PJ-Tertial Innere in Spital Davos (9/2019 bis 12/2019)
Station(en)
Bettenstation D, ITS, Notaufnahme, (Sprechstunde)
Heimatuni
Dresden
Kommentar
>> Vor dem Start
Kommunikation alles per E-Mail. Vertragsunterlagen per Post nach Deutschland und danach retour. Alles ist tiptop organisiert.
>> Wohnen
Man wohnt im alten oder neuen Personalhaus hinter dem Spitalgelände mit anderen UHUs und Assistenten zusammen. Ich berichte nur über das neue Haus, in dem ich gewohnt habe. Allerdings ist dies wirklich nur ein Personalhaus und jeder hat sein eigenes Studio mit Küchenzeile und eigener Nasszelle mit Dusche. Das Zimmer ist riesig für Personalhausverhältnisse und ich hatte direkt einen tollen Blick durch das Tal gen Süden. Links von mir im Osten das Jakobshorn, rechts von mir im Westen der Weissfluh. Ich empfand es als sehr luxuriös. Allerdings war die Ausstattung sehr spärlich (nur ein Kleiderschrank und ein kleiner Nachttisch sowie ein Tisch mit zwei Stühlen; Küche nur das allernötigste). Ich empfehle auf jeden Fall eigenes Kochgeschirr mitzubringen, auch wenn man das extra anmelden muss. Wasser habe ich im Topf gekocht.
Gemeinschaftsräume existieren nicht, wodurch man sich vielleicht etwas isoliert fühlt. Jede Etage hat eine kleine Waschküche mit Trockner. Diese bedient man per Chipkarte, welche man beim Logierwesen mit CHF aufladen kann. Ein extra Trockenraum ist vorhanden. Außerdem besitzt man ein kleines Kellerabteil zum Abschließen. Weiterhin existiert ein Abstellraum für Skier und andere Wintersportgeräte.
Für Autobesitzer existiert eine Tiefgarage. Ein Platz ist extra anzumieten. Zu meiner Zeit waren immer alle Plätze reserviert.
Bettwäsche wird gestellt, sonst ist man für die Sauberkeit im Studio aber komplett selbst verantwortlich. Der Müll darf nur in extra Gebührenkehrrichtsäcke der Gemeinde entsorgt werden. Diese sind blau, extra gekennzeichnet und kann man z.B. bei Aldi Suisse an der Kasse erwerben. Achtung! 10 Stück kosten ca. 30 CHF, halten aber auch mehr als 4 Monate (in meinem Fall) und ich habe nicht mal alle genutzt. Die sind so teuer, weil man darüber die Abfallgebühren bezahlt (eigentlich ganz schlau gemacht, denn wer viel Müll produziert, muss auch mehr Gebühren zahlen).
Internet ist das schnellste was ich bisher erlebt habe (VDSL100 oder schneller???). Allerdings benötigt man einen ggf. Router, da im Zimmer nur ein Patchkabel RJ45 U/UTP Cat5e zum Anschluss vorliegt (einfach mal Google bemühen). Alternativ kann man es auch direkt in den Laptop stecken, falls dieser einen typischen Netzwerk-Anschluss besitzt. Wlan existiert nicht bzw. nur "drüben" im Spital. Deswegen die Empfehlung für einen Router, falls man auch Handy im Zimmer nutzen möchte. Alternativ kann man auch einen Hotspot oder was anderes basteln.
>> Erster Tag
Ich wurde von einer dienstälteren UHU herumgeführt und habe alles gezeigt bekommen. Danach bin ich zum Personaldienst die Anmeldedokumente abholen und konnte dann etwas früher nach Hause, damit ich mich z.B. bei der Gemeinde anmelden konnte. Das Haus ist relativ klein, hat aber doch alles was man braucht: 2 interdisziplinäre Bettenstationen, Labor, CT und MRT, Notaufnahme, OP-Abteilung, Physiotherapie, Konferenzräume, Wäscherei, ein angeschlossenes Seniorenheim, Tagesklinik, ITS, Kantine usw. Es gibt sogar einen eigenen Rettungsdienst im Haus! Es fühlte sich sehr familiär an und man kannte schnell alle wichtigen Personen.
Nachdem IT-Zugang eingerichtet wurde und der Fingerabdruck zum Login registriert wurde, konnte man das Dokumentationssystem learning-by-doing erlernen. Hilfestellung gab es von allen Seiten jederzeit.
