Ich versuche mal diesen Bericht so objektiv wie möglich zu halten, auch wenn es aufgrund gewisser Enttäuschung doch schwer fällt. Ich denke ich fange diesen Bericht einfach mal mit den guten Aspekten an. Das Essen bzw. die Verpflegung im Unfallkrankenhaus ist sehr gut. Es gibt ein reichliches Frühstücksbuffet, man darf beinahe nehmen so viel man will, ohne dass jemand meckert. Ebenso beim Mittagessen bzw. Abendbrot. Immer genug, immer sehr lecker und Variantenreich. Der Kontakt zur Pflege war auch immer ausgezeichnet im Sinne von freundlich und lustig, was wohl auch an dem jungen Team auf den Stationen liegt. Zusätzlich ist die Vergütung im Vergleich zu anderen Häusern mit 300€ recht hoch.
Aber nun zu den „ärztlichen“ Tätigkeiten im Unfallkrankenhaus. Ich bin längere Zeit auf der Stationen 6 (Unfallchirurgie, Orthopädie und Sportorthopädie), 3 (septische Unfallchirurgie) und 4 Tage Notaufnahme eingeteilt gewesen, was man so von seinen Mitstudenten erfahren konnte, war es auf den anderen Stationen leider nicht viel anders. Ich bin in knapp 4 Monaten vier mal in den OP gekommen, wobei einmal nicht zählt, da ich gleich wieder hinausbeordert wurde, da ein Famulus auch gerne wollte. Das größte Manko des PJ im Unfallkrankenhaus: Studenten werden dort grundsätzlich nicht für OP´s eingeteilt, da das die dortigen Assistenten übernehmen und die gehen halt lieber selbst, als dass sie Studenten an den Tisch lassen. Somit bleibt nicht mal eine Assistenz bei Hüft- oder Knie-TEP´s. Was dort gern gesehen wird, sind Studenten, die nicht am Tisch stehen, sondern lieber weit weg an der Wand des OP Saals. So wird nichts unsteril, und man muss nicht viel erklären (bzw. ist man im Erdgeschoß bei der Patientenaufnahme oder auf Station bei der Blutentnahme gern gesehen). Was im Unfallkrankenhaus Hamburg aber in das studentische Aufgabengebiet fällt sind die stationären Aufnahmen und die Blutentnahmen. Und davon gibt es mehr als genug zu erledigen jeden Tag. Bei den Neuaufnahmen reicht es nicht, die Patienten gründlich orthopädisch/unfallchirurgisch zu untersuchen, nein man hat auch die Anamnesen en detail auswendig zu wissen. Wenn dies nicht der Fall ist, kann („wird“ ist ein deutlich besseres Wort) es in der Nachmittagsbesprechung rasch äußerst ungemütlich. Ungemütlich wird es auch, wenn der Kaffee auf der 3er Station nicht von den Studenten für die Mittagsbesprechung gekocht wird (fällt in unser Aufgabengebiet). Da kann es passieren, dass man von der septischen Oberärztin angeschrieen wird. Wer jetzt meint man wird dementsprechend eingearbeitet, irrt. Es findet keine Einarbeitung in dieser Hinsicht statt, weder was präferierte Untersuchungstechniken angeht, als auch die Wichtigkeit der Informationen aus den alten Arztbriefen (bzw. das Kaffeekochen…). Es wird erwartet dass man das kann. Und das ab Tag eins. Wenn nicht, wird es dann am Nachmittag auch mal lauter im Arztzimmer.
Mittwochs findet grundsätzlich eine Chefvisite statt, hier ist es studentische Aufgabe die jeweiligen Röntgenbilder der Patienten vorher auf den Laptop zu laden, welche dann bei der Visite von studentischer Seite präsentiert werden dürfen. Erfolgt dies nicht mit der angemessenen Geschwindigkeit (drei Patienten pro Zimmer bei 30sec Visite) wird es entweder bissig kommentiert, oder es gibt den obligatorischen bösen Blick des Chefarztes, der es auch nicht schafft Studenten auf dem Flur ein “guten Morgen“ zu erwidern (Chefarzt ist hier nicht zu verwechseln mit dem ärztlichen Direktor, welcher immer äußerst freundlich war!).
Man muss auch erwähnen, dass neben den täglichen Aufnahmen, den Diktaten, BE´s und den Streitereien mit der Stationssekretärin kaum Zeit bleibt, sich noch in den OP stehlen zu können, so man nicht um 21 Uhr nach Hause gehen möchte. Womit wir bei den täglichen Arbeitszeiten wären. Überstunden von den PeeJay´s werden nicht erfasst. Wenn man eine eigene Liste führt und auf Freizeitausgleich besteht, wird man schief angesehen. Witzigerweise haben alle Studenten gegen Ende des Tertials (auch ich) eine solche Liste recht detailliert geführt, weil es allen gereicht hat erst nach 10-11 Stunden täglich den Laden verlassen zu dürfen, ohne dass es von jemandem wahrgenommen wird. Auch wenn mal wenig zu tun war, gab es einfach nicht das OK auch mal früher gehen zu dürfen. Man durfte dann aus Sympathie seinen Stationsassistenten gegenüber genau so lange bleiben. Ich glaube so sahen die das jedenfalls…
Der PJ-Unterricht im Unfallkrankenhaus fällt regelmäßig aus, ein versprochener Naht- bzw. Gipskurs hat nicht stattgefunden.
Fazit: Es war nicht alles schlecht, aber doch übermäßig mehr als an anderen Häusern. Wenn man traumatophil/orthophil veranlagt ist, hat man jeden Tag Trauma/Ortho Visite, zwei relativ kurze Röntgenbesprechungen und ab und an mal eher traumatologisch gehaltenen Unterricht, was zum einen ja schon mal besser ist als eine internistische Visite über 4std., ähem.
Wenn man jedoch mit der Absicht ins Unfallkrankenhaus geht, etwas für „sein“ späteres Fach zu lernen und evtl. auch mal im OP was machen zu dürfen, ist man dort wirklich falsch aufgehoben. In der Hinsicht kann man nur von Boberg abraten. Man sollte sich dann wirklich ein anderes KH suchen, wo man als Student geschätzt wird, und nicht nur als billige Arbeitskraft missbraucht wird.
Man kann letztendlich wirklich nur dringend von diesem Krankenhaus abraten. Es gibt in Lübeck/Hamburg und Umgebung genug Krankenhäuser mit gleicher Expertise auf dem Fachgebiet, welche sich einfach bei der studentischen Ausbildung mehr Anstrengen und echtes Interesse am Fach auch zu würdigen wissen.