Ich habe mich in erster Linie für ein Tertial am Stadtspital Triemli entschieden, da ich mir unbedingt die Schweiz einmal angucken wollte. Speziell Zürich ist wunderschön und aufgrund seiner zentralen Lage gut geeignet, um von hier aus diverse Touren durch das Land zu machen. Wir hatten Glück, dass wir am Anfang des Tertials bei Sonnenschein noch in den Züricher See springen konnten. Im Verlauf waren wir viel in diversen traumhaft schönen Bergen wandern und im Winter Skifahren und Rodeln. Die Schweiz hat einfach eine unglaubliche Lebensqualität und die Schweizer sind super freundlich!
Das Stadtspital Triemli ist ein sehr modernes Krankenhaus - eines, in dem man später nur zu gerne arbeiten würde. Alles läuft super unkompliziert über den Badge (Ausweis), mit dem man nicht nur in den Fahrstuhl kommt, sondern auch durch die Katakomben (sehr vorteilhaft im Winter). Er dient diversen weiteren Zwecken, was ich als echten Luxus wertgeschätzt habe. Sehr positiv hervorzuheben ist außerdem die Mensa. Klar, die Schweiz ist sehr teuer (und man gerät oft an seine finanziellen Grenzen), allerdings lohnt sich hier immer ein Besuch: Das Essen ist super lecker, sehr frisch und die Mitarbeiter durchweg freundlich und spendabel bei der Essensvergabe.
Die Chirurgie hat eine ziemliche große Abteilung. Dabei rotiert man im Verlauf des Tertials durch viele Bereiche, was mir persönlich von der Idee ganz gut gefallen hat. Jeder PJler bekommt seinen eigenen Zugang für die Computersysteme, sein eigenes Telefon, sowie einen eigenen Dienstplan - der PJ-Beauftragte Dr. H. ist übrigens ein super freundlicher und hilfsbereiter Ansprechpartner.
Insgesamt muss ich aber leider sagen, dass von der Ausbildung her, das Tertial nicht sehr lehrreich war. Wie immer hing dabei natürlich vieles vom entsprechenden AA ab, mit dem man auf Station oder der Notfaufnahme war. Alles in allem dient man trotz für deutsche Verhältnisse üppigen Gehalts als billige Arbeitskraft. So ist man beispielsweise eine Woche im "APZ" eingeteilt, wo man SekretärIn mäßig die OP-Besprechungen der nächsten Tage vorbereitet. Auf Station wartet man auf einen Anruf aus dem OP, dass man nun kommen dürfe, oder man langweilt sich zu Tode. Im OP selbst wird sehr selten etwas erklärt und der Umgangston ist - wie man ihn eben leider aus der Chirurgie kennt - oftmals harsch und ignorant ("Das ist eben so in der Chirurgie" ...) - Ausnahmen bestätigen die traurige Regel. Hierbei ist aber wohl anzuerkennen, dass der Umgangston insgesamt noch deutlich besser ist als in Deutschland, speziell die OP-Assistenten sind nicht ganz so grausam wie bei uns.
In der Notaufnahme gilt kein Erstkontakt für Studenten, was uns Pjlern bzw. UHUs ("Unterhunden") die sehr undankbare Aufgabe der Aufnahmen ("Hör nochmal auf's Herz", "Frag nochmal nach den Medikamenten") überlässt. Selbst zum Nähen kleiner Wunden wird man eher selten als regelmässig gerufen. Dennoch lernt man in der Notaufnahme wohl noch am meisten. Weitere Rotationen sind dann in die Herzchirurgie (=Haken halten, EKGs schreiben, bis man selbst eins braucht) und Urologie (=APZ Arbeit, aber sehr nettes Team).
Etwas schade fand ich außerdem, dass es keinen gesonderten Studentenunterricht gab, was sich bei manchmal bis zu 15-20 PJlern gelohnt hätte. In die Fortbildungen der AA soll/darf/kann man aber immer gehen.
Für uns UHUs sehr ärgerlich sind natürlich auch die Pikettdienste (=Rufbereitschaft von 16:30 bis 08:00 Uhr am nächsten Tag) für immerhin 50 CHF (unabhängig davon, ob man gerufen wird oder nicht). Ansonsten ist man als UHU auf der Notfallstation im normalen Schichtdienst eingebunden und so muss jeder auch Nachtdienste und in der Regel ein Wochenende pro Monat arbeiten. Die Arbeitsbelastung ist also vergleichsweise hoch, wobei dennoch durch Ausgleichstage genug Zeit für's Erkunden bleibt.
Ich kann das Stadtspital Triemli nicht uneingeschränkt empfehlen, insbesondere für diejenigen die in der Chirurgie etwas lernen, geschweigedenn Chirurg werden wollen. Ich persönlich allerdings war aufgrund der Rahmenbedingungen, weniger wegen der Ausbildung, sehr froh, hier mein Tertial absolviert zu haben. Die Zimmer und das Wohnheim sind entgegen vieler anderer Berichte absolut in Ordnung. Es läuft zwar die ein oder andere schräge Omi umher und die Dusch- und Toilettenkabinen in einem gemeinsamen großen Bad pro Stockwerk sind gewöhnungsbedürftig, aber für 310 CHF ist das ein absolutes Schnäppchen! Luxus darf man hier keinen erwarten, aber ich habe mich immer wohlgefühlt. Außerdem wohnt man mit vielen anderen UHUs zusammen, sodass man hier auch als Alleinreisender schnell Anschluss findet und viele schöne Abende zusammen erleben kann. Unter der Prämisse, mit der ich hier angefangen habe, war es ein sehr schönes und erlebnisreiches Tertial.
P.S. ein paar kleine Tipps:
- wenn man sein ganzes Tertial in der Schweiz macht, muss man sich dort melden (100 CHF) und ein schweizer Bankkonto für die Gehaltsüberweisung eröffnen
- wer nur 8 Wochen da ist, muss sich nicht melden (muss allerdings für das Eröffnen eines Kontos z.B. bei der postfinance ohne Meldung 25 CHF/Monat zahlen)
- alternativ kann man das Gehalt am Ende des Monats bar abholen
- holt euch im Winter eine Monatskarte für ca. 80 CHF - es lohnt sich
- man kann aufgrund des niedrigen Gehaltes eine "Kultur Legi" beantragen, mit der man vieles günstiger bekommt, u.a. Lebensmittel im Caritas
- im Wohnheim ist die Küchenausstattung sehr bedürftig: je nach Stockwerk fehlt es hier und da an Kochutensilien (die bei den Lebensmittel- und vor allem Restaurantkosten aber dringend zum Kochen benötigt werden)
Bewerbung
Zürich und die Schweiz sind sehr beliebt, sodass man sich frühzeitig bewerben sollte. Bei mir waren es ca. 2 Jahre im Voraus.