Die Einführung auf der Notaufnahme folgte später nochmal separat.
>> Ablauf
Allgemeiner Tagesablauf auf Station:
7:30 bis 7:50: Morgenrapport, danach falls Patienten vorhanden ITS-Rapport
8:00 bis 8:30: Znüni (gemeinsames Frühstück und Kaffee); als UHU bekommt man immer von irgendwem einen Kaffee spendiert
ab 8:30: Vorbereitung der Visite und Durchführung dieser
ab 11:00: Nachbesprechung der Visite mit dem jeweiligen Kaderarzt
ab 12 Uhr: gemeinsames Mittagessen
ab 13 Uhr: Nachbereitung der Visite und Arztbriefe/Austrittsberichte vorbereiten
15:45 Uhr: Nachmittagsrapport zusammen mit Notaufnahme-AA und -UHU
ab 16:00 Uhr: noch anfallende Stationsarbeit
16:45 Uhr: Kardex-Visite mit der Pflege (kurze Kurvenvisite)
Danach ist Schluss plusminus.
Davon abweichend: Dienstag Chefarztvisite und Freitag Kadervisite und jede Menge Fortbildungen (siehe unten); Mittwoch Besprechung der Spiro-Befunde mit den Pneumologen aus Chur.
Nach einer kurzen Einarbeitungszeit konnte man in Absprache mit dem AA Patienten von A bis Z komplett selber betreuen und in den Visiten vorstellen. Natürlich wurde immer alles visiert. Auch die Pflege war absolut top und behandelte einen auf Augenhöhe. Es gab keinen quasi keinen Unterschied zwischen UHU und AA. Ein Sozialdienst kümmerte sich in enger Absprache um die Organisation von Heimplätzen. Die Hierarchien sind extrem flach und man ist mit jedem per Du, egal ob Chefarzt (Chirurgie nicht!) oder Personaldienst.
Zu den UHU-spezifischen Aufgaben zählten: Visitenverläufe dokumentieren, Arztbriefe vorschreiben und EKGs und Spiros aus dem IT-Pool befunden und später gemeinsam mit dem kardiologischen Kaderarzt besprechen und visieren lassen. Ansonsten natürlich auch ärztliche Anordnungen und Telefonate mit den Hausärzten zum Befunde anfordern etc.
Außerdem musste immer ein Stations-Uhu bei den Kolos und ÖGDs die Propofolnarkose durchführen. Das bedeutet einfach nur die Überwachung der Vitalparameter und das fraktionsweise Spritzen von kleinen Propofoldosen zur Aufrechterhaltung einer sehr flachen Sedierung.
>> Fortbildungen
Jeden Dienstag gab es den Knorli zum Znüni. Jeder UHU oder AA musste abwechseln einen kurzen 5 bis 10-minütigen Vortrag zu einem praxisrelevanten Thema halten (ganz simpel an Frühstückstisch). Idealerweise mit Praxisbezug. Das gleiche gab es Donnerstag als Journal-Club. Freitag wurden beim Znüni die englischen MC-Fragen aus dem Schweizer Basisexamen besprochen (5-6 Stück). 3x die Woche gab es während des Mittagessen eine Videofortbildung (Livestream aus einem Hörsaal aus Bern, Züri oder Chur über ein fachspezifische Thema). Gelegentlich weiterhin Symposien in den umgebenden Kliniken nach Feierabend mit leckerem Catering oder einen Kaderarztfortbildung am Mittwoch Abend. Alles in allem gab es sehr viele Fortbildungen und mir war es zeitweise echt etwas zuviel.
>> Notaufnahme
7:30 bis 19:30 plusminus (meistens früher)
In der Notaufnahme erfolgte die eigenständige Untersuchung und Behandlung in Zusammenarbeit mit dem Assistenten. Hier war man maximal selbstständig (immer in Rücksprache mit dem AA). Aufgrund der Größe der Notaufnahme musste man vom Kind bis zur Schwangeren, chirurgisch bis HNO alles versorgen, hatte aber jeweils die Fachärzte im Hintergrund (per Telefon; meist Belegärzte aus dem Spital). Der Großteil waren aber meistens die typischen Sportverletzungen, unklares Abdomen und die kleinen Wehwechen des Alltags. Große Sachen wie Myokardinfarkt und Polytrauma sind nach Stabilisierung mehr oder weniger sofort in das