Ich habe eine halbes Tertial in Montréal gemacht, und war während der kompletten Zeit mit dem Gastro-Team unterwegs. Ich fand das gut, weil ich lange gebraucht habe, um mich "reinzufinden" - außerdem war mir die doppelte Bewerbung (mit doppelter Bewerbungsgebühr von ca. 75 CAD), also für 2x4 Wochen in verschiedenen Abteilungen zu unsicher, falls man am Schluss nur für 1x4 Wochen angenommen wird. Weiß aber von vielen anderen deutschen Studenten, bei denen das genauso geklappt hat!
Es gibt am Jewish General Hospital allgemeine internistische Stationen und keine Stationen für die einzelnen Bereiche (Kardio, Gastro, Endokrino, ...) Stattdessen gibt es für jeden Bereich ein "Team on Service", meistens bestehend aus einem Oberarzt (der jede Woche wechselt = staff), einem "erfahreneren" Assistenzarzt (wechselt alle 4 Wochen = fellow), evtl. noch einem oder mehreren jüngeren Assistenzärzten (wechseln mit dem fellow alle 4 Wochen = residents) und dann gegebenenfalls Studenten, die meistens für 2 Wochen da sind. Bei mir war in den kompletten 8 Wochen kein einziger kanadischer Student da, dafür waren wir aber für 4 Wochen 2 Deutsche.
Das Team on Service wird von den Ärzten der Notaufnahme und von den Stationen angefunkt, wenn Konsile aus dem jeweiligen Fachbereich gebraucht werden. Man ist also auf keiner Station fest eingeteilt.
Der Tag begann um 8:00, je nach staff manchmal mit einer halben Stunde Journal Club und/oder teaching. In der Regel sind wir aber als erstes in die Notaufnahme gegangen, um die consults untereinander aufzuteilen, die sich am letzten Abend/über Nach ergeben haben. Am Anfang bin ich nur dem fellow hinterher gelaufen und habe für ca. 1 Woche vor allem zugeschaut. Danach macht man selber Konsile - das bedeutet, man erhebt die Anamnese (Englisch meistens vollkommen ausreichend, ein bisschen Französisch schadet nie;-)), sucht sich aus dem System und der Akte die past medical history raus (viel handschriftlich und kaum zu lesen... am Anfang der Albtraum), macht die Untersuchung und dokumentiert alles. Im Idealfall macht man auch schon den eigenen "impression and plan" für den Patienten. Im Laufe des Vormittags trifft man sich im ganzen Team dann mit dem staff, bespricht alles, geht ggf. nochmal zum Patienten und macht den festen Plan. Manchmal begleitet man diese Patienten auch in den nächsten Tagen, und macht selber "follow-ups", die quasi wie eine Art Visite sind.
Nach dem Mittagessen ab 13:00 werden G- und C-scopes, 2x/Woche ERCPs und 1x/Woche Endosonos gemacht. Je nachdem, wie viele Patienten auf dem Plan stehen, dauert das so bis 16-17 Uhr, selten länger. Während dieser Zeit schaut man entweder zu (nach 8 Wochen definitiv langweilig, weil man selber nichts machen kann) oder aber übernimmt die anfallenden Konsile, während fellow & residents scopen. Das ist interessanter, bedeutet aber, dass man bis zum Schluss warten muss, um dann die Patienten vorzustellen und zu besprechen. Das kann dann locker auch mal bis nach 18:00 dauern. Je länger die Rotation ist, desto selbstverständlicher ist es aber für`s Team, dass man die Konsile macht, während die anderen beschäftigt sind. Man wird nicht vor den anderen nach Hause geschickt. Wenn man aber was vor hat und fragt, darf man auch mal früher gehen (oder einen Tag frei haben).
Ich war erstaunt, wie wahnsinnig nett dort alle Leute sind. Sowohl Ärzte als auch Schwestern und Pfleger und auch nicht medizinisches Personal haben immer ein Lächeln auf den Lippen und geben einem das Gefühl, willkommen und geschätzt zu sein. Egal wie unvollständig und anfängermäßig mein consult und meine Patientenvorstellung manchmal war - sie haben mir genau erklärt, was warum fehlte, wie sie es gemacht hätten, und am Schluss bekam ich trotzdem immer mein "great job, thank you" zu hören. Allein das macht die Arbeit sehr angenehm.
Das Jewish General Hospital besteht aus einem alten Teil, der gerade nach und nach renoviert wird und einem neuen Teil. Die Klinik ist ziemlich groß und verwirrend gebaut, sodass man sich am Anfang nur verläuft. :D Macht nix, so entdeckt man die schönsten Arztzimmer mit Ausblick im 10. Stock. Man trägt in der Regel seine eigenen eleganten Klamotten - Turnschuhe oder Jeans trägt von den Ärzten und Studenten kein Mensch und wird auch nicht gern gesehen. Ich hatte immer einen Kittel drüber, die residents eigentlich nicht.
Fazit: Absolut weiterzuempfehlen. Auch wenn die Gebühren hoch sind, lohnt es sich wirklich und man lernt wahnsinnig viel. Wenn mal keine fellows/residents da sind und man mit dem Oberarzt alleine ist (kam in anderen Abteilungen häufiger vor als in der Gastro) ist man erst recht überfordert, aber trotzdem bleiben alle entspannt und super nett und bringen einem viel bei. Montreal ist toll, auch die Umgebung, ich würde es wieder machen!
PS: Als ich ankam wusste niemand im Team von mir und konnte mir auch nicht sagen, was ich alles beachten muss und brauche. Man braucht eine ID-Card, und einen Zugang zu ChartMaxx und OACIS, die Computersysteme, dafür muss man sich im Intranet Video-Tutorials anschauen und sich ein bisschen durch die IT-Abteilung durch telefonieren. Auf jeden Fall gleich am Anfang machen, manchmal dauert es etwas, bis das alles funktioniert!
Bewerbung
Bewerbung habe ich 7 Monate im Voraus online über das AFMC-Portal eingereicht. Auf jeden Fall frühzeitig drum kümmern um alle Dokumente beisammen zu haben! Man muss sich nicht zwangsläufig an den Rotationsblocks der kanadischen Studenten und Residents halten.