PJ-Tertial Chirurgie in Staedtisches Klinikum Neunkirchen (11/2019 bis 3/2020)

Station(en)
Gefäßchirurgie, Allgemeinchirurgie, Unfallchirurgie
Einsatzbereiche
Station, Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, Diagnostik, Notaufnahme, OP
Heimatuni
Saarbruecken
Kommentar
Das PJ-Tertial der Chirurgie in Neunkirchen fängt gut an. Zusammen mit den PJ-lern der anderen Abteilungen bekommt man vom ärztlichen Direktor, von der PJ-Koordinatorin etc eine herzliche Begrüßungsveranstaltung, das Ganze bei Kaffee und späterem Mittagessen. Eine Hausführung, in der man auch die Wäscherei, das PJ-Dienstzimmer, die Cafeteria, das Labor und noch weitere nützliche Dinge gezeigt bekommt, stehen auch auf dem Programm. Dann gibt es noch eine Hygiene-Einweisung, man regelt ein paar organisatorische Dinge, bekommt sein Diensttelefon und man kann dann um 15 Uhr gut gelaunt nach Hause gehen, weil man den Eindruck bekommen hat, dass in Neunkirchen alles herzlich und organisiert bzgl PJ-ler (wie vom PJ-Beauftragten versprochen) abläuft.
Das verfliegt aber leider schon am nächsten Tag, weil wir nach Ankunft auf der Station nicht wirklich das Gefühl hatten, dass man auf uns vorbereitet war. Man bekommt am Vortag noch gesagt, wo man sich melden soll, bei uns Chirurgen war das deren Frühbesprechung. Danach wird man zur Sekretärin des allgemeinchirurgischen Chefarztes geschickt, wo man erst mal auf jenen warten musste. Als er dann kam, wurde man erst mal gefragt, was man denn später für eine Fachrichtung machen will. Dann wurde man je zu zweit auf eine Station eingeteilt. In Neunkirchen gibt es eine Gefäßchirurgie, eine Allgemein/Viszeralchirurgie und eine Unfallchirurgie/Orthopädie. Ich werde nun ein paar Punkte fächerübergreifend bewerten:

Verhältnis zu den Ärzten: Grundsätzlich gut. Man wird freundlich empfangen und man unterhält sich auf Augenhöhe mit einem. Sogar mit manchen Oberärzten ist man per du und auch mit den Chefärzten läuft es meistens unproblematisch ab. Wenn man Fragen stellt, bekommt man meistens eine gute Antwort darauf, leider ist es allerdings so, dass die Ärzte von sich aus fast kein Teaching machen, bis auf wenige Ausnahmen (danke an dieser Stelle an den Kollegen von der Allgemeinchirurgie!). Auch während Visite steht man meistens nur hinten dran, das hängt von der Abteilung ab, wie viel Aufmerksamkeit man bekommt, oftmals leider zu wenig. Grundsätzlich kann man sagen: Je weniger Leute bei Visite anwesend waren, desto mehr konnte man lernen. Wenn man wirklich integriert werden will und teaching bekommen will, muss man wohl penetrant nerven, dann kann ich mir vorstellen, dass man richtig viel mitnimmt. Ich muss fairerweise sagen, dass ich jetzt nicht der größte Fan der Chirurgie bin, deshalb will ich nicht alles auf die Ärzte schieben, wenn hier und da mal das Teaching zu kurz kam. Mit einer Assistenzärztin gab es leider im Laufe der Rotation ziemliche zwischenmenschliche Schwierigkeiten, wo es auch ins Persönliche ging, das hat mir ziemlich die Stimmung verhagelt, auch wenn am Ende die Wogen wieder halbwegs geglättet wurden (Anlass: wir haben einmal nicht schnell genug Blut abgenommen, weil wir beide im OP waren).
Bezüglich Fehlzeiten war man kulant. Arbeitszeiten waren je nach Abteilung, morgens ging es meistens zwischen 7 und 7:30 Uhr los, heimgehen konnte man zwischen 15:30 Uhr und 16 Uhr, manchmal auch schon deutlich früher.
Man konnte auch mal auf die interventionelle Radiologie rotieren. Der Chefarzt dort ist sehr freundlich und erklärt auch gerne, ist aber eher von der strengen Sorte. Auch wenn man nicht viel machen kann, lohnt es sich sehr, hier mal eine Woche hinzurotieren.

Aufgaben auf Station: Viggos legen, Blutentnahmen machen (von 1 bis 18 war alles dabei), Arztbriefe schreiben, sonstige Hilfstätigkeiten. Arg viel mehr wars leider nicht. Man ist oft lange mit Blutentnahmen beschäftigt und wenn die fertig sind, soll man Arztbriefe schreiben oder man wird in den OP gerufen. Die Tendenz, als Hilfskraft für unliebsame Aufgaben ausgenutzt zu werden, war leider abteilungsübergreifend vorhanden. Interessante Untersuchungen oder Befunde fanden oft ohne Pjler statt, da man einfach nicht drauf hingewiesen wurde. Früher heim gehen war immer möglich, man wurde oft früher heimgeschickt, wenn nichts mehr los war, hat niemanden gestört.

