Mich hat es sehr zufällig nach Weimar verschlagen, kann aber sagen, dass es ein ziemlicher Glücksfall war.
Ich hatte ehrlich gesagt gar keine Lust auf Chirurgie und kam quasi ohne praktische Vorerfahrung, wurde aber tatsächlich sehr positiv überrascht!
Das ärztliche Team der Allgemeinchirurgie ist recht klein, etwa 6 Assistent*innen und insgesamt nicht mehr als 15 Menschen, so dass man alle schnell kennnelernt. Sehr auffallend fand ich von Anfang an, dass die PJler*innen gewertschätzt und auf Augenhöhe als Teil des Teams behandelt werden. Wir wurden schnell eingebunden und durften/mussten von Tag 1 an auch selbstständig arbeiten. Wir waren immer mindestens drei PJler*innen, so dass wir uns abgesprochen haben und immer zwischen Station, OP und Notaufnahme rotiert sind. Das ganze Krankenhaus hat auf mich modern und ansprechend gewirkt (ungewohnte Worte in Bezug auf Krankenhäuser :D).
Station: Hier standen morgens die obligatorischen Blutentnahmen, PVKs (Viggos/Braunülen/...) und das Anzeichnen (also als letzte Vorsichtsmaßnahme geplante OP-Verfahren an der zu operierenden Stelle auf der Haut markieren) an, was aber eigentlich immer in höchstens einer Stunde erledigt war. Ansonsten begleitet man die Stationsassistent*in (und während meiner Zeit die super kompetente Physician Assistant) auf Visite, bespricht die Fälle und notiert sich dabei To Dos. Ich hatte immer das Gefühl Fragen stellen zu können und hab mich nicht nur als geduldetes Anhängsel gefühlt. Danach wird abgearbeitet, was so zu tun ist, also vor allem Aufnahmen (selbstständig), Sonos (selbstständig), Verbandswechsel (am Anfang als Assistenz, später auch alleine) und natürlich Briefe, wobei die chirurgisch glücklicherweise meist sehr knapp ausfallen.
OP: Meine größte Sorge, hatte hier bisher vor allem schlechte Erfahrungen gemacht und war tatsächlich auch noch nie am Tisch gestanden. Hier wurden wir von Tag 1 an als Assistenz eingeplant und operierten ganz selbstverständlich mit. Dass ich im PJ noch keine Erfahrung hatte, überraschte zwar, aber war überhaupt kein Problem. Mir wurde alles gezeigt und meine Lernkurve war sehr sehr steil. Ich war auch motiviert chirugische Basics zu lernen und fand es fast immer sehr spannend, wenn natürlich auch anstrengend. Aufgaben waren von Beginn an die endoskopische Kameraführung und das unvermeidliche Hakenhalten, rasch dann auch erst kleiner Nähte und im Verlauf auch selbstständigere Assistenz. Ich habe eine Menge gelernt und fühle mich jetzt sicherer mit Basics wie Wundversorgung, Nähten und Drainagen. Mir wurde dabei meistens klar gesagt, was ich tun sollte und Fehler korrigiert ohne laut zu werden. Sehr positiv weil selten erlebt fand ich beispielsweise eine Situation mit OÄ Sneidere, die mich ungehalten, aber höflich wegen meiner Kameraführung kritisierte und sich dann direkt ein paar Minuten später dafür entschuldigte. Sie meinte, sie wisse ja auch, dass ich all die Dinge nicht einfach können könnte und bat mich, sie darauf hinzuweisen, wenn ich etwas noch nie gemacht hätte. Fand ich beispielhaft für den insgesamt sehr korrekten, wertschätzenden Umgang und einfach ne Arbeitsatmosphäre wie im restlichen Krankenhaus eben auch.
Notaufnahme: Hat mir persönlich am meisten Spaß gemacht. Wenn ich hier Dienst hatte, hatte ich das chirurgische Diensthandy und wurde bei Aufnahme chirurgisch eingeordneter Fälle gerufen. In der Notaufnahme durfte ich Patient*innen komplett selbstständig untersuchen, Diagnostik wie EKG oder Labor anfordern und schallen. Auch grundlegende Medis, bei denen ich mir sicher war (Novaminsulfon, Paracetamol, Buscopan, etc) durfte ich bereits verschreiben. Danach musste ich mir per Telefon eine*n Ärzt*in suchen, mit denen ich den Fall besprechen konnte, was gerade am Anfang durchaus auch überfordernd war. Dass sich noch jemand mit Approbation einfachere Fälle überhaupt ansah, musste ich mir manchmal einfordern, die Kolleg*innen waren dann aber immer nett und gebn mir Rückmeldung, weshalb ich besonders in der ZNA sehr viel gelernt habe. Hab auch am Ende des ersten Tages in der Nachmittagsbesprechung angesprochen, dass ich dieses ins kalte Wasser geworfen werden nicht ok fand, was alle gut angenommen haben und auch meinten, dass das so nicht sein sollte. Falls ihr mit Notaufnahme eher unsicher oder vorsichitg seid, würde ich empfehlen, einfach nur zu tun, wobei ihr euch sicher seid und dann darauf zu bestehen, dass noch jemand draufschaut, dafür seid ihr ja im PJ und tragt im Endeffekt auch nicht die Verantwortung.
Am wichtigsten aber: Ich habe in der gesamten Zeit kein einziges mal erlebt, dass auf Station oder im OP rumgeschrien wurde. Auch rassistische und sexistische Aussagen wie ich sie in anderen Chirurgien ständig erlebt hatte, habe ich in Weimar selten gehört (bzw. so häufig wie eben auch im sonstigen Alltag...). Das hat sicher auch mit dem Chef, Prof. Mothes zu tun, der eine sehr, ruhige, besonnene Art hat und sich um ein gutes Arbeitsklima bemüht.
Prof. Mothes bietet auch regelmäßig Fallbesprechungen und Prüfungssimulationen an, die ich hilfreich fand. Der PJ-Unterricht fiel leider häufig aus, war aber, wenn er stattfand recht gut. Es sollen einige Dienste mitgemacht werden, was ich aber auch ganz interessant fand, weil die Abläufe am Wochenende bzw. abends/nachts doch nochmal einfach anders sind. Wir mussten aber nie lange bleiben und hatten danach natürlich einen freien Tag, so dass ich das Ganze überhaupt kein Problem fand.
Wichtig noch zu wissen, dass es einen Studientag/freien Tag pro Woche gibt, die auch inoffiziell angespart werden können, um dann am Ende das Tertial früher zu beenden und mehr Zeit zur Prüfungsvorbereitung zu haben.