Ich bin mit großen Erwartungen in das Wahltertial gestartet und hatte mich auf Basis der Bewertungen der Augenklinik auf dieser Website sehr gefreut. Nach Abschluss meines Tertials kann ich die Gesamtnote nur bedingt nachvollziehen und möchte allen kommenden Interessierten einen relativierenden Blick zur besseren Abwägung ermöglichen.
Erst mal grundsätzliches zum Ablauf: Zu Beginn des Tertials erhält man im besten Fall Einführungsunterlagen mit ziemlich detaillierten Angaben über die Abläufe in der Klinik (wann man zu kommen hat, welche Funktionseinheiten angeschaut werden sollten usw.). Leider habe ich zu Beginn meines Tertials diese Unterlagen nicht bekommen und musste Sie mir selbstständig mit viel nachfragen organisieren. Normalerweise erfolgt die Einführung durch den PJ-Beauftragten Dr. Wakili, dieser ist jedoch kürzlich erst Oberarzt geworden und nun im operativen Teil der Ausbildung, weshalb seine Zeit für Belange der PJler verständlicherweise eher gering ist. Meine Einführung erfolgte deshalb über einen PJ-Kollegen. Arbeitsbeginn ist um 7.30 auf Station, hier legt man morgens die Viggos für die Operationen am Tag.
Bis auf diese obligate Aufgabe des PJlers ist man ziemlich frei in der Tagesgestaltung und kann alle Bereiche der Augenklinik in der gegebenen Zeit problemlos kennenlernen. Eine (auch ausgiebige) Mittagspause war zu jedem Zeitpunkt möglich. Es gibt ein Telefon für alle PJler, hier muss man sich absprechen (z.B. jeder eine Woche, oder Abwechslung jeden Tag...). Dieses PJ-Telefon ist Fluch und Segen. Da die Augenklinik zwei Stationen besitzt, welche räumlich voneinander getrennt sind (eine Station im 2. OG, eine im Keller auf der anderen Klinikseite), erlebte ich nicht selten Tage, an denen ich von Arbeitsbeginn bis ca. 12 Uhr permanent zwischen diesen beiden Stationen (für meistens nur eine Viggo!) rotieren musste. In dieser Zeit war ein Erlernen der für Augenheilkunde so essentiellen Skills nicht möglich (und Viggos + Blutentnahmen übt man in der Inneren/Chirurgie bereits genügend).
Das Team ist sehr gut! Alle Assistenten und Fachärzte sind wirklich freundlich zu einem. Die Oberärzte sieht man ehrlicherweise ziemlich selten, wenn es aber zu einem Gespräch kommt sind diese auch sehr freundlich und erklären auch komplizierte Sachverhalte exzellent (insbesondere möchte ich hier Frau Dr. Rickmann hervorheben, welche wirklich starkes Engagement zeigte, vielen Dank dafür!). Auch die Pflege und insbesondere die MFAs in der Ambulanz sind sehr freundlich (bis auf einen Stationsdrachen, den scheint es aber in jeder Klinik zu geben). Allerdings rate ich euch einen großen Bogen um den Oberarzt Stanzel zu machen. Der ist super aufgeblasen und arrogant, bei der Art wie der mit und über Patienten spricht habe ich wirklich Fremdscham verspürt.
Die Organisation des EDV-Zuganges war in Sulzbach eine reine Katastrophe. Meine Vorgängerkohorte hatten über die Hälfte ihres Tertials keinen Zugang. Wenn man nicht selber Druck macht kommt da überhaupt nichts. Wenn man den Zugang dann endlich selbst organisiert hat, wird einem eigentlich nicht viel beigebracht (näheres dazu weiter unten), bis zum Ende konnte ich nur sehr basale Prozesse durchführen (was ich aus meinem Inneren/Chirurgie-Tertial heraus nicht kannte, hier erfolgte eine ausgiebige Einweisung in die EDV und ich konnte am Ende ohne Hilfe Arztbriefe vorschreiben). Auf das Chefarztsekretariat (als erste Anlaufstelle) kann man diesbezüglich überhaupt nicht zählen. Die DREI! Sekretärinnen sind zu jedem Zeitpunkt genervt und überhaupt nicht offen bei Problemen. Ich wurde sehr freundlich darauf hingewiesen, dass PJler (und scheinbar auch Assistenten) nicht mehr vor 15:00 Uhr für eine "Audienz" zu kommen habe. Das Abschlussgespräch mit dem Chef musste in Ermangelung eines passenderen Begriffes "erbettelt" werden. In weiser Voraussicht habe ich bereits 3 Wochen (!) vor meinem Ende versucht einen Termin zu organisieren und ich wurde ungelogen so lange versetzt und vertröstet (jedes mal mit extra lautem stöhnendem Atem aus dem Backoffice) bis ich mein Abschlussgespräch am letzten Tag nach der regulären Arbeitszeit erhalten habe. Ich frage mich ernsthaft, ob die Sekretärinnen gegenüber den Privatpatienten das selbe Verhalten wie gegenüber den PJlern an den Tag legen. Hier würde ich wirklich nur nach Ausschöpfen aller weiteren Möglichkeiten und nur für das absolut Notwendige hingehen.
