Organisatorisches
Von Mitte Mai bis Anfang September 2025 habe ich mein Chirurgie-Tertial in Cluj an der Universitätsklinik absolviert.
Meine Ansprechpartnerin in Cluj war die Erasmuskoordinatorin Frau Rosu. Sie hat vorbildlich den ganzen bürokratischen Prozess um den Auslandsaufenthalt begleitet. Ich habe mich etwa ein dreiviertel Jahr vor meinem Auslandsaufenthalt bei ihr beworben.
Frau Rosu hat mir auch den Platz für das Wohnheim für internationale Medizinstudierende vermittelt. Das Wohnheim liegt direkt neben dem Gelände der Uniklinik. Im Erdgeschoss befindet sich die studentische Mensa für Medizinstudierende.
Im Wohnheim habe ich mir ein Zimmer mit zwei weiteren Studentinnen und das Badezimmer mit vier weiteren Studentinnen geteilt. Einzelzimmer werden nicht angeboten. Eine teilausgestattete Küche und eine Waschmaschine gab es in jeder Etage. Die Gemeinschafträume wurden werktags täglich gereinigt, für die Reinigung des Badzimmers und der Schlafräume war man selbstverantwortlich.
Die Miete betrug 520 Lei (etwa 100 Euro) im Monat, man konnte ohne Kündigungsfrist den Vertrag unkompliziert kündigen. Die meisten Mitbewohner waren jünger und befanden sich noch in den ersten Studienjahren. Es herrschte eine ausgelassene Stimmung im Wohnheim. Da ich eine eher ruhige Person bin, habe ich mir nach kurzer Zeit ein eigenes Apartment gemietet. Dieses hat 500 Euro pro Monat gekostet. In verschiedenen Facebookgruppen werden Studentenwohnungen und WG-Plätze angeboten. Das Wohnheim ist in Ordnung für den Preis und super, um am Anfang erste Kontakte zu knüpfen und sich in der Stadt zu orientieren.
Ich habe mittags in der Uni-Mensa gegessen. Das Essen schmeckte sehr gut, es gab täglich eine vegetarische, teilweise auch vegane Auswahl. Die Preise sind unschlagbar günstig, das Tagesmenü kostete 7 Lei (1,40 Euro). Leider ist die Mensa von August bis Oktober geschlossen.
Es werden keine rumänischen Sprachkenntnisse gefordert für den PJ-Aufenthalt. Als Willkommensgeschenk erhielt ich ein rumänisches Sprachbuch für den medizinischen Bereich. Da mein PJ hauptsächlich in den Semesterferien lag wurde leider kein Sprachkurs angeboten. Ich sprach bereits aus meinem Freiwilligendienst Rumänisch auf B2-Niveau, weshalb ich im Alltag keine Probleme mit der Kommunikation hatte. Da die medizinische Fakultät sehr international ist, konnte das gesamte ärztliche Team sehr gut Englisch sprechen, teilweise auch Deutsch und Französisch. Sobald ich etwas auf Rumänisch nicht verstanden habe, wurde es geduldig auf Englisch erklärt.
Weil die Innenstadt von Cluj nicht sehr groß ist, war ich meist zu Fuß unterwegs, es gibt aber auch Radwege und ein sehr gutes Bus- und Tramnetzwerk. Als Studentin erhielt ich eine Busfahrkarte mit der ich öffentliche Verkehrsmittel in Cluj kostenlos nutzen konnte.
Erfahrungen in der Chirurgie
Ich habe zwei Monate in der Herzchirurgie am Heart Institute verbracht und bin anschließend für zwei Monate in die Allgemeinchirurgie in die Clinica 1 rotiert. Wichtig zu erwähnen ist, dass man seine Stationskleidung selbst mitbringen soll. Die OP-Kleidung wird gestellt. Rund um das Gelände der Uniklinik gibt es verschiedene Geschäfte in denen man sich mit Dienstkleidung eindecken kann. Der Arbeitstag startete zwischen 7:45 und 8 Uhr mit der Frühbesprechung. Hier wurden die Patientenfälle des Vortags sowie die geplanten Operationen besprochen. Anschließend folgte die Visite, wobei das gesamte ärztliche Team teilnahm. In der Herzchirurgie hatte ich eine sehr enge Betreuung durch einen sehr engagierten Assistenzarzt. Ich begleitete ihn täglich bei seinen Aufgaben und assistierte beim Verbandswechsel auf der Intensivstation, beim Legen und ziehen von Drainagen. Nach einiger Zeit konnte ich auch selbstständig einige Aufgaben erledigen. Er brachte mir geduldig verschiedene Knotentechniken bei und erklärte theoretische Hintergründe. Ich durfte auch am Studentenunterricht auf Station teilnehmen. Zudem durfte ich auch Anamnesen und körperliche Untersuchungen an den Patienten üben und erhielt auch regelmäßig Rückmeldung. Während der OPs in der Herzchirurgie hatte ich meist eine beobachtende Rolle.
