Die Motivation für ein Tertial am USZ kam vor allem durch zahlreiche gute Bewertungen auf dieser Seite und Erzählungen von Freunden zustande. Zusammenfassend würde ich sagen: Das gemeinsame Leben im Wohnheim und der Freizeitwert von Stadt und Umgebung sind ganz klar Pros für ein Tertial hier. Doch das Arbeiten im USZ hat mich irgendwann vor allem irgendwas zwischen gestresst und genervt.
Nach einem recht guten Start auf dem Notfall, bei dem man von chirurgischer Seite zu sechs UAs im 3-Schichten-System arbeitet (folglich 50 % der Tage frei hat), war das Ganze doch bereits nach wenigen Tagen Arbeiten komplett auserzählt. Gelernt hat man nicht wirklich was, wahrgenommen wurde man hauptsächlich, wenn man aktiv auf sich aufmerksam machte oder die Hütte brannte und man dringend gebraucht wurde. Die einzigen zwei festen Aufgaben als UA waren: erstens der Patientenerstkontakt mit Anamnese, KU und Aufnahme-/Entlassbrief vorschreiben sowie zweitens die Wundversorgung. Bei ersterem hat man dann meistens alles Weitere von den gesehenen Patienten verpasst. Mitbekommen hat man es nur, wenn man auf dem Stuhl hinter den Ärzten kampierte. Bei zweiterem hatte man Glück, wenn man irgendwas Praktisches helfen durfte und nicht nur zum Nachfüllen von NaCl auf den sterilen Tisch diente, während die Assis nähten und versorgten. Man kann sagen: absolut tagesformabhängige Lernkurve – meistens aber eher low. Viel chillen, viel rumstehen, viel sinnfrei assistieren. Bei manchen Assis durfte man alles, bei manchen nichts. Pflege und Assis waren fast ausnahmslos alle nett. Oberärzte und -ärztinnen (mit einer Ausnahme) waren UAs gegenüber in rekordverdächtigem Maße uninteressiert/gleichgültig, und selbst ein "Guten Morgen" traf eher auf taube Ohren. Man muss sagen: Für eine Rotation hier spricht mMn vor allem die viele Freizeit und ein Extralohn für jeden Nachtdienst. Fazit: Naja (in Schulnoten eine 3).
Auf der Gefäßchirurgie ähnlich. Außer "Naja" kann man nicht viel dazu sagen. Auch hier ist es meistens chillig, aber der Lernerfolg ist mau. Positiv ist: Man wird nicht im OP gebraucht, kann oft früher gehen (eigentlich ist erst 17 Uhr Feierabend), das Team und die Stimmung sind nett, und die Integration war hier von meinen drei Stationen die beste. Nervig waren hier eigentlich nur die Aufgaben: Man nimmt neue Patienten auf, arbeitet eine schier endlose Checkliste mit Fragen und Dokumenten ab, gibt die dem Stationsarzt und sieht die Patienten dann meistens nur noch bei Visite kurz. Ansonsten ist man der Dulli, der durchs Haus gescheucht wird (denn die Patienten liegen mangels fester Gefäßstation verstreut), um unzählige ABIs zu machen, Forschungszettel zu Patienten zu bringen oder von diesen zu holen – teilweise sogar nur, um ihnen eine einzige Frage zu stellen. Ansonsten aktualisiert man stupide Arztbriefe von Patienten, die man teilweise noch nie gesehen hat, oder läuft drei Stunden Visite mit. Vor allem hofft man, dass der zähe Tag irgendwann endet. Man arbeitet wenig, lernt wenig – entsprechend wenig schnell vergeht ein Tag dort. Man darf zu Herz- und Gefäß-Sonos und in den OP eigentlich immer mit. Bei den Sonos darf man teilweise auch vorschallen. Ich glaube, für Interessierte könnte das ganz cool sein. Ich hab sie jedoch meistens verpasst. Man muss schon penetrant hinterher sein, damit nicht vergessen wird, einen dazuzurufen. OP ist eher stressig, weil eigentlich jeder Eingriff ewig dauert. Wenn man am Tisch dabei ist, hängt man da fest, und in zweiter Reihe sieht man absolut nix.