Kontakt zur Pflege: Größtenteils gut. Mit manchen kann man richtig nett reden, andere sind sehr wortkarg und melden sich erst dann, wenn ne Viggo zu legen ist oder man irgendwas falsch gemacht hat. In der Gefäßchirurgie hatten wir kaum Probleme mit der Pflege, auf der Allgemeinchirurgie und Unfallchirurgie (beide auf dem 4. Stock) wurde es jedoch gegen Ende immer schlimmer. Die betreffenden Schwestern sind kein unbeschriebenes Blatt. Zum Glück waren es nur wenige, die sich daneben benahmen.

Im OP: Man war sowohl erste als auch zweite Assistenz, selten stand man auch mal unsteril daneben. Die Ärzte sind den Pjler grundsätzlich wohlgesonnen, von sich aus wird aber eher wenig erklärt, wenn man Interesse zeigt, bekommt man mehr erklärt. Penetrantes Ausfragen seitens der Ärzte bleibt zum Glück aus. Auch das sonstige OP-Personal ist ganz nett, aber der Ton kann schon mal rauer werden und es wird penibel auf die Hygiene-Regeln geachtet. Ab und zu fielen auch grenzwertige Sprüche, aber im Vergleich zu anderswo war es echt im Rahmen.
Hauptaufgabe war Hakenhalten und Absaugen. Lediglich in der Unfallchirurgie wird erwartet, dass man Einzelknöpfe nähen kann, der Chef drückt einem einfach den Nadelhalter in die Hand und los geht’s. Tackern durfte man auch, ebenso wie anatomische Punkte an der Schulter aufmalen. In den anderen Fachabteilungen konnte man auch nähen, aber nur auf Nachfrage, gerne auch mal eine Donati. Stimmung im OP war seitens der Ärzte gut und es wurde auch mal über andere Themen geredet, v.a. In der Unfallchirurgie, hier ging es auch mal über Bundesliga, Bachelor, DSDS, über Wendler, wenn der gerade aus den Boxen zu hören war... In der Allgemeinchirurgie durfte man die Kamera bei laparoskopischen Eingriffen bedienen, hier erfolgte aber leider nur eine sehr kurze Einweisung vom Oberarzt. Dieser wurde dann etwas unwirsch, wenn mans dann nicht richtig gemacht hat... War aber nicht böse gemeint, ist wohl seine Art. Die gefäßchirurgischen Ops (Bypässe und Varizen-OPs meistens) gingen oft lange, hier wechselt die Stimmung je nach aktuellem OP-Verlauf. Allgemeinchirurgische Ops waren oft relativ kurz (laparoskopische Galle, Sigmaresektion, Leisten-OPs etc), die unfallchirurgischen waren die anstrengendsten (seehr viele Knie- und Hüft-TEPs, ab und zu auch inverse Schulterprothesen und Arthroskopien).
Es gibt noch einen unfallchirurgischen Belegarzt, der ebenfalls sehr nett zu Studenten ist, oftmals ist man einzige Assistenz, weswegen man auch mal was erklärt bekommt.

Generelles zum PJ in Neunkirchen: Ob eine Unterkunft gestellt wird und wenn ja für wieviel weiß ich nicht. Man bekommt aber ganze 600 Euro und man kann sich in Diensten (Viggos und Blutabnehmen, eventuell OP-Assistenz) 160 Euro unter der Woche und 240 am Wochenende dazuverdienen, außerdem bekommt man dann den nächsten Tag frei. Sehr lukrativ für Studenten, man kann theoretisch bis zu 1500 Netto (!) insgesamt verdienen! Aber: Während die Dienste unter der Woche meistens (nicht immer) erträglich sind (ab 23 Uhr hat man seine Ruhe), sind sie am Wochenende fast immer die Hölle, man rennt wirklich die ganze Zeit von Zimmer zu Zimmer (hab einmal was von 70 Blutentnahmen und 40 Viggos gehört an einem Tag...). Muss also jeder selber wissen, ob er das machen will. Man bekommt als Pjler einen Zugang zum SAP (Patientensoftware) und man bekommt auch ein Telefon, was sehr praktisch ist, aber man wird halt dann auch öfters mal für Blutentnahmen und Viggos angerufen. Spinde gab es, wir haben uns aber lieber im Arztzimmer umgezogen, das war kein Problem. Einmal wurde ein Spind aufgebrochen... Kleidung wurde gestellt, Nachschub zu organisieren war aber ab und an problematisch.
Essen gab es auch umsonst, man konnte zwischen mehreren Gerichten wählen, meistens hat es ganz gut geschmeckt, nur die Portionen waren etwas klein. Essen war immer möglich, manchmal halt etwas später, weil man noch im OP war. PJ Unterricht gab es mehrmals die Woche: Montags EKG-Kurs (war ganz ok), mittwochs unterschiedliche Themen (gut war alles Chirurgische, Innere, Neuro und Uro), freitags U-Kurs mit dem Chefarzt der Inneren, wo man wirklich tolle Dinge bzgl körperlicher Untersuchung ohne technische Hilfsmittel lernen kann. Sehr empfehlenswert!

