Ich bin wirklich zwiegespalten bzgl. meines PJ-Tertials in der Chirurgie in Reinbek. Es gab so viele positive Sachen: Der wirklich sogut wie immer fantastische Unterricht 8x (!) pro Woche (Allgemeinchirurgie, Gynäkologie, Kardio, Unfallchirurgie, Anästhesie, EKG-Kurs, Innere Medizin, Radiologie), die tolle Vernetzung aller PJler durch den regelmäßigen Unterricht, eigene Telefone und täglich gemeinsames Essen; ein eigener Spind, ein super nettes Sekretariat, durchweg freundliche Oberärzte und bis auf einige Ausnahmen nette Assistenzärzte, eine tolle Ärztelounge mit Billiardtisch, Couches und vielen Arbeitsplätzen! Diese Klinik bemüht sich so sehr um ihre PJler, dass ich allein deshalb empfehlen würde, hier ein PJ-Tertial zu machen.
Und dennoch muss ich einiges an hoffentlich nicht zu subjektiv gefärbter Kritik an meinem PJ-Tertial in der Allgemein-/Visceralchirurgie an sich äußern. Ich hatte das Glück, durch eine erfahrenere Mit-PJlerin eingearbeitet und herumgeführt zu werden, ich denke nicht, dass dies durch irgendeinen sich zuständig fühlenden Arzt passiert wäre. Es gibt auf fast allen Stationen CTAs, die von einigen PJlern scherzhaft auch als "bessere PJler" bezeichnet wurden. Die CTAs sind eine unglaubliche Unterstützung für die Ärzte, nehmen Blut ab, legen Braunülen, assistieren im OP, machen Aufnahmen, Verbände & Verbandswechsel und schreiben Arztbriefe! Dadurch, dass sie bereits eingearbeitet sind, alle Systeme kennen (iMED, kumi...) und immer ein eigenes iPad für die Visite haben, fühlt man sich anfangs als PJler unglaublich überflüssig, sitzt wenn nicht für den OP eingeteilt stundenlang auf Station rum und lernt dann eben für das Examen. Denn da die Assistenzärzte bereits Hilfe haben, war das Interesse bei vielen, einen selbst einzuarbeiten, leider gering. So hat man sich dann vieles selbst beigebracht, bei vielem haben die CTAs dann auch freundlicherweise das Einarbeiten übernommen. Irgendwann hat man dann Briefe geschrieben, in der Sprechstunde Aufnahmen gemacht, Visiten auf den iPads dokumentiert und im OP geholfen. Dennoch habe ich mich leider zumindest in der Allgemeinchirurgie bis zum Schluss nicht richtig integriert gefühlt, bei den Visiten musste man sich schon sehr einbringen, um beachtet zu werden und etwas erklärt zu bekommen, Abfragen kamen überhaupt nicht vor, im OP war die Lehre dann teilweise besser, jedoch kam ich leider zumindest hier nie zum Nähen. Vielleicht lag es daran, dass ich schon etwas resigniert hatte; mit etwas mehr Einsatz & Dreistigkeit hätte ich das Nähen evtl. durchsetzen können, aber wenn man dann hört, wie viel eine OP-Minute kostet, traut man sich als Anfänger da auch nicht unbedingt, dreist zu sein. Es kommt immer darauf an, worauf man Wert legt. Wenn man ohnehin kein großes Interesse an der Chirurgie hat oder dringend für das Examen lernen muss, wird man es vielleicht als ganz angenehm empfinden, wenn man so viel Freizeit hat. Ich war jedoch sehr froh, dass der PJ-Unterricht mich regelmäßig vor der Langeweile auf Station gerettet hat. Auch wenn ich mich bereits längst für ein anderes Fachgebiet entschieden habe, hätte ich meinen Horizont jedoch gern intensiver Richtung Allgemeinchirurgie erweitert, als es letztendlich möglich war, das meiste habe ich vermutlich im Unterricht gelernt.
Abschließend möchte ich aber noch die unglaublich tollen 4 Wochen in der ZNA hervorheben, die solltet ihr euch auf keinen Fall entgehen lassen!! Man betreut eigenständig allgemeinchirurgische, unfallchirurgische und gefäßchirurgische Patienten und bespricht alles mit dem zuständigen Arzt, hier erfolgt die beste 1:1-Betreuung und Lehre, die man sich nur wünschen kann! Man untersucht unglaublich viel, befundet Röntgenbilder, darf immer vorschallen (ich hab mir immer versucht die akuten Abdomen zu schnappen) und kann auch so viele praktisch Tätigkeiten ausführen (Kopfplatzwunden nähen, Cast-Anlage, Hämatomausräumung, Verbände, Abszesse spalten)!
Und schließlich war wider meines Erwartens auch die Zeit in der Unfallchirurgie unglaublich gut, obwohl ich wie viele wohl absolut kein Faible für dieses Fachgebiet habe. Hier wurde ich so sehr integriert, wie ich es mir auf der Allgemeinchirurgie gewünscht hätte. Das lag am super jungen, dynamischen und coolen Team! Man hatte nie den Eindruck, ausgenutzt zu werden, für alles gab es ein Dankeschön und es wurde sich entschuldigt, wenn mal nicht so viel Lehre stattfinden konnte. Aber jeder hat einem gerne & bereitwillig bei Fragen zur Seite gestanden, morgens sollte man unbedingt bei der Visite mitlaufen, man seie nicht zum Blutabnehmen da, sehr sehr toll!
Fazit: Wer ein allgemein schönes PJ-Tertial verbringen möchte, ist in Reinbek absolut richtig! Allein durch den PJ-Unterricht nimmt man unglaublich viel mit und wenn man über die Minuspunkte hinwegsehen kann, kann man auch im Chirurgie-Tertial in der ZNA und in der Unfallchirurgie eine tolle Zeit verbringen!