Für meine herbeigesehnte (ehrlich!) letzte Rotation auf die Plastische Chirurgie habe ich kaum Worte. Das war der ganz harte Tobak an PJ-Disrespect, wie ich ihn sonst nur aus deutschen Häusern kenne. Als UA gab’s da eine Hauptaufgabe: Personalmangel kompensieren und so den OP-Plan ermöglichen. Vor allem Hakenhalte-, aber auch Aufnahme-/Entlassbriefschreibe- und Vistendokusklave... mehr war man nicht. Eingearbeitet wird man von den anderen UAs, ärztlicherseits wird eigentlich nur im OP mit einem gesprochen. Sehr oft wurdest du hier angeschnauzt. Ganz grobe Eskalationen blieben aus, aber wirklich freundlich waren sehr, sehr wenige. Die meisten waren pissig auf die Gesamtsituation, und als UA warst du halt der Weg des geringsten Widerstands für viele fiese, kleine verbale Uppercuts. Die Plastische am USZ macht unfassbar viel Verschiedenes, also sieht man schon extrem viel. Nur erklären tut man es dir halt, wenn überhaupt, nur auf Nachfrage. Leider darf man nur auf Nachfrage – und auch dann eher selten – überhaupt irgendwas im OP machen. Der zum Bersten angespannten Grundstimmung wegen hab ich mich lieber im Hintergrund gehalten. 15 Tage, und ich hab zweimal genäht, sonst Haken und Maul gehalten und dennoch sehr viel Kritik einstecken müssen. Nach dem durchzechten OP-Programm durfte man dann auf Station die Same-Day-Surgeries (SDS) für den nächsten Tag vorbereiten, alle Arztbriefe aktualisieren und dann um 17 Uhr gehen. Für SDS muss immer ein UA morgens 40 Minuten früher kommen, um den Patienten vier Fragen zu stellen und auf Herz und Lunge zu hören. Müsste ich die Rotation in drei Worten beschreiben, wäre es: witzlos, stressig und undankbar.
Zu meinem vermutlich sehr subjektiven PJ-Bericht sollte man definitiv erwähnen, dass ich bereits ein sehr unglückliches Tertial unmittelbar zuvor hatte. Sprich: Mein Drive, mich allen Widerständen zum Trotz bei den Ärzten in Erinnerung zu rufen, Skill- und Theorie-Teachings aktiv einzufordern, überschäumende Begeisterung und Eigeninitiative zu zeigen und auch in den Routinetätigkeiten einen Nutzen für meine Ausbildung zu sehen, war einfach verschwindend gering. Ich bin definitiv nicht mit Null-Bock-Attitüde zu den Diensten angetreten. Aber sobald ich auf jeder Station für sich merken musste, dass alle gewissenhafte Arbeit in nochalanter Selbstverständlichkeit, mit der UAs ihre 08/15-Arbeiten zu verrichten hatten, untergingen... da hab ich mich auch nicht mehr ums Arbeiten gerissen. Für was auch? Um noch eine ausbildungstechnisch sinnbefreite Aufgabe zu meinem Standard-UA-Aufgaben-Repertoire hinzufügen zu dürfen?
Schlauer wäre es definitiv gewesen, die Kritik dort zu äußern, wo sie hingehört. Aber über das PJ war auch mein Diskussionsbedarf über so offensichtliche Missstände in der Ausbildung dort schon aufgebraucht.
Um hier nicht ganz die Flinte ins Korn zu werfen und um etwas Versöhnliches nach all dem Negativen zu erwähnen: Das Leben im Wohnheim und in Zürich fühlt sich an wie die längste Klassenfahrt aller Zeiten. Man wohnt mit anderen UAs zusammen, die man auch auf Arbeit und in der Stadt zuhauf wiedertrifft. In der Freizeit haben wir (Sommer beschde) fast jeden Tag am See oder der Limmat gechillt, haben Wanderungen und Ausflüge unternommen, waren feiern, in Bars, haben Spiele- und Kochabende gemacht. Irgendwann kannte man fast jeden aus dem Wohnheim, und wenn man etwas unternehmen wollte, fand man immer (wirklich immer!) wen, der mitging. Der Freizeitwert von Zürich ist monumental. Ich habe viele sehr coole und nette Leute kennenlernen dürfen, die Natur und die Stadt sind außerordentlich schön, und die Schweiz lohnt sich allemal. Ich glaube, allein wegen diesem letzten Abschnitt würde ich das Tertial trotz dem massiven Downer in der Klinik wieder machen wollen. Was an Wissenszuwachs ausblieb, konnte ich zuhauf mit viel Spaß und Erinnerungen füllen.
Schweiz teuer btw. Da: Obacht.