Kardiologie, Hämatologie und Onkologie, Gastroenterologie und Infektiologie
Einsatzbereiche
Diagnostik, Station
Heimatuni
Giessen
Kommentar
Das Innere-Tertial ist in Wilhemshaven auf jeden Fall zu empfehlen. In der Kardio und der Gastro wird man wirklich super an die Hand genommen, man darf überall hin mitkommen und mitmachen, wenn man sich nur interessiert und einbringt. So war ich in beiden Abteilungen sowohl auf Station als auch in den Funktionsbereichen unterwegs. Besonders begeistert hat mich hier die EPU - der LOA der Kardio ist da voll in seinem Element, was total ansteckend ist. Es hätte auch die Möglichkeit gegeben, für eine Weile in die ZNA zu rotieren, das habe ich aber nicht in Anspruch genommen.
Wir waren 3-4 PJlerInnen im ganzen Haus und hatten fast jeden Tag PJ-Unterricht. Der wurde immer von Fachärzten gemacht (Kardio und Gastro durch die Chefärzte, Unfallchirurgie durch den LOA und Chirurgie rotierend durch verschiedene FachärztInnen) und ist in den seltensten Fällen ausgefallen. In Unfallchirurgie hat uns der LOA sogar immer Frühstück mitgebracht, Spaß hatten wir eigentlich mit allen DozentInnen. Ingesamt hat der PJ-Unterricht einen ziemlich hohen Stellenwert und hat auch wirklich was gebracht, darauf legt man wert.
Einmal im Monat gibt es einen Studientag in Hamburg, an dem man so ca. 3-4 Stunden Seminare vor Ort besuchen muss. Das ganze ist anwesenheitspflichtig. Leider ist Hamburg viel, viel weiter weg und schlechter zu erreichen, als ich das antizipiert hatte, sodass das ganze ziemlich inconvenient ist. Das schlimmste, was passiert, wenn man nicht hingeht, ist allerdings ein Fehltag... den man im Zweifel am Strand verbringen kann.
Zur Pflege hatte ich von Anfang an einen guten Draht, die meisten sind wahnsinnig geduldig und freuen sich einfach ein Bein ab, wenn man ein bisschen motiviert ist und seinen Kram selber wieder wegräumt. Ich habe an meinem ersten Tag ein halbes Blutbad beim Zugang legen verursacht und den Inhalt des Blutentnahmetablettes großzügig über den Stationsboden verteilt und habe nichts als Verständnis und Unterstützung geerntet.
Wir PJlerInnen haben immer versucht, zusammen Mittag zu essen, was meistens auch geklappt hat. Das Essen ist völlig in Ordnung, wenn man nicht gerade Sterneküche erwartet. Oft haben wir einfach mit AssistentInnen und OberärztInnen in lockerer Atmosühäre zusammen gesessen.
Die Dienstwohnungen sind für einen begrenzten Zeitraum absolut akzeptabel. Ich habe mit einer anderen PJlerin in einer 2er Wg gewohnt und wir hatten eine eigene Küche und ein Bad, mein Zimmer hatte sogar einen Balkon, auf dem wir immer wieder zusammen gesessen haben. Leider mussten wir bei Einzug ordentlich putzen, aber danach war es eigentlich ganz nett.
Nach den Lobesworten hier noch ein paar Sachen, die man einfach generell über das Klinikum wissen sollte, auf die ich persönlich gerne vorbereitet werden würde: Das Haus ist durch ein Klinikneubauprojekt in Millionenhöhe verschuldet. Es gibt eine gigantische Baugrube im Vorgarten (direkt unter den Fenstern der gestellten Wohnungen) aus der 24 Stunden am Tag das Grundwasser abgepumpt werden muss und die schon Ewigkeiten brachliegt. Dementsprechend wird aber in das alte Klinikgebäude nicht mehr investiert - es gibt zwar moderne Herzkatheter und vor allem ein schickes EPU-Labor, aber die Stationen sind baulich eine Katastrophe. Löcher in den Wänden und Böden, Sammelbäder auf dem Flur, enge Dreibettzimmer. Elektrische Betten sucht man vergeblich. In meiner Zeit dort wurde gerade die Umstellung von Papier auf Digitalakten durchgeführt - man ist der Digitalisierung also dicht auf den Fersen.
Außerdem hat das Haus maximale Personalprobleme. Einige Abteilungen haben zum Beispiel gar keine OberärztInnen, die meisten AssistentInnen haben keine deutsche Approbation und man musste am Anfang oft erst mal erklären, was ein PJler eigentlich ist und was man darf bzw. nicht darf. Außerdem sind viele der AssistentInnen selber sehr unerfahren (da Berufseinsteiger). Der Personalmangel wurde aber zu keinem Zeitpunkt auf dem Rücken von uns PJlern ausgetragen - wir durften trotzdem zu allem hingehen, was uns interessiert hat und mussten das nicht kompensieren.
Die infrastrukturellen Probleme macht das Klinikum und seine MitarbeiterInnen durch eine ziemlich beeindruckende "Deichen oder weichen"- Mentalität wieder wett. Man ist sich der Probleme ziemlich bewusst und macht das Beste daraus. Ich bin selten so vielen ÄrztInnen und auch Pflegekräften begegnet, die ihre Arbeit trotz widriger Umstände mit so viel Begeisterung und Idealismus ausüben.
Also das Fazit an dieser Stelle: Wer die Nordsee mag und wen es nicht stört, in einem hässlichen Krankenhaus zu arbeiten, der ist hier gut aufgehoben. Allerdings sollte man versuchen, das Tertial in die Sommermonate zu legen, weil der Freizeitwert der Gegend dann einfach bedeutend höher ist - wir waren am Strand, schwimmen, Eis essen, man kann toll Fahrrad fahren oder Wattwandern. Man sollte aber auf jeden Fall irgendwie mobil sein, Auto oder Fahrrad.