Meiner Meinung nach hat das PJ in der Chirurgie am Waldfriede zu Recht so gute Bewertungen.
- Allgemeines: Man rotiert jeweils 5 Wochen in die Allgemeinchirurgie, in die Handchirurgie und in die Proktologie / Darm- und Beckenbodenchirurgie. Außerdem ist es jederzeit möglich, ein paar Tage in der Radiologie, der Anästhesie und anderen Abteilungen zu verbringen. In der Notaufnahme ist ein sehr erfahrener und erklärfreudiger Chirurg fest eingesetzt, dem man in Rücksprache mit der aktuellen Station auch jederzeit zur Hand gehen kann. Dort kann man wirklich viel lernen, auch wenn es natürlich ein kleines Haus mit einem begrenzten Spektrum an Notfällen ist. Fortbildungen gibt es meiner Meinung nach zu wenig, nicht mal eine pro Woche. Die sind dann aus allen möglichen Fachrichtungen des Hauses, Qualität wechselnd und dadurch natürlich insgesamt wenig chirurgische Fortbildung.
- Organisatorisches: Die Betreuung ist wirklich gut! Am ersten Tag trifft man sich in der Personalabteilung, unterschreibt die nötigen Papiere und bekommt einen eigenen Schlüsselbund. Es gibt eine kleine Willkommens- und Infoveranstaltung mit dem PJ-Beauftragten (Prof. Büning), man bekommt den Wäschepool gezeigt und dann wird man auf die Stationen verteilt. Studientage können nach Rücksprache mit den Abteilungen selbstständig genommen werden (Sammeln war in allen 3 Abteilungen problemlos möglich). Urlaubs-/Fehltage teilt man der PJ-Beauftragten (Fr. Becker) mit. Einziger Kritikpunkt bisher war bei uns, dass es keine eigenen Telefone gibt, das soll aber in Zukunft geändert werden. Mittagessen ist kostenlos, auf der Wertmarke steht zwar offiziell Hauptgericht + Getränk, man kann sich aber mit einem kleinen Lächeln im Endeffekt alles nehmen (Nachtisch, nachmittags mal nen Kaffee oder ein Eis usw.).
- Handchirurgie: Arbeitszeit 07:45 bis 16:30 Uhr oder länger. Meine erste Rotation und ein kleiner Kulturschock, obwohl ich wirklich Spaß an der Chirurgie habe. Fachlich ist es super, man kann wirklich eine Menge lernen, vor allem wenn man handchirurgisch interessiert ist. Es wird wahnsinnig viel operiert, natürlich sehr viele kleine Eingriffe täglich. Man kann auch eigentlich jederzeit in den OP, wenn man das möchte. Oft als zweite, genauso oft aber auch als erste Assistenz, wenn man ein bisschen Geschick zeigt. Das Ganze hat natürlich auch eine Kehrseite: Die Station ist ständig (über-)voll, die Assistenzärzte (größtenteils sehr jung/neu) werden mit Arbeit und Überstunden überhäuft, kommen selten in den OP und schlussendlich kündigen viele direkt nach 6 Monaten wieder, da das Ganze vom Chef nicht mal honoriert wird. Öfter mal hat mich dann mein Gewissen dazu gebracht, auch ein paar Überstunden einzulegen, hauptsächlich um die vielen Briefe auf der Station mit zu schreiben. Das ist aber für PJler nicht zwingend nötig, die Assistenten waren aber natürlich sehr dankbar für jede Hilfe. Außerdem kann man noch mitgehen in die Sprechstunde, auch die ist meist sehr voll, aber man kann trotzdem gelegentlich mal ein bisschen untersuchen und lert OP-Indikationen kennen. Tipp zum Schluss: Lasst euch bitte auch hier nicht das Mittagessen verbieten, auch wenn die Assistenten nen Anschiss kassieren, wenn sie das einfordern/tun. Auch aus dem OP kann man sich zwischen den OPs mal kurz die Zeit nehmen, über eventuelle Kommentare kann man ruhig hinwegsehen bzw. mal eine Antwort in Richtung Arbeitsrecht / normalen zwischenmenschlichen Umgang etc. fallen lassen ;-)
