• Vorbereitung
Gut 2 Jahre vor Praktikumsbeginn bewarb ich mich über das Chefarztsekretariat Chirurgie für ein PJ-Tertial. Damals hieß es, man solle sich frühzeitig bewerben, da es in der Schweiz wenige Stellen für PJler bzw. Unterassistenten (UHU) gäbe. Mittlerweile hat sich die Situation sehr entspannt und es sind in vielen Häusern freie Stellen zu besetzen.
Die bürokratischen Schritte werden mit sehr guter Unterstützung von der schweizer Seite her angegangen. Man bekommt immer rechtzeitig Post, wenn ein Vertrag zu unterschreiben ist. Die Anmeldung und Aufenthaltsgenehmigung bei der Stadt Zürich organisierte das Spital.
• Unterkunft
Das Spital hat ein Personalwohnheim, welches günstig (270 CHF), zweckmäßig und mit Gemeinschaftsküche/-bad/-toilette ausgestattet ist. Angeblich soll es irgendwann abgerissen werden, wann ist noch nicht klar. Danach plant man, für Unterassistenten neuere Wohnungen zu organisieren.
Ich selbst habe im Triemlispital gewohnt, da ich dachte, das Waid-Personalhaus wird bald abgerissen. Eigentlich war dort vereinbart, dass ich 290 CHF Miete pro Monat plus 50 CHF Schlussreinigung zahle. Als ich gut zwei Wochen vor Ankunft mich nochmal meldete, hieß es, ich müsse nun 430 CHF Miete zahlen, da ich nicht im Triemli arbeite, obwohl das Waidspital auch zur Stadt Zürich gehört und ich auch von Anfang an geschrieben hatte, dass ich im Waidspital arbeiten werde. Außerdem lag bei meiner Ankunft ein Zettel im Zimmer, dass die Schlussreinigung 200 CHF statt 50 CHF bei Abgabe des Zimmers in besenreinem Zustand kosten würde. Soviel zur Einhaltung von Vereinbarungen per E-Mail. Das Personalhaus im Triemli ist nicht besonders gemütlich aber zweckmäßig. Die Gemeinschaftseinrichtungen müssen immer frei von persönlichen Gegenständen sein, die Einrichtung ist also sehr kahl. Es wird täglich geputzt, sodass die Sauberkeit ok ist aber auch abhängig von den Toilettenbenutzungs-gewohnheiten der Bewohner des Stockwerks. Wenn man Glück hat, bekommt man ein Zimmer mit super Aussicht über Zürich, wenn man Pech hat, ein Zimmer mit Blick auf Baustelle und die Betonplattenbauten des Triemli, wobei in den Zimmern mit der schlechten Aussicht der Baustellenlärm ab 7 Uhr morgens noch lauter ist als in denen mit der guten Sicht. Wenn man also Kompensationstage unter der Woche hat, kann man im Triemli nicht ausschlafen. Beim Waidspital ist es schön ruhig und auch sehr grün mit toller Aussicht von der Dachterasse des Wohnheims.
Parkplätze: Es gibt eigentlich keine kostenlosen Parkplätze, man kann sich privat Parkplätze mieten, z.B. über das Krankenhaus oder Immobilien-Seiten im Internet, ab ca. 80 CHF/Monat, oder eine Karte für die blaue Zone besorgen (Infos bei der Stadt Zürich).
Ein älteres Fahrrad nach Zürich mitzunehmen ist empfehlenswert, ebenso ein sicheres Schloss (es wird gerne geklaut), am Ende kann es gewinnbringend verkauft werden ;-)
• Praktikum
Morgens um halb acht beginnt der Arbeitstag mit dem Rapport, der Morgenbesprechung. Dort werden neue Patienten vom Nachdienst vorgestellt. Anschließend gehen alle, nachdem sich kurz ein Überblick auf Station gemacht wurde, für 10 Minuten zum gemeinsamen Kaffeetrinken. Danach geht man als Unterassistent entweder gleich in den Operationssaal, um Haken bei verschiedenen Eingriffen zu halten und zu assistieren, oder auf Station, wo die Visite stattfindet. Hierbei ist es vor allem Aufgabe des Unterassistenten, bei Visite mitzuschreiben, die Visite nachzubereiten und dann die Eintritte vorzubereiten. Eintritte sind Patienten, die zu geplanten Operationen stationär aufgenommen werden. Wenn diese Patienten dann da sind, macht der Unterassistent Anamnese und körperliche Untersuchung, meldet notwendige Untersuchungen an, dokumentiert das alles im PC und stellt die Patienten schließlich dem Oberarzt vor. Danach ist um 15 Uhr Röntgenrapport, wo die Röntgenbilder des Tages besprochen werden. Anschließend wird von den Operationen des Tages berichtet und die neu eingetretenen Patienten werden kurz vom Unterassistenten vorgestellt. Danach geht man nochmal auf Station, um die Untersuchungsergebnisse der neu eingetretenen Patienten zu sichten und wiederum einzutragen. Gegen 16.30 bis 18 Uhr konnte man meistens nach Hause.
