Kurzzusammenfassung:
Die Atmosphäre im Krankenhaus ist insgesamt sehr positiv und die Förderung der Lehre sowie die Integration der Studierenden in den klinischen Alltag werden hier geschätzt. Es wird viel Zeit für die Anleitung und Betreuung aufgewendet, und man findet stets die Möglichkeit, auf die Kolleginnen und Kollegen zuzugehen, sei es, um bei einer Untersuchung oder einem Eingriff zuzusehen.
Insgesamt empfand ich den Aufenthalt als eine gelungene Kombination aus praxisorientierter Lehre und Studium sowie der Chance, ein mir bisher unbekanntes Land und dessen Kultur intensiv kennenzulernen. Ich kann diese Erfahrung nur empfehlen, da sie nicht nur Einblicke in ein anderes Gesundheitssystem bietet, sondern auch wertvolle Perspektiven auf kulturelle Aspekte von Gesundheitsfragen eröffnet.
Mit Englisch kommt man sowohl im Krankenhaus als auch im gesamten Land problemlos zurecht.
Krankenhaus und Tagesablauf:
Die Sultan-Qaboos-Universität, auf deren Campus das Universitätskrankenhaus liegt, wurde von eben diesem Sultan errichtet, dem nach allgemeiner Meinung das Land maßgeblich seinen Aufschwung und die Entwicklung in den vergangenen Jahren zu verdanken hat. Der medizinische Standard ist hoch und mit europäischen Standards vergleichbar.
Um 7.30 Uhr fährt der Shuttle-Bus von der Unterkunft zur Universität und setzt einen am Krankenhaus ab. Um 8 Uhr beginnt die Frühbesprechung der gesamten chirurgischen Abteilung. Es werden von den Interns (wie PJ) PatientInnen vorgestellt und im Team besprochen. Hier wird bereits mit der Lehre begonnen. Es werden Fragen an die Studierenden gestellt oder von den Studierenden radiologische Bilder befundet. Danach geht es zur Visite in den verschiedenen Teams der Allgemeinchirurgie (Team 1: Endocrine Surgery, 2: Hepato-Biliary-Surgery, 3: Trauma-Team, 4: General Surgery, 5: Vascular Surgery und ACS-Team (Acute Care Surgery). Je nach Arzt/Ärztin wird hier Englisch oder Arabisch gesprochen und die Fälle werden mit den betreuenden Studierenden erörtert.
Ich habe mich dem Team 3 (Trauma-/General Surgery) angeschlossen. „Trauma Surgery“ ist hier nicht gleichzusetzen mit Unfallchirurgie in Deutschland. Letzteres wird im Oman dem Gebiet der Orthopedics zugeordnet. Das Trauma-Team wird bei akuten Fällen in die Notaufnahme gerufen (z.B. bei Verkehrsunfällen, Sturz aus großer Höhe, etc). Die Visiten wurden oft von Dr. Hani geleitet, der viel erklärt, Rückfragen gestellt und die Visiten stets auf Englisch durchgeführt hat. (Dr. Hani ist auch für die internationalen Studierenden zuständig, allerdings 2025 für ein Jahr in der Stadt Salalah). Es empfiehlt sich, sich einem der o.a. Teams anzuschließen und ggf. nach einiger Zeit zu wechseln. Wenn man wenig Arabisch spricht/ versteht, kann man sich z.B. auch den indischen ÄrztInnen anschließen, da dann Englisch gesprochen wird.
Anschließend gibt es mehrere Optionen: Man kann in die Out Patient Clinic (OPD) gehen, jedes Team hat dort einen festen Tag in der Woche (Team 3 immer Montags). Man kann aber auch ohne „sein“ Team immer dorthin gehen. Ebenso für den OP gibt es für jedes Team feste Tage (Team 3 immer Sonntag und Donnerstag). Hier kann man jedoch jeden Tag hingehen, die Pflege am Eingangstresen hat eine Liste mit allen Operationen des Tages. Ich persönlich war eher weniger im OP, da sich meist die lokalen Studierenden einwaschen durften und je nachdem von diesen auch viele zum Zuschauen im OP waren. (Dies hat mich nicht gestört, da ich im vorherigen Teil des gesplitteten Chirurgietertials bereits im deutschen Krankenhaus Erfahrungen im OP gesammelt habe).
Außerdem kann man sich den lokalen Studierenden anschließen (Junior Students 3. Studienjahr, Senior Students 5. Studienjahr). Diese hatten meist um 10/ 10.30 Uhr ein systematisches Bedside-Teaching und anschließend Seminare. Auch die lokalen Studierenden sind jeweils einem Team mit zugeteilt und besuchen je nachdem OPD oder OP. Für das Mittagessen kann man in die Cafeteria gehen. Für ausländische Studierende gibt es eigentlich kein kostenloses Mittagessen. Die Studierenden der SQU bekommen jedoch mehr als reichlich Essens-Coupons für einen ganzen Monat, die sie gerne großzügig teilen. Nachmittags gibt es nochmal eine Abschluss-Visite im Team.
Insgesamt bestand das Tertial eher weniger aus praktischer Tätigkeit sondern mehr aus theoretischer Lehre, wodurch ich mein Wissen wiederholen, vertiefen und beträchtlich erweitern konnte (Blutabnehmen und Flexülen legen ist dort Aufgabe der Pflege).
Oman:
Das Sultanat Oman ist flächenmäßig etwas kleiner als Deutschland. Von den ca. 5 Millionen Einwohnern sind grob ca. 52% Omanis und 48% Gastarbeiter (v.a. aus Indien, Bangladesch, Pakistan). Daher ist die englische Sprache sehr verbreitet.