- Allgemeinchirurgie: Rundum toll! Arbeitszeit 07:40 bis maximal 16:30 Uhr. Es ist ein sehr kleines und dadurch familiäres Team. Operiert wird hier die klassische Viszeralchirurgie (Gallenblasen, Blinddärme, Hernien, Schilddrüsen etc.) sowie einige unfallchirurgische Dinge (v.a. Knie und Hüfte). Natürlich ist das OP-Spektrum begrenzt, trotzdem kann man viel lernen, da alle viel und gerne erklären und man oft in den OP mit kann (Hautnaht etc. inklusive). Sonst kann man natürlich auch bei der Stationsarbeit viel lernen, hauptsächlich eine ordentliche Visite und vernünftiges Briefeschreiben (hier wird viel Wert drauf gelegt!). Außerdem kann man die Ober- und Fachärzte in ihre Sprechstunden begleiten und die Gelegenheit nutzen, Untersuchung und Indikationsstellung zu üben. Ab und zu übernimmt man nach kurzer Einarbeitung eigenständig das Aufnahmezentrum, hier kommen die Patienten ein paar Tage vor der eigentlichen Aufnahme, man erhebt nochmals Vorerkrankungen, Medikamente, schaut ob alle Aufklärungen vorhanden sind und schickt die Patienten noch zur Anästhesie-Prämedikation. Nachmittags findet dann nochmal eine gemeinsame Besprechung der geplanten OPs für den nächsten Tag statt, sodass der Tag gemeinsam beendet wird.
- Proktologie / Darm- und Beckenbodenchirurgie: Noch eine tolle Abteilung! Arbeitszeit 07:30 bis eher 17:00 Uhr. Hier findet man noch ein motiviertes, junges, erklärfreudiges Team. Es geht morgens los mit der Frühbesprechung, dann entscheidet der Chef täglich kurzfirstig, wer mitgeht in den OP. Entweder geht man also in den OP: Hier gibt es ein breites Spektrum an Darm-OPs (meist 2. Assistenz) und viele kleine proktologische Eingriffe (oft 1. Assistenz). Man darf je nach Geschick viel machen, auch mal nähen oder bei den proktologischen Eingriffen ein bisschen selbst Hand anlegen. Alternativ verbringt man den Tag auf der Station (Visite, Briefe, Untersuchungen im sog. Enddarmlabor, Sprechstunde mit den Oberärzten etc.) oder im Aufnahmezentrum (oft 2 Tage pro Woche). Man kann natürlich grundlegende Präferenzen äußern, im Endeffekt wird man aber wirklich als Teil des Teams behandelt und ist somit auch mal für alle Tätigkeiten zuständig (das wird aber auch entsprechend wertgeschätzt). Tägliches Mittagessen ist hier wie in der Allgemeinchirurgie eine Selbstverständlichkeit. Feierabend ist nach der gemeinsamen Nachmittagsbesprechung, die kann aber durchaus manchmal erst um 17 Uhr sein.
Insgesamt ist es ein wirklich schönes Tertial. Dadurch dass das Haus insgesamt klein ist, kennt man schnell die meisten Gesichter und auch die anderen Mitarbeiter wissen, wohin man gehört. Fachlich natürlich nicht das Spektrum einer Uniklinik, dafür zeigen alle viel Engagement, Freundlichkeit und Erklärfreudigkeit. Man kann fachlich und menschlich eine Menge mitnehmen und bekommt bei ein wenig Eigeninitiative auch viel Wertschätzung entgegengebraacht - so macht die Arbeit wirklich Spaß! Vielen Dank an alle!!
Bewerbung
Über das PJ-Portal. Plätze sind knapp, ich habe in letzter Minute noch einen bekommen.