Auf Station gefiel es mir nicht so gut, weil man vor allem PC-Arbeit macht und Aufträge erfüllt. Auch motivierte Assistenten haben dort wenig Zeit, einem etwas zu erklären. Von oberärztlicher Seite wird wenig gelehrt. Klar wird einem auf Fragen geantwortet, aber eine echte Teaching-Kultur herrscht nicht und man hat auch kaum Zeit, etwas nachzuschlagen. PJ-Unterricht gab es auch nicht.
Daneben gibt es noch die Abteilungen Ambulatorium und Notfall. Im Ambulatorium kommen die Patienten ähnlich wie bei einem niedergelassenen Orthopäden zu Sprechstunden wegen beispielsweise einem Bruch zur Verlaufskontrolle. Auf dem Notfall kommen die Patienten wegen akuter Probleme, beispielsweise einem Sturz. Als Unterassistent kann man auf beiden Abteilungen wieder Anamnese und körperliche Untersuchung machen. Je nach Fall kann dies zwischen zehn Minuten und mehreren Stunden Zeit pro Patient in Anspruch nehmen.
Auf dem Notfall und dem Ambulatorium gefiel es mir sehr gut, weil ich nach einer kurzen Einarbeitungszeit viel selbstständig machen konnte und sich die PC-Arbeit im Vergleich zur Station im Rahmen hält (man ist im Notfall etwas länger am PC als am Patient). Außerdem werden auf dem Notfall neue Diagnosen gestellt und auch kleinere Eingriffe wie Nähen können vom Unterassistenten durchgeführt werden.
Ein- bis zweimal wöchentlich hat man noch Bereitschaftsdienst (Pickett), wo man von 17 Uhr bis 8 Uhr des Folgetages zum Hakenhalten in den OP gerufen werden kann. Unterassistenten werden mehrmals wöchentlich im Bereitschaftsdienst gerufen. Manche UHUs werden während ihrer Praktikumsdauer nur einzelne Male gerufen, andere müssen oft nachts in den OP, die Wahrscheinlichkeit gerufen zu werden hängt einfach von den Notfällen ab, die ungeplant kommen. Auch wenn man nachts im OP steht, arbeitet man am nächsten Tag regulär.
Außerdem ist jeden Samstag und Sonntag ein UHU auf dem Notfall eingeteilt und hat anschließend Pickett bis zum nächsten Morgen. Man ist dann von 8 bis 10 Uhr alleine auf dem Notfall, kann aber jederzeit einen Assistenzarzt, der gerade Visite im Haus macht, anrufen. Pro Wochenendtag Arbeit bekommt man einen Kompensationstag frei, welcher nach Bedarf der Klinik eingeteilt wird.
Etwa alle zwei Wochen gab es eine Fortbildung für alle Ärzte, wobei ich nicht dorthin gehen konnte, wenn ich im Notfall oder im OP war.
Zwischendurch war ich sehr enttäuscht vom Praktikum, weil wenige PJler im Haus waren, in dieser Zeit hatte ich ca. alle zwei Wochenenden Dienst bei Urlaubs-/Kompensationssperre und in den Pickettdiensten leider das Pech, öfter gerufen zu werden (-> Schlafdefizit). An den Kompensationstagen dann unter der Woche war ich allein, da ja die anderen arbeiten, und im Triemliwohnheim ist es unter der Woche ab 7 Uhr leider so laut, dass ich z.B. manchmal zum Frühstücken Ohropax benutzte, um meine Gedanken besser hören zu können.
Generell waren die meisten Menschen, besonders die Schweizer, sehr höflich und nett. Man ist als Unterassistent ins Team integriert und wird als Arbeitskraft gebraucht.
Meistens kam man zum Mittagessen, welches auch sehr lecker war. Es gibt eine reichhaltige Auswahl an liebevoll dekorierten Desserts.
• Alltag und Freizeit
Zürich ist die größte Stadt der Schweiz und hat ein vielfältiges Kulturangebot. Die Berge sind in einer guten Stunde mit dem Auto erreichbar. Der See, der Fluss und unzählige Schwimmbäder laden zum Baden ein. Für den Sommer kann ich z.B. das 4-Monats Abo für alle Schwimmbäder inkl. Hallenbäder für 100 CHF empfehlen. Neben dem hohen Arbeitspensum bleibt nicht sehr viel Zeit für Freizeitaktivitäten, wenn man dann aber mal frei hat, ist es ganz schön. Alles in Zürich kostet viel. Dem Mammon wird an einigen Ecken gehuldigt und es dreht sich viel um ihn. Man kommt mit dem Unterassistentengehalt aus, wenn man sehr sparsam ist (von der Kaufkraft her kann man sich monatlich nach Abzug von Miete noch soviel wie für ca. 150-200 Euro in Deutschland kaufen).
Die Äquivalenzbescheinigung der Uni Zürich kostet 50 CHF Gebüren.
Die hochwertigen Lebensmittel sind ihren Preis wert, ich habe nur leckere Sachen in der Schweiz bekommen.
• Fazit
Das Praktikum war ok, ich hätte mir aber mehr Lehre erhofft. Man ist vor allem Arbeitskraft, nicht Student. Das brachte den Vorteil mit sich, gut ins Team integriert zu sein und auch immer feste Aufgaben zu haben. Außerdem kann ich jetzt schon effektiver Stationsarbeit erledigen und ich habe auch gelernt, Patienten vorzustellen, was mir später als Assistent sicher nützen wird. Das Arbeitsklima war meistens gut.