Besonders ist, dass im Heart Institute auch Kinder behandelt werden. Die Kinderherz-OPs waren einer meiner Highlights.
In der Allgemeinchirurgie hatte ich keine enge Betreuung, aber einen Oberarzt als feste Ansprechperson. Ich konnte täglich frei wählen ob ich bei den OPs assistieren oder beobachten möchte und welche OPs ich begleite. Das gesamte ärztliche Team hat sich immer über motivierte Studierende gefreut und gerne Studierende am OP-Tisch aufgenommen und Fragen beantwortet und OP-Schritte erklärt. Sie hatten aber auch Verständnis für Studierende die weniger Interesse an der Chirurgie haben. In der Allgemeinchirurgie waren auch viele weitere internationale Studierende die an Auslandsprogrammen teilnahmen als auch rumänische Studierende die ihre Famulatur absolvierten.
Feste Pflichten als PJlerin hatte ich nicht, da das Konzept des praktischen Jahres nicht existiert in Rumänien und die Assistenzärzte auch weniger selbstständig arbeiten im Vergleich zu Deutschland. Zudem übernimmt das Pflegepersonal Aufgaben wie Blutentnahmen und einfache Verbandswechsel. Um selbstständig Aufgaben auf Station auszufüllen benötigt man genügend Eigeninitiative. Die Arbeitstage endeten meist um 14 Uhr.
Das Heart Institute wurde neuerbaut und entspricht somit in den meisten Bereichen deutschen Standards. Das Gebäude der Allgemeinchirurgie ist deutlich älter somit waren die baulichen Gegebenheiten deutlich einfacher, beispielweise gab es keine automatische Türen oder die Klimaanlage im OP funktionierte nicht zuverlässig. Dennoch war die Professionalität des Teams immer spürbar. Die Patientensicherheit und Respekt vor den Patienten hatte immer die oberste Priorität.
Alltag und Freizeit
Cluj ist die zweitgrößte Stadt in Rumänien und besteht zu fast 1/3 aus Studierenden, davon sind auch sehr viele internationale Studierende. Insgesamt ist die Stadt sehr charmant und lebendig. In der Altstadt gibt sehr viele schöne Cafés, Restaurants und Bars. Auf den Straßen tummeln sich Studierende. Das kulturelle Angebot in Cluj ist unglaublich groß mit Ausstellungen, Vorträgen und Konzerten. Im Sommer gab es kaum ein Wochenende ohne kostenlose Kulturveranstaltungen in der Altstadt, das Opern-Festival, die ungarischen Kulturtage oder das Sport-Festival sind nur einige Beispiele. Es gibt ein aktives Erasmus student network (ESN). Sie bieten ein Buddy-System, Orientierungstage, Partys, Ausflüge und weitere Events an. Bei meiner Ankunft endete das Semester, somit gab es bereits eine sehr zusammengeschweißte Gruppe an internationalen Studierenden, während der Semesterferien gab es dann deutlich weniger Events. Leider hat sich die Gruppe oft werktags spätabends in Bars getroffen, somit konnte ich als PJ-Studentin oft nicht teilnehmen. An den Events an denen ich teilgenommen habe wurde ich sehr freundlich aufgenommen.
Bewerbung
Fazit
Mein Fazit ist, dass es eine gute Entscheidung war, das Chirurgie-Tertial des PJs in Cluj zu absolvieren und ich es wärmsten weiterempfehlen kann. Besonders beeindruckt hat mich der sehr freundliche Umgang mit den Studierenden.
Wichtig ist, sich frühzeitig mit der Verwaltung in Verbindung zu setzen und alle Dokumente abzustimmen, um Missverständnisse zu vermeiden. Außerdem sollten die bürokratischen Regeln streng eingehalten werden. Meine PJ- und Erasmusdokumente wurden erst am letzten Arbeitstag unterschrieben. Das sollte bei der PJ-Planung beachtet werden. Fachlich konnte ich viele neue Einblicke gewinnen und meine Fähigkeiten praktisch anwenden.