwaZulu Natal sind touristisch noch vergleichsweise unerschlossen und daher besonders charmant. Ich bin mit dem Auto von Kapstadt einmal quer durchs Land bis zum Kruger gefahren. Das war eine einzigartige Reise. Oder geht in den Norden nach Namibia, das habe ich leider nicht geschafft, steht aber das nächste Mal an, wenn ich in der Nähe bin.
Falls ihr noch Fragen habt, schreibt mir gerne:
f.truebner@googlemail.com
Bewerbung
Vorbereitung des Aufenthaltes:
Die Bewerbung erfolgte über Frau Stormbroek (Lauren.VanStormbroek@westerncape.gov.za) ca. 1 Jahr vorher. Infos gibt es auf der Webseite der UCT unter Electives oder über die Webseite des Victoria Hospitlas. Da das Victoria Hospital als einziges Krankenhaus nicht von der Sekretärin der UCT gemanagt wird, bekommt man schneller und regelmäßiger eine Rückmeldung. Anrufen hilft auch auf jeden Fall. Falls in der Chirurgie alles voll ist kann man auch mal für die Orthopädie oder Notfall/Trauma nachfragen. Innerhalb der chirurgischen Abteilung gibt es auch Ärzte, die kleinere Gyn, Uro oder HNO-Fälle operieren. Dementsprechend könnte man theoretisch auch darüber anfragen. Generell ist vieles unkomplizierter, als man sich aus Deutschland vorstellt. Über Promos gibt es die Möglichkeit eines Stipendiums.