Die theoretische Fortbildungen in der Augenklinik ist leider enttäuschend. Angeblich existiert eine interne Fortbildung für Assistenten donnerstags um 17:00 (da hat man als PJler aber keine Möglichkeit herauszufinden ob sie auch tatsächlich stattfindet). Ich finde diesen Sachverhalt ironisch, da die Augenklinik sich sehr um Fortbildungen für Dritte engagiert (z.B. auf YouTube oder der DMEK-Kurs). Es gibt in unregelmäßigen Abständen eine gute Fortbildung durch Dr. Wakili (jedoch immer die selbe), und das wars leider schon. Hingegen wirklich EXZELLENT sind die Fortbildungsangebote der anderen Fachabteilungen im Haus (mit Ausnahme der Chirurgie). Insbesondere möchte ich die Chefärztin der Neurologie Frau Dr. Behnke und den Chefarzt der Inneren Dr. Merloni hier nennen. Die Fortbildungen fanden regelmäßig und mit Ankündigung statt. Frau Dr. Behnke gab immer eine theoretische Fortbildung und am Folgetermin eine praktische Lehrunterweisung. Dabei wurden die Themen in genau der richtigen Tiefe behandelt, sodass aus diesen Veranstaltungen wirklich was mitgenommen wurde (kann unironisch sagen, dass ich durch Frau Dr. Behnke nun weiß wie man Parkinson praktisch diagnostizieren kann, vielen Dank dafür!). Auch die Innere Fortbildung war durchgehend sehr gut, Dr. Merloni hat sogar persönlich die (fast immer ausgefallenen) chirurgischen Themen kompensiert (es wurden dann Überschneidungsthemen besprochen). Auch die Anästhesie gibt regelmäßig Fortbildungen (die ich jedoch den neurologisch und internistischen Fortbildungen leicht unterlegen empfand). Hingegen unregelmäßig und nur auf Druck gab es auch Fortbildungen von der Radiologie und Chirurgie (wenn sie denn man stattfanden waren sie aber auch gut).
Ich möchte nun den für mich ausschlaggebenden Punkt nennen, wieso meine Erfahrung in der Augenklinik sich nicht mit den Angaben auf dieser Website überlagern. Aus meiner Sicht wächst die Augenklinik für ihr eigenes Wohl aktuell zu stark! Augenheilkunde ist schon immer ein Fach mit einem hohem Patientendurchlauf, keine Frage. Aber die Menge an Patienten, die in Sulzbach am Tag behandelt werden, kann durch das Personal nicht/gerade so getragen werden. Der Wartebereich in der Ambulanz gleicht dem Köllner Hauptbahnhof und die Arbeit erinnert stark an ein Fließband. Kontakt und Kommunikation mit den Patienten ist in diesem Setting nicht möglich. Auch wenn die Assistenten wirklich freundlich sind, haben Sie keine Zeit für eine gute Lehre. Mehrfach habe ich Arbeitsplätze verlassen, weil die Assistenten an dem Platz so stark unter Druck standen, dass meine Fragen nicht oder unzureichend beantwortet werden konnten (in Einzelfällen wurde ich sogar direkt des Zimmer verwiesen). Auch habe ich den Eindruck, dass die Assistenten an neuen Arbeitsplätzen unzureichend eingearbeitet werde. In so einer Umgebung besteht (natürlich) keine Zeit und Nutzen für einen PJler. Neben den theoretischen Fragen ist auch das praktische Erlernen von Fähigkeiten am Patient durch den Zeitdruck kaum möglich. Geheimtipp: In der Mittagspause der Assistenten kann man auf Station gut die Mittagswerte der Tensiotagesdruckprofile messen.
Von ehemaligen PJlern habe ich erfahren, dass es früher die Möglichkeit einer eigenen Kabine zum üben gab. Diese wurde gestrichen. Auch die Visyonetsprechstunde, welche angeblich durch PJler in der Vergangenheit besetzt und sogar geleitet werden durfte, war bei mir stets besetzt und man konnte maximal mitmachen. Oft wurde ich auch als Hilfskraft ins Diagnosezentrum beordert. Dort führen die MFAs die ganze apparative Diagnostik und Anamnese durch. Ironischerweise habe ich dort zumindest die praktische Durchführung der apparativen Mittel lernen können (in anderen Worten: Ich kann ein OCT anfertigen, es aber nicht lesen). Auch die zunehmenden Botengänge (Stichwort 5-FU von der Station holen) empfand ich nach einer gewissen Zeit für meinen Ausbildungsstand als unangemessen. Zuletzt gab es in meinem Zeitraum ein echtes Problem mit Famulanten. In einem bestimmten Zeitraum, angelockt durch den noch guten Ruf der Klinik, waren so viele Famulanten in der Klinik, dass ich keine freie Kabine in der Ambulanz zum üben hatte. Hier wäre eine Obergrenze für gleichzeitig tätige Famulanten und PJler hilfreich.
Fazit:
Ich glaube die Noten der Augenklinik auf dieser Website waren zu Ihrer Zeit zutreffend. Ich habe eine sehr strukturierte Klinik mit einem sehr freundlichen Team kennenlernen dürfen. Der Zuwachs an Patienten durch die Schließung der Augenkliniken in Saarbrücken und Trier belastet jedoch stark die Mitarbeiter und konsekutiv die Qualität der Lehre. Durch zu viele Patienten und hoher Arbeitsbelastung ist das Erlernen der basalen praktischen Fertigkeiten in der Augenklinik in Sulzbach nur sehr bedingt möglich. In Kombination mit einem fehlendem theoretischen Fortbildungsangebot ist der nachhaltige Lerneffekt gering und ich kann das Tertial leider nicht weiterempfehlen