PJ-Tertial Allgemeinchirurgie in Kreisspital Muri (11/2018 bis 3/2019)
Station(en)
OP, Stationen, Notaufnahme
Einsatzbereiche
Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, Notaufnahme, Station, OP
Heimatuni
Nicht angegeben
Kommentar
Allgemein:
Muri selbst ist ein verschlafenes Dorf, dafür fand ich das Spital und die Arbeit dort umso besser. Die PJler arbeiten viel und teilweise lang, das Ansehen ist jedoch hoch und die Aufnahme ins Team fantastisch. Chirurgie hat mich vorher nicht sonderlich interessiert, aber die Zeit in Muri habe ich extrem genossen.
Rahmenbedingungen:
• Wohnheim (direkt neben dem Spital, über den Keller verbunden)
• Eigenes Telefon
• Dienstkleidung gestellt, umziehen im Wohnheim oder der KH-Umkleide möglich
• Meistens gemeinsames Mittagessen - vom Notfall aus manchmal nicht möglich (Patientenaufkommen)
• Fortbildung 1x/Woche, wird jedoch öfters vergessen. Haben uns teilweise der Zeit selbst etwas beigebracht / abgefragt oder einen Oberarzt angerufen
• Ebenfalls 1x/Woche Powerpoint-Präsentation durch die Assistenzärzte
• Gelegentlich Bürgervorlesungen oder Hausarztfortbildungen mit anschliessendem Büfett
Arbeit:
• Frühdienst 7 - ca. 17 Uhr, Spätdienst (nur auf dem Notfall) 14:00 - 22:30. Zwischendienste möglich je nach Besetzung / Krankmeldungen. Von Nachtdiensten wurde uns eher abgeraten. Wochenenddienste (nur Bereitschaft) werden aufgeteilt (ich hatte ca. sechs 48h-Dienste in 3,5 Monaten)
• PJler sind abwechselnd für Stationsarbeit, OP, Ambi und Notfall eingeteilt
• Stationsarbeit ist relativ stumpf (Briefe schreiben, Patienten untersuchen, Patienten unter Aufsicht aufklären etc.). Morgens ist man bei der Visite dabei. Da der Chef Hochdeutsch, Schweizerdeutsch, Englisch, Italienisch und Französisch spricht, kann es auch mal vorkommen, dass die Visite in all diesen Sprachen stattfindet ;)
• In den OP wird man von Station aus eingeteilt. Oft ist man den ganzen Tag dort, kommt also nach der Frühbesprechung und geht erst zum Feierabend. Spezialität der Klinik ist die Adipositaschirurgie (Magenbypässe und -Verkleinerungen), es finden aber auch Varizen-, Hand-, Schulter-, TEP- und natürlich "normale" Fraktur-Versorgungen statt. Die Operateure (einige davon Belegärzte) sind wie überall unterschiedlich gut gelaunt, im Durchschnitt jedoch deutlich freundlicher als ich es aus Deutschland kenne. Natürlich hält man meist Haken, darf jedoch überall gerne Fragen stellen. Manchmal wird nett geplaudert, und oft darf man zum Ende der OP zunähen. Während meiner Zeit dort hat jeder PJler auch mal 2-3 Stunden nach offiziellem Feierabend noch im OP gestanden, wenn ein Eingriff verschoben wurde oder länger gedauert hat. Ich habe das nie als Problem empfunden, aber man sollte wissen, dass man nicht um 16:00 nach Hause geht.
• "Ambi" hatte von uns PJlern jeder nur eine Woche. Die Arbeit ist zur Hälfte Patienten voruntersuchen für ihre bald stattfindenden OPs, zur anderen Hälfte Patientenakten anlegen und Unterlagen auf Vollständigkeit überprüfen. Kann recht langweilig werden, dafür ist man in dieser Zeit ein bisschen sein eingener Chef und der Feierabend durch die eigene Arbeitsgeschwindkeit bestimmt
• Im Notfall war ich viel, Früh- wie Spätdienst, insgesamt bestimmt 7 Wochen. Diese Arbeit fand ich am belohnendsten: man nimmt selbstständig Patienten auf, untersucht sie, legt die Notfallberichte an, meldet Labor und Untersuchungen an, befundet mit dem Assistenz- oder Oberarzt die Röntgenbilder, schallt FASTs, telefoniert mit Wohnheimen und Hausärzten... insgesamt kann man sagen, man versorgt hier teilweise wie ein Assistenzarzt Patienten von Anfang bis Ende. Die Oberärztin auf dem Notfall ist extrem erfahren und eine fantastische Mentorin.
Freizeit:
• Andere haben es schon beschrieben: in Muri ist nix los. Während meiner Zeit dort waren zwar einige Faschingsfeiern, ansonsten gibt es drei Supermärkte, ein im Winter geschlossenes Freibad... und das war's auch eigentlich schon. Mit Auto ist man recht flexibel und kann auch mal in ein Skigebiet fahren (z.B. Engelberg), per Bahn ist Reisen relativ teuer - "echte " Schweizer haben fast alle die sog. Halbtaxe, eine Art Bahncard 50
• Nach 18:00 und am Wochenende ganztags darf man die Physiotherapie-Räume nutzen. Hier gibt es Laufbänder, Fahrräder, Rudergerät, Beinpresse, Langhantelbank und Seilzüge. Für ernstes Gewichtstraining sind die Seilzüge zu schwach, ist ja alles eher zur Reha gedacht. Tipp: Kurzhanteln selbst mitbringen und die Hantelscheiben damit nutzen
• Da die Arbeitstage lang waren und ich aufgrund des guten Klimas auch gerne lang geblieben bin oder überstunden gemacht habe, hat mich das mangelnde Freizeitangebot nicht im geringsten gestört. Wir waren als PJler oft gemeinsam nach der Arbeit beim Sport, dann war es eh schon dunkel und wir haben alle nicht mehr viel gemacht.
Wohnheim:
Sehr angenehm. Eigene Küche, eigenes Bad mit Fußbodenheizung, begehbarer Kleiderschrank, riesiger Fernseher, Bose-Bluetooth-Musikbox. Kein richtiger Ofen sondern nur Mikrowellenofen. Im Gemeinschaftsraum kann man auch mal einen Film über den Beamer schauen. Massagesessel sind mit ausleihbarem Schlüssel kostenlos nutzbar. Kellerabteile je nach Verfügbarkeit, z.B. für Ski, Umzugskartons etc.
Fazit:
Wenn ich Chirurg werden wollte würde ich ohne Bedenken in Muri anfangen. So eine angenehme chirurgische Abteilung habe ich selbst noch nirgends erlebt (und auch selten davon gehört). Man verdient gut, dafür wird von einem auch ernsthafte Arbeit erwartet und man fühlt sich mehr als Arzt denn als Student. Die Oberärzte kennen einen persönlich mit Namen und bringen einem gerne etwas bei, wenn man sich interessiert zeigt. Keine morgendlichen Blutentnahmen, im Allgemeinen guter Kontakt zur Pflege. So richtig frei hat man meiner Meinung nach nur an den Wochenenden, unter der Woche ist man oft auch einfach zu geschafft. Wenn man nicht alles Gehalt auf den Kopf haut geht man am Ende mit einem moderaten Plus aus dem PJ (ca. 1.000-1.500 Euro).
Bewerbung
Bewerbung ca. 1 Jahr im Voraus an das Sekretariat der Chirurgischen Abteilung.