Ich hatte in meiner Tertialhälfte in der chirurgischen Notaufnahme des St. Georgs eine ziemlich gute Zeit. Es ist am St. Georg möglich, 8 Wo komplett in der ZNA zu verbringen als Teil des Inneren oder CH Tertials.
Als Maximalversorger-Haus ist das St. Georg ziemlich gut besucht und es kommen täglich ziemlich viele Patient*innen mit verschiedensten Krankheitsbildern, täglich mehrere Schockräume (größtenteils internistisch oder neurologisch; dazu stellen kann man sich aber eigentlich trotzdem immer und zbsp. beim Umlagern helfen) und von Stürzen im Pflegeheim über Kinder bis Heckenschere vs Finger ist alles dabei. Dabei gibt es natürlich auch immer wieder totale Ausnahmen, wie bspw. Schlangenbisse, sehr große Skrotalhernien, septische Hirnabszesse nach i.v. Konsum, Salpetersäureverätzung als Arbeitsunfall ... langweilig ist was anderes. Die chirurgische ZNA sieht generell auch die KinderCH Fälle mit, darauf sollte man vorbereitet sein, aber meistens sind die Kids sehr umgänglich und die Eltern ohnehin dabei, das sollte also nicht abschrecken.
Generelle Stimmung:
Man lernt schnell das gesamte Team der Chirurgie kennen und kann sich eigentlich an so gut wie alle gut ranhängen, viel fragen, viel zugucken und recht schnell ziemlich viel machen. Es sind wirklich alle ehrlich freundlich und von den meisten fühlt man sich sehr ernst genommen (hatte mir von der Chirurgie schlimmeres erwartet) und so kommt es gerne mal vor, dass im Frühdienst mit der Pflege zusammen gequatscht und gelacht wird, wenn mal nix los sein sollte.
Wenn man sich allen vorstellt und kurz sagt, wer man ist, kann man auch schnell mit allen (auch den Dienstärzt*innen der Plastischen, AllgCH, UnfallCH etc.) ein gutes Arbeitsklima finden und es nett haben. Das schließt dann natürlich Pflege, Azubis, Sekretärin, innerer Bereich, Uro, Neuro und Co mit ein ;)
Falls mal flaute ist, kann man auch mal gemütlich zum Bäcker spazieren und einen Kaffee in der Sonne auf der Bank bei der sehr schönen Grünanlage auf dem Klinikgelände schlürfen.
Der Stresspegel ist immer sehr unterschiedlich, gibt Tage, da platzt alles aus den Nähten, gibt Tage, da waren bis 11 Uhr keine 4 Patient*innen da.
Fachgebiete:
Dadurch, dass die rotierenden Assistent*innen und Oberärzt*innen (eigentlich nur Frauen) aus allen Fachbereichen kommen, kann man sich bei allen verschiedenes Wissen einholen. In der CH ZNA selbst sind eigentlich jeden Tag Meschen aus der UnfallCH, PlastischenCH, AllgemeinCH und NeuroCH dabei, entweder als Konsil in der ZNA zur Frage nach Aufnahme oder Versorgungsstrategie oder weil die Ärzt*innen aus diesen Bereichen kommen. So lässt sich von der einen Person Sono Colon/Appendix lernen, von wem anders eine gute angelegte Fingerblutsperre oder Schnittführung bei Exploration der Eintrittspforte einer Fingerphlegmone, von der nächsten ein pragmatischer Body-Check nach Verkehrsunfall, oder oder oder. Das ist wirklich sehr vielseitig und hat mir sehr geholfen, einen Überblick über die chirurgischen Disziplinen zu bekommen und gleichzeitig zu lernen, Patient*innen besser einzuschätzen. Es lohnt sich, auch noch mal bei den Konsilen in der ZNA dabei zu sein, um mitzubekommen, wie deren Untersuchungen ablaufen und worauf Wert gelegt wird.
Sehr sympathisch war, dass sich alle gegenseitig niedrigschwellig um Rat gefragt haben, wenn sie mal eine zweite Meinung brauchten. Da waren die Hierarchien wirklich sehr flach und unkompliziert.
