Allgemeines:
Im Spitalzentrum gibt es drei chirurgische und eine orthopädische Station. Als PJ’ler rotiert man jeweils ca. 1 Monat durch diese Stationen, sowie die Notaufnahme und ist natürlich auch viel im OP eingeteilt. Man sieht ein Spektrum verschiedener allgemein-, thorax-, gefäß- und unfallchirurgischer sowie auch orthopädischer Krankheitsbilder. Hand- und kardiochirurgische Eingriffe werden allerdings in Biel nicht durchgeführt.
Die Notaufnahme wird zwischen Chirurgen und Internisten geteilt. Es gibt 2 Schockräume, schwerkranke Patienten werden jedoch oft auch direkt ins Berner Inselspital eingeliefert, sodass man z.B. schwere Polytraumata mit massivem Transfusionsbedarf etc. nicht sieht.
Team:
Man kann sagen, dass das Klima insgesamt sehr angenehm war. Wir wurden gut und schnell ins Team aufgenommen. Die Assistenten haben sich viel Mühe gegeben und auch der Kontakt zu den Oberärzten bis hin zum Chefarzt war unkompliziert und freundlich. Besonders toll war auch, dass auf jeder Station 1x/Woche eine internistische Visite stattfand, bei der man sehr viel lernen konnte.
Kontakt Pflege:
Wir haben mit der Pflege überwiegend gute Erfahrungen gemacht: viele Pflegenden haben uns unterstützt und waren gute Ansprechpartner bei Problemen. Natürlich kam es auch zu den üblichen Differenzen zwischen Arzt und Pflege, allerdings auch nicht mehr oder weniger als man es von Deutschland her gewohnt ist. Es ist wichtig zu wissen, dass die Schweizer Pflege eine umfassendere Ausbildung durchläuft als in Deutschland und dementsprechend auch eine wesentlich höhere fachliche Stellung im Team hat.
Ansehen PJ’ler:
Man wird als PJ’ler als feste Arbeitskraft integriert. Blutentnahmen und venöse Zugänge sind dabei Aufgaben der Pflege, die man übernehmen kann, wenn man will, aber nie muss. Wir hatten an den meisten Tagen mehrere Patienten zum Aufnehmen und haben diese auch teilweise auf Station weiterbetreut. Dabei konnten wir selbst Visiten von einzelnen Patienten übernehmen, diese dann mit dem Assistenzarzt besprechen und uns danach um die Organisation der weiteren Untersuchungen/Abläufe kümmern. Da zeitweise nur 1 Assistent auf einer Doppelstation eingeteilt war, kam es auch vor, dass man als Student für eine Hälfte die komplette Stationsarbeit übernehmen durfte. Dabei waren Assistenzärzte und Oberärzte immer für Fragen ansprechbar und haben viel erklärt und in Situationen, in denen wir nicht wussten, was zu tun ist, weitergeholfen. Natürlich kam dabei auch viel Bürokratie auf uns zu, sodass wir oft bis abends im Krankenhaus waren, aber der Lerneffekt war riesig und man fühlt sich eben doch ein bisschen besser vorbereitet auf das, was einen nach dem Staatsexamen so erwartet.
Besonders gut war auch die Notaufnahme auf der man pro Tag zwischen 2-5 Patienten zum Betreuen bekommt. Dabei arbeitet man weitgehend selbständig von Anamnese über Organisatorisches bis hin zu kleineren Eingriffen (Wundversorgung, Abszessspaltung), aber natürlich immer in direkter Rücksprache mit Assistent und/oder Oberarzt, sodass man sich nie alleine gelassen fühlt. Auch hier haben wir wieder sehr viel Praktisches und auch Theoretisches gelernt.
Einzig auf der Privatstation war für einen Studenten nicht so viel zu tun, sodass man sich dort zeitweise eher etwas überflüssig gefühlt hat und auch leider nicht so viel mitnehmen konnte.
OP:
Natürlich ist man als PJ’ler auf der Chirurgie auch häufig im OP eingeteilt. Wir waren recht viele Studenten, sodass wir uns die OP‘s immer ganz gut aufteilen konnten. Im OP bekam man je nach Operateur viel erklärt und durfte auch meistens nähen. Wenn man der einzige PJ’ler ist könnte es schon sein, dass man etwas in Stress gerät alles abzudecken, in der Regel kann man auftretende Probleme dann aber auch gut mit den zuständigen Oberärzten klären.
