Notaufnahme, Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, Station, Diagnostik, OP
Heimatuni
Heidelberg - Fakultaet Heidelberg
Kommentar
Beim Mitchells Plain Hospital handelt es sich um das ehemalige GF Jooste Hospital, das im Zuge eines Umzugs in ein neues Gebäude in "Mitchells Plain Hospital" umbenannt wurde. Es liegt etwa 30 Auto-Minuten entfernt vom Stadtzentrum im westlichen Teil Kapstadts am Rande der riesigen Township Mitchells Plain. Das Einzugsgebiet ist hauptsächlich Mitchells Plain und umfasst etwa 700.000 Menschen. Mit ca. 4500 Patienten pro Monat ist die Notaufnahme eine der am häufigsten konsultierten der Metropole.
Tätigkeitsspektrum:
Gerade zu Beginn hilft es, sich für jeden Tag der Woche einem bestimmten Tätigkeitsfeld zuteilen zu lassen. Zur Auswahl stehen:
- die Stationen (males oder females), wo man elektive OP-Patienten aufnimmt, Blut abnimmt, Visite mitmacht etc.
- OP, einwaschen ist in der Regel möglich und man wird bei knapper Besetzung sogar darum gebeten
- Day Theatre (kleiner OP), wo man zu zweit mit einem Arzt kleine Eingriffe vornehmen kann
- Endoskopie, wo man ÖGDs und Koloskopien sehen kann
- Clinics (Sprechstunde), wo man zusammen mit einem Arzt Patienten sieht
- On Call, wo man den Dienstärzten mit neuen Patienten und bei Prozeduren hilft
Theoretischer Unterricht findet im Rahmen der Visiten statt, die zweimal täglich stattfinden. Gelegentlich (ca. 1x/Woche) kommen auch Professoren für Lehrvisiten zu Besuch. Wenn man sich interessiert gibt, sind viele der Ärzte fast jederzeit bereit, Themen zu diskutieren oder bei praktischen Tätigkeiten anzuleiten.
Pro:
Dadurch, dass zu meiner Zeit am Mitchells Plain Hospital nicht viele PJ-ler waren, gab es keine große Gruppe von Studierenden und ich wurde sehr schnell ins Ärzte-Team integriert. Die fachliche Betreuung war ausgezeichnet, selten habe ich in so kurzer Zeit so viel Interessantes lernen dürfen. Mir wurden auch Aufgaben wie das Ziehen von Thoraxdrainagen, das Zunähen im OP oder das Biopsieren von verdächtigen Knoten in der Brustsprechstunde übertragen. Meine persönlichen Highlights waren das eigenständige Herausoperieren einer Kugel unter lokaler Betäubung sowie meine erste "eigene" OP als erster Operateur bei einer Lipom-Entfernung im "Day Theatre". Die Arbeitszeit war planmäßig von 7:30 bis etwa 16 Uhr. Nachtdienste werden empfohlen, um mehr zu sehen und machen zu können, ich habe einen gemacht. Ausflüge in andere Fachrichtungen (in diesem Krankenhaus ist die Notaufnahme mit den vielen Trauma-Patienten sehr verlockend) sind problemlos möglich. Die Atmosphäre im Team war sehr positiv und wertschätzend. Freitags gibt es ein gemeinsames Frühstück, mit der gesamten Abteilung, bei dem jeder kurz berichtet, was in der Woche gut oder schlecht gelaufen ist.
Contra:
Die größte Herausforderung im Alltag waren die Besonderheiten der Patienten-Klientel in diesem Township Krankenhaus. Nicht jeder Patient spricht Englisch, man trägt bei Patientenkontakt aufgrund der hohen Prävalenz von Tuberkulose meist die zum Glück stets verfügbaren FFP2-Masken, und von Nadelstichverletzungen geht eine größere Gefahr aus als in Deutschland. Darüber hinaus geht die Lage des Krankenhauses am Rande einer sehr unsicheren Gegend mit einigen Sicherheitsvorkehrungen einher, an die man sich gewöhnen muss (Auto beim Fahren immer abschließen, fahren bei Dunkelheit vermeiden, nichts im geparkten Auto lassen etc.). Auch das Pendeln (in meinem Fall 30 min Autofahrt morgens und nachmittags) ist nicht allzu komfortabel, in Mitchells Plain sollte man als Tourist jedoch auf keinen Fall wohnen. Bitte unbedingt darauf achten, dass man in einer guten, also halbwegs sicheren Gegend wohnt (vorher informieren, empfehlenswert sind z.B. Woodstock oder Observatory). Ein Mietwagen lohnt sich (habe beim ADAC über Hertz gebucht und etwa 600€ gezahlt), Uber fährt nur für viel Geld bis nach Mitchells Plain. Im Krankenhaus habe ich mich aufgrund der omnipräsenten Sicherheits-Mitarbeiter stets sicher gefühlt.
Fazit:
Wer es finanzieren kann und vor dem Kontakt mit der harten Realität in einer Kapstadts größter Townships nicht zurückschreckt, dem kann ich das Mitchells Plain Hospital wärmstens empfehlen. Man muss sich über die angespannte Sicherheitslage ebenso im Klaren sein wie darüber, dass man aufgrund der engeren Einbindung ins Ärzte-Team vermutlich weniger vom Strand sieht, als PJ-ler an größeren Häusern im Stadtzentrum. Dafür lernt man sehr viel über Basisversorgung, kann mit anpacken und sieht unzählige spannende Fälle.
Bewerbung
Bewerbung läuft über die University of Cape Town, am besten mehr als 1 Jahr im Voraus.