Ich kann sehr empfehlen, auch die Pflege zu begleiten, die oft top-fit ist und langjährige Erfahrung hat. Verbandanlagen, Gipse und Orthesen-Anlegen sollte man sich auf jeden Fall abgucken. Auch i.v. Medikamente vorbereiten und Impfen (Tetanus) hab ich in dem PJ-Tertial dann doch endlich mal mitnehmen können (besser spät als nie, I guess).
selbst machen/Aufgaben:
Am Anfang eine Woche ein bisschen zugucken und dann machen, was geht! Ich hab in der Zeit dort etliche eFASTs gemacht, genäht, Dermabrasio (Hautabschrubbeln nach Verbrennung), Verbände anlegt, Wundversorgung, body checks, assistiert, Gefäß-Doppler und hier und da mal Zugänge (macht aber grundsätzlich die Pflege). Wer Lust hat, kann auch eigene Patient*innen angucken und erstmal autonom Anamnese, Untersuchung und Diagnostik-Plan machen. Das wird dann alles rückbesprochen und es schaut noch mal wer drüber. Wenn man mal was übersieht oder falsch macht, ist das kein Drama, dann kriegt mans kurz erklärt und danach gehts normal weiter. Entlassgespräche führen und Arztbriefe schreiben ist auch dabei.
Schockräume oder coole Sachen angucken geht eigentlich immer. Weil Schockraum oft voll und wuselig ist, am besten bisschen den Raum lesen, ob man gerade stört und dann gucken, ob man bspw. beim Umlagern aufs CT unterstützen kann etc.
Ich könnte mir vorstellen, dass mit dem NEF mitfahren auch möglich ist – der Chef und einige aus der Inneren fahren selbst häufiger Notarzt und wenn man nachfragt, geht das bestimmt mal. Hab ich selbst nicht gemacht.
Theoretisch könnte man auch bei Neuro und Uro immer zugucken, die wechseln aber häufiger durch und haben i.d.R. weniger Patient*innen, sodass ich das meistens verpasst habe.
Tagesablauf:
Dienststart ist 7.30 Uhr mit kurzer Frühbesprechung mit der Inneren und Pflege zusammen. Man kann auch Zwischendienste und Spätdienste machen. Am Wochenende ginge das auch (einfach mit der OÄ absprechen), dafür gibt es dann 1 oder 2 Tage frei. War mir aber nicht so wichtig, fand es im Frühdienst immer sehr bequem.
Morgens kommen i.d.R. die im Pflegeheim gestürzten Menschen zum Ausschluss SHT etc und Kopfplatzwunde unter Antikoagulation. Danach Wegeunfälle, Sportunfälle in der Schule, etc. Dazwischen alles mögliche andere.
Mittagessen kann man sich selbst einteilen, einfach einen guten Moment aussuchen und ab in die St Georg "Mensa". Aktuell gibt es immer ein oder zwei Gerichte für PJ-lerz kostenfrei, ebenso Salatbuffet (selbst zusammen stellen möglich) + Brötchen. Die anderen Gerichte kosten meistens ein paar Cent Aufpreis. Vegan ist es leider quasi nie, wer aber Käse und/oder Fleisch ist, wird i.d.R. nicht enttäuscht. Der Salat ist als safe vegetarische Option immer machbar, meistens sind die vegetarischen Gerichte aber auch kostenfrei. Pause geht an sich 30min, aber es meckert auch keine*r, wenns mal länger gedauert hat.
Der Frühdienst endet 16 Uhr, falls wenig los und gut besetzt ist, wird man z.T. auch früher los geschickt. Wer mal nen Nachmittag früher los will, kann das auch unkompliziert am Tag selbst absprechen. Fehltage und Studientage (St Georg 3/Tertial) nehmen war auch immer unproblematisch nötig, wenn direkt mit den anwesenden Ärzt*innen abgesprochen.
PJ-Unterricht:
Es gibt EKG-Kurse und sowas, die hab ich allerdings nicht mitgemacht.
PJ-Unterricht sind zwei "two days for you" im Monat, mit anwesenheitsliste und ganztags Unterricht. Die Referent*innen und Fächer wechseln durch. Hatte zbsp. mal einen Gipskurs und nachmittags Vorlesungen zu pädiatrischem Flüssigkeitsmanagement. Nachmittags kann man manchmal unauffällig gehen ;) Cool fand ich, dass manchmal Assistent*innen im 2. Jahr oder so da waren, mit denen man einfach quatschen konnte und endlich mal fragen konnte, ob man so ne Berufsunfähigkeitsversicherung denn wirklich braucht und ob die Klinik Fortbildungen bezahlt etc.
Bewerbung
Übers PJ-Portal das chirurgische (oder innere, da sind auch bis zu 8 Wo möglich) Tertial am St. Georg buchen, dann bei Fr. Tuczek (Tel.: 0341 909-2110, E-Mail: PJ@sanktgeorg.de) zbsp. anrufen und erfragen, ob es gerade Kapazitäten für PJ-ler*innen in der ZNA gibt.
Ich war eigentlich auf einer anderen CH Station eingetaktet, habe mich aber kurz vorher doch noch mal dort gemeldet und ein bisschen deutlicher gefragt, ob Platz frei ist und dann ging dann doch alles ziemlich problemlos.