Unterricht:
Dieser fand 2x wöchentlich statt und basierte überwiegend auf Vorträgen, die von den Studenten gestaltet und dann mit einem Oberarzt durchgesprochen wurden. Themen wurden auf einer Liste vorgeschlagen, konnten aber auch frei gewählt werden. Hierbei mussten sich die Studenten selbst um die Organisation kümmern und die Termine mit dem jeweilig verantwortlichen Oberarzt rücksprechen. Wenn zwischendurch auf Station oder im OP Zeit war, hat sich eigentlich auch dort immer jemand Zeit genommen etwas zu erklären.
Zweisprachigkeit:
Tatsächlich spricht etwa die Hälfte der Patienten primär Französisch, weshalb gewisse Grundkenntnisse der französischen Sprache durchaus von Vorteil sind. Viele sind zwar bilingual aufgewachsen, sprechen aber eben doch bevorzugt auf Französisch, sodass man mit Deutsch manchmal auf Widerstand stößt. Das Spitalzentrum bietet für Mitarbeiter kostenlose Französischkurse an, die in der Regel 1x/Woche stattfinden. Biel eignet sich daher auch besonders gut, bereits vorhandene Grundkenntnisse wieder aufzufrischen.
Freizeit:
Wer primär zum Urlaub machen nach Biel kommt, wird wahrscheinlich enttäuscht sein, da man insgesamt doch ein eher arbeitsintensives, aber eben auch sehr lehrreiches Tertial vor sich hat. Man hat relativ viele Rufdienste (=“Pickett“ - abhängig von der Anzahl der Studenten), bei uns waren es im Schnitt 1-2x pro Woche unter der Woche und alle 4 Wochen am Wochenende. Dabei musste man offiziell innerhalb einer Stunde verfügbar sein, in Wirklichkeit sah es aber meist so aus, dass man 15 Minuten vor OP gerufen wurde, sodass man sich nicht wirklich weit vom Wohnheim entfernen konnte. Wir wurden während des gesamten Tertials jeweils nur ca. 3-4x gerufen. Man sollte sich allerdings im Klaren darüber sein, dass man trotzdem in dieser Zeit keine größeren Ausflüge unternehmen kann und es in Zeiten mit wenig Studenten und im Winter, wenn der Bieler See eher nicht so zum Baden einlädt, zu einer höheren Belastung durch die Dienste kommen kann. Man hat 2 Urlaubstage/Monat was den Studientagen an den meisten deutschen Kliniken entsprechen dürfte.
Wohnheim:
Das Wohnheim ist relativ neu, geräumig, sauber und wirklich schön. Es liegt direkt neben dem Krankenhaus. Die Zimmer haben alle eine eigene Toilette und teilweise sogar eine eigene Dusche. Die Gemeinschaftsküche wird täglich geputzt und bietet auch Raum für gemütliche Kochabende mit den Mitbewohnern. Im Sommer lädt eine geräumige Dachterrasse mit Blick auf den Bieler See zum Sonnen ein.
Biel und Umgebung:
Biel hat eine nette kleine Altstadt, alle Einkaufsmöglichkeiten, die man im Alltag so braucht, einen tollen Flohmarkt, der im Sommer alle zwei Wochen stattfindet und einen schönen See der zum Baden einlädt. Nach Bern sind es ca. 30-40min mit dem Auto und es bestehen auch regelmäßige Zugverbindungen. Im Berner Oberland mit seinen tollen Wander- und Wintersportmöglichkeiten ist man in 1 -1.5 Stunden und auch die umliegenden Ortschaften und das Schweizer Jura sind durchaus einen Besuch wert.
Fazit:
Für uns war die Zeit in Biel eine anstrengende, aber eine sehr schöne und lehrreiche Zeit mit vielen netten Begegnungen, die wir in keiner Weise bereuen und auch guten Gewissens weiterempfehlen würden.
Bewerbung
Man sollte sich 1-1,5 Jahre im Vorraus bewerben. Mit etwas Glück gelingt aber auch eine kurzfristige Bewerbung.