Kurz: Geht nicht hierhin. Vermeidet es. Ich bin mir sicher, dass die positiven Berichte hier von Ärzten geschrieben wurden, um wieder (mehr) Unterassistenten anzulocken (ich bin darauf reingefallen). Es arbeiten schon praktisch keine Schweizer Studenten mehr hier. Die wissen warum.
Entsprechend hatten wir einen spürbaren "Mangel" an Unterassistenten.
1. Das Gehalt ist, für Zürich, ein schlechter Witz. Ihr werdet, auch im Vergleich zu Deutschland, ordentlich draufzahlen.
Besonders dreist ist es in Verbindung mit der Art und Weise, wie die Personalzimmer in der Vogelsangstraße vermietet werden.
Ein Zimmer kostet dort pro Monat 650 CHF. Allerdings kann man die Zimmer stets nur ab dem 1. und dem 16. eines Monats mieten, was dann netterweise dazu führt, dass bei den meisten noch mindestens eine halbe Monatsmiete mehr obendrauf kommt, als man dort wirklich bleibt. Hinzu kommen 100 CHF "Reinigungspauschale". Im Endeffekt zahlt man also über 800 CHF pro Monat für ein Zimmer in einem Studentenwohnheim. Die paar Franken, die monatlich übrig bleiben. reichen natürlich nicht zum Leben; ihr macht euch keine Vorstellungen, wie teuer diese Stadt ist. Ein Straßenbahnticket kostet 4,40 CHF. Es ist alles doppelt- bis dreimal so teuer wie bei uns. Da ein Unterhalt von euren Eltern, BAföG, Raten eines kontinuierlich ausbezahlten Studienkredits usw. hier einfach deutlich weniger wert sind kann es gut vorkommen, dass ihr an eure Ersparnisse gehen müsst.
Aufgrund der Pickettdienste (nächster Punkt) ist das Wohnen in der Vogelsangstraße übrigens auch quasi Pflicht. Schon sehr praktisch, dass man sich das Geld, das man leidigerweise an die Unterassistenten zahlen muss, so direkt wieder reinholt.
Auf der Plusseite ist das Wohnheim sehr modern, frisch renoviert und bietet eine nette Atmosphäre.
2. 24h-Bereitschaftsdienst, von Samstagmorgen bis Sonntagmorgen, ohne Ausgleichstag? Willkommen in Zürich! Man saß ja nur fast das gesamte Wochenende wartend in seinem Zimmerchen im benachbarten Wohnheim, ohne die Möglichkeit, am Freitag- oder Samstagabend etwas zu unternehmen. Man kann theoretisch nicht einmal einkaufen gehen in der Zeit, weil man eigentlich innerhalb von 30min umgezogen in der Notaufnahme sein muss.
3. Die Atmosphäre ist ambivalent, die meisten Assistenzärzte sind tatsächlich sehr nett (auch wenn unter den Ärzten die Schweizer eine Minderheit bilden). Das Pflege- und Verwaltungspersonal (größtenteils Schweizer) ist allerdings in der Regel sehr freundlich und sehr zuvorkommendend, was im Vergleich zu Deutschland sehr positiv auffällt. Für die Oberärzte ist man leider meistens entweder nur Luft (wenn es gut läuft) oder, wenn man Pech hat, auch mal der Blitzableiter. Mit herrischem, arrogantem und manchmal geradezu cholerischem Verhalten negativ aufgefallen sind mir übrigens vor allem die deutschen Oberärzte...ich kann inzwischen sehr gut verstehen, warum Deutsche in der Schweiz so unbeliebt sind (davon bekommt man übrigens wiederum eigentlich gar nichts mit : Die Schweizer sind sehr umgänglich und hilfsbereit, und wenn man selbst entsprechend höflich auftritt bekommt man das auch zurück).
4. Die Tätigkeit ist stumpf und man lernt fast nichts. Man kann sich das nicht wie das PJ in Deutschland vorstellen, wo man die Ärzte bei allem irgendwie begleitet und sich so wenigstens ein Bild davon machen kann, was auf Station so läuft. Man hat hier in der Schweiz eine klar definierte Aufgabe: Die Aufnahmen machen und die damit verbundenen bürokratischen Tätigkeiten übernehmen. Punkt. Ihr bekommt danach so gut wie gar nicht mehr mit, wie es mit den Patienten weitergeht. Euch wird auch nichts bzw. sehr wenig erklärt, was man den (größtenteils eben auch überlasteten) Assistenten auch nicht zum Vorwurf machen kann. Das System ist einfach nicht darauf ausgelegt, euch etwas beizubringen, sondern euch auszunutzen, und das für einen Bruchteil des Gehaltes, das eine Verwaltungskraft in der Schweiz verdienen würde.
Im OP steht man meistens ebenfalls nur daneben und schaut zu. Auf erklärende Kommentare von Chirurgen wartet man hier vergebens.
In Zürich lernt man übrigens erst auf Facharzt-/Oberarztebene das Operieren. Selbst die Assistenzärzte machen im OP nichts oder fast nichts.
Fazit: Nichts gelernt, übermäßig viel gearbeitet, finanzielles Minusgeschäft, selbst im Vergleich zur schlechten PJ-Aufwandsentschädigung in Deutschland.