Neunkirchen selber hat nicht viel zu bieten, aber Saarbrücken und Homburg sind sowohl mit den Öffentliche als auch mit dem Auto gut zu erreichen. Parken am Klinikum ist kein Problem. Das Krankenhaus ist schon ziemlich alt (70er, teilweise siehts auch noch so aus), lediglich der Neubau nebenan wirkt zeitgemäß. Im Diakonieklinikum kann man noch in der Neurologie, in der Inneren und in der Anästhesie PJ machen, bald wohl auch in der Urologie.
Unterm Strich kann ich das PJ in Neunkirchen in der Chirurgie weiterempfehlen, man darf aber keine Wunderdinge erwarten. Das Tertial war in Ordnung, sicherlich keine Katastrophe, aber super gut war es definitiv auch nicht. Gute Verdienstmöglichkeiten und ein freundlicher Umgang mit den Studenten seitens der Ärzte und gratis Essen sind wohl die größten Vorteile, die man hier erwarten kann. Leider ist es auch hier so, dass Studenten zu oft für Hilfstätigkeiten abgestellt werden und nicht wirklich an die ärztliche Tätigkeit herangeführt werden. Feste Integration in den Stationsablauf (fernab von Blutabnehmen, Viggos legen, Briefe schreiben, Haken halten)Vorbereitung auf das Berufsleben, die Angst vorm Berufsstart nehmen etc, all das fand nur selten statt, man muss wohl extrem viel Eigeninitiative zeigen, wenn man das will. Inwieweit das ein Problem von Neunkirchen ist oder ob das eher ein Fehler im System generell ist, kann ich nicht abschließend beurteilen, ich vermute fast letzteres (siehe Aktion: für ein faires PJ). Es ist leider oft so, dass Studenten zu oft als billige Stationshilfen gesehen werden anstatt als Auszubildende. Es ist klar, dass es ein Geben und Nehmen ist: Wir machen Blutabnahmen, helfen bei den Viggos und bei den Ops mit, im Gegenzug bekommen wir Lehre. Das Ganze ist oft zu einseitig, auch in Neunkirchen. Untersuchung von Patienten, differentialdiagnostische Überlegungen, Abwägen von Medikamentengaben, Organisation des Stationsalltags, supervidierte Betreuung eigener Patienten, all das kam deutlich zu kurz bzw fand gar nicht statt. Hier ist noch Verbesserungsbedarf nötig!
Ohne uns hätte manche Station nicht funktioniert (Allgemeinchirurgie z.B., die drei Ärzte waren mit der Menge der Patienten überfordert, ohne uns hätte es in Bezug auf Briefe bzw Blutentnahmen nicht funktioniert).
Der PJ-Beauftragte (Chef der Anästhesie) ist allerdings sehr bemüht, das PJ zu verbessern. Deswegen bin ich optimistisch, was die weitere Entwicklung angeht.
Bewerbung
über das LSF zu den üblichen Terminen, PJ Koordinatorin Frau Orlich ist kompetent und hilfsbereit
Unterricht
2x / Woche
Inhalte
Repetitorien
Sonst. Fortbildung
EKG
Bildgebung
Tätigkeiten
Röntgenbesprechung
Briefe schreiben
Patienten untersuchen
Botengänge (Nichtärztl.)
Blut abnehmen
Braunülen legen
Notaufnahme
Dienstbeginn
7:00 bis 8:00 Uhr
Dienstende
15:00 bis 16:00 Uhr
Studientage
Gar nicht
Tätigkeiten
Essen frei / billiger
Aufwandsentschädigung / Gehalt
Kleidung gestellt
Mittagessen regelmässig möglich
Gehalt in EUR
600 Grundgehalt plus Dienste (160 bis 240 pro Dienst)

Noten

Team/Station
2
Kontakt zur Pflege
3
Ansehen des PJlers
3
Klinik insgesamt
2
Unterricht
2
Betreuung
4
Freizeit
4
Station / Einrichtung
3
Gesamtnote
3

Durchschnitt 2.8