Ich bin auf viele freundliche Menschen im Land gestoßen und habe die großherzige Gastfreundschaft der Omanis kennengelernt.
Als Praktikumszeit zu empfehlen sind die Monate November bis April, da es klimatisch am angenehmsten ist sowohl im Alltag als auch für Ausflüge im Land. Im Sommer herrschen z.T. Temperaturen über 50°C. Das Krankenhaus ist so wie die meisten Orte klimatisiert.
Im Land selbst gibt es sehr viel Wüste und Gebirge und dazwischen immer wieder Palmenoasen, Plantagen oder Wadis, in denen sich nach starken Regenfällen (selten) reißende Flüsse bilden können. An den Küsten kann man Schnorcheln, Schildkröten oder mit etwas Glück Biolumineszenz beobachten.
Mit dem Auto kann man viele der Sehenswürdigkeiten von Muscat aus auch als Tagesausflug erreichen, wobei für das Leben im Land generell ein Auto ziemlich hilfreich (fast essentiell) war.
Wohnung:
Ca. 5-10 Minuten von der Universität bzw. dem Universitätskrankenhaus entfernt gibt es eine Unterkunft (sog. OFF-Campus Residence, https://maps.app.goo.gl/RjdY4AZJV4UAfsY7A) für International-Studierende. Hier befinden sich auf acht Etagen mehrere Wohnungen (klimatisiert) mit meist drei Zimmern mit gemeinsamer Küche und Bad. Pro Wohnung gibt es ein Zimmer mit eigenem Badezimmer. Manche Wohnungen haben auch ein kleines Wohnzimmer. Außerdem gibt es die Möglichkeit sich ein Zimmer mit einer anderen Person zu teilen. Die Wohnungen an sich und die Etagen sind geschlechtergetrennt.
Im 8. Stockwerk des Gebäudes gibt es ein Esszimmer, wo Frühstück, Mittag- und Abendessen gestellt wird, welches im Mietpreis inkludiert ist. Zudem gibt es hier einen Gemeinschaftsraum mit Sesseln und Fernsehapparat.
Wenige Gehminuten entfernt gibt es einen kleinen Supermarkt, (Fastfood-) Restaurants, Cafés, einen Geldautomaten, eine Tankstelle, Friseur, Fitnessstudios. Ansonsten liegt die Unterkunft allerdings etwas abseits und ein Auto ist - wie bereits oben erwähnt – hilfreich.
Jeden Morgen und am Nachmittag/Abend fährt mehrmals ein Shuttle-Bus zum und vom Krankenhaus (10 Min.).
Ich habe die Gemeinschaft im Wohnheim sehr genossen, ich bin auf sehr viele hilfsbereite Menschen gestoßen, wir haben meist zusammen Abend gegessen, sind in ein Café gegangen und haben auch viele gemeinsame Ausflüge gemacht.
Das Wohnheim ist sehr beliebt und daher manchmal ausgebucht. Man sollte die Wohnung also frühzeitig bei Ms. Umaima anmelden und ggf. auch erneut nachfragen, ob man einen Platz erhalten hat. (Ansonsten kann man sich auch an Mr. Salim wenden, er ist Koordinator im International-Office der SQU: [email protected]).
(Ein Car Rental, bei dem ich gute Erfahrungen gemacht habe: +968 7721 2013, https://maps.app.goo.gl/Cye2QEC678X2J5TV7 )
Bewerbung
Bewerbung:
Die Bewerbung lief bei mir über Ms. Umaima Aladawi bzw. über die folgende Mail-Adresse ([email protected]).
Unter https://www.squ.edu.om/medicine/-Programs/Undergraduate/Elective-Programme/Elective-Programs/Visiting-Programme findet man alle wichtigen Informationen. (Den „letter requesting clinical elective“ hatte ich von meinem Studiendekanat erhalten, der z.B. nochmal bestätigt, dass man StudentIn ist, dass das Elective ein verpflichtender Abschnitt des Studiums ist und, dass der Aufenthalt im Oman befürwortet wird.)
Visum:
Es gibt ein Studentenvisum, dies ist kostenlos und kann über Ms. Umaima beantragt werden. Mit etwas Glück bekommt man dann eine Residence-Card, mit der man auch viele Vergünstigungen im Land erhält.
Ansonsten gibt es die Möglichkeit ein eVisum über die Seite der Oman Royal Police zu beantragen. Dafür eignet sich z.B. das 26B-Visum gut, da man es online (ohne Ausreise) selbst verlängern kann (ca. 50 Euro). Die Bearbeitung dauert meist weniger als 24 Stunden. Ich habe dieses erst eine Woche vor Abflug beantragt, da man es auch nur innerhalb von 30 Tagen zur Einreise nutzen kann. Das klappte problemlos.
Administratives:
Es werden durch die Med. Fakultät der SQU maximal 8 Wochen PJ angeboten. Daher muss man das Tertial splitten. In Halle braucht man hierfür die Genehmigung des halleschen Studiendekanats (reicht schriftlich per Mail).
Die Äquivalenz-Bescheinigung vom Dekan der Med. Fakultät der SQU bekommt man problemlos. Dazu einfach zu Ms. Umaima gehen.
Außerdem braucht man für alle nicht Englisch-sprachigen Länder einen Sprachnachweis (A1 reicht bei uns in Halle aus) für das LPA. Isolierte Sprachnachweise werden von den Unis Halle, Magdeburg, Jena, Leipzig leider nicht angeboten, dafür muss man bereits mind. ein Semester Sprachkurs der Uni besucht haben. Ich habe im Vorhinein begonnen mir Arabisch „old-school“ mit Buch und CD anzueignen und dann einen Test bei einer Sprachschule in Halle gemacht.