Kurzum, mein PJ-Tertial in der Inneren in Langenthal war mein Highlight des PJs! Ich habe mich direkt von Anfang an sehr wohl und gut ins Team integriert gefühlt. Der Einstieg mitsamt den organisatorischen Aspekten lief reibungslos.
Die Assistenzärzt*innen waren allesamt super nett und zugänglich! Jeden Morgen nach der Frühbesprechung trinkt man zusammen im Team Kaffee und meist gehen auch alle zusammen Mittagessen. Wirkliche Lebensqualität also während der Arbeit! Dafür gehen die Arbeitstage auf Station, wie in der Schweiz üblich, meist bis etwa 17 Uhr. Die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Berufsgruppen ist auch hervorragend und die Atmosphäre sehr entspannt und freundlich. Das Essen im Spital-Restaurant ist mit etwa 10-12 CHF sehr teuer, also nahm ich jeden Tag vorgekochtes Essen mit, welches man jedoch in der Mikrowelle in der Kantine aufwärmen darf. Wasser gibt es auch umsonst.
Als PJ-ler*in ist man in schweizer Spitälern als Unterassistent*in angestellt, was den Vorteil hat, dass man wirklich als Teil des Teams gesehen wird mit konkreten Aufgaben. Auf Station war ich immer einer/m Assistenzärzt*in zugeordnet sowie einer/m Oberärzt*in (auch „Kaderärzt*in“ gennant), welche/r wiederum die/den Assistent*in betreute und mit welchem zweimal täglich alle Patient*innen besprochen wurden. Auf Station arbeitet man i.d.R. zu, schreibt z.B. Visiteneinträge, setzt Medikamente an/ab und schreibt an Arztbriefen mit. Nach einer gewissen Einarbeitungszeit, bekam ich auch einzelne Patient*innen zugeteilt, für welche ich primär zuständig war, während die/der Assitentärzt*in, einem „über die Schultern schaute“. So führte ich die Visitengespräche, besprach die Patient*innen mit der/dem zuständigen Kaderärzt*in und stellte sie auch in der Röntgen- und Frühbesprechung vor. Das war wirklich eine gute Übung in einem sicheren Setting. Blutabnahmen und i.v.-Zugänge werden in der Schweiz durch die Pflege erledigt. Insgesamt hatte ich wenig Möglichkeiten interventionelle Eingriffe, wie z.B. Punktionen zu üben, da es nur relativ wenige gab und diese dann von den Assistent*innen durchgeführt wurden. Lediglich die Abnahme von arteriellen BGAs durfte ich einige Male machen.
Unterassistent*innen haben in Langenthal zudem die feste Aufgabe, etwa einmal wöchentlich die internistisch-neurologische Aufnahmeuntersuchung bei den neuen Psychiatrie-Patient*innen durchzuführen. Dies bot die gute Möglichkeit, die körperliche Untersuchung strukturiert in einem ruhigen Rahmen viel üben zu können. Außerdem befundet man die EKGs dieser Patient*innen.
Es fanden auch regelmäßige Fortbildungen statt. So gab es wöchentlich einen Journal Club sowie eine Falldiskussion. Gelegentlich gab es auf der Notfallstation auch kleine EKG-Fortbildungen. Auf Wunsch darf man für einzelne Tage in Funktionsabteilungen oder die Intensivstation rotieren, was ich sehr empfehlen kann. Vor allem die Hospitation in der gastroenterologischen Funktionsabteilung war sehr lehrreich!
Mein absolutes Highlight waren meine Dienste in der interdisziplinären Notaufnahme („auf dem Notfall“ auf Schweizer-Deutsch). Dort arbeitet man im Schichtdienst (Früh-, Zwischen- und Spätdienst), insgesamt war ich etwa 6 Wochen auf dem Notfall eingeteilt. Ich durfte regelhaft selbständig Patient*innen betreuen und mit den diensthabenden Assistenz- oder Kaderärzt*innen rückbesprechen. Die Lernkurve hier war wirklich sehr steil und es hat unglaublich viel Spaß gemacht! Ich habe, obwohl ich primär internistisch eingeteilt war, auch immer wieder chirurgische Patient*innen mitbetreut und auch einige Wunden genäht. Dies hat die Zeit nochmal abwechslungsreicher und lehrreicher gemacht.
Freizeit:
Langenthal selbst ist eine Kleinstadt ohne allzu viele Freizeitangebote. Jedoch bietet es in direkter Umgebung schöne Wälder, die zum Joggen und Spazieren gehen einladen. Jeweils etwa eine Stunde entfernt sind Bern und Zürich, die auf jeden Fall einen Besuch wert sind. Ebenso etwa eine Stunde braucht man mit dem Auto, um etwas höhere Berge zum Wandern zu erreichen. Für Kaffeeliebhaber*innen vielleicht interessant: 15 Min. von Langenthal entfernt hat der Kaffeeautomatenhersteller Jura ein gut gemachtes Museum mit Showroom.
Organisation:
Vor Ort muss man einige Behördengänge machen. Man muss einen Wohnsitz anmelden und eine Aufenthaltserlaubnis beantragen, wofür man dann später nochmal zur Ausländerbehörde muss. Außerdem benötigt man ein Schweizer Bankkonto um den Lohn zu erhalten. Hier hat die UBS ein gutes Angebot gehabt mit einem kostenlosen Studierendenkonto und einem 50 Franken Gutschein, z.B. für Coop (Lebensmittelhändler). Der Lohn betrug 1213 CHF plus zusätzlich Wochenend- und Spätdienstzuschläge in der Notfallaufnahme. Urlaubstage sind komplett losgelöst von den deutschen PJ-Bestimmungen und es standen mir für meinen Zeitraum 8 Urlaubstage zur Verfügung, welche man im Voraus anmelden musste.
Ich reservierte im Voraus ein Zimmer im Personalhaus, welches ganz ordentliche Zimmer mit Gemeinschaftsküchen und -bädern für (aktuell) 460 CHF bietet. Ich habe mich dort sehr wohl gefühlt und es liegt in fußläufiger Entfernung zum Krankenhaus und zu Einkaufsmöglichkeiten. Ich bin meist zum Aldi einkaufen gegangen, da dieser beim hohen Schweizer Preisniveau noch die besten Preise hatte.
Um das PJ-Tertial in Deutschland anrechnen zu lassen, musste für meinee Uni eine Äquivalenzbescheinigung durch die Universität Bern ausgestellt werden, dessen Lehrkrankenhaus das Spital ist. Hierfür musste der Chefarzt in Langenthal zunächst ein Schreiben unterschreiben, welches dann wiederum an das Dekanat in Bern geschickt werden musste.
Zusammenfassend: Eine klare Empfehlung!
Bewerbung
Ich habe mich etwa 2,5 Jahre im Voraus bei der Chefarztsekretärin Frau Wirth-Jordi beworben und direkt damals einen Vertrag unterschrieben. Die Kommunikation war stets super und klar. Teilweise hat man auch kurzfristig Chancen, einen Platz zu bekommen, wenn z.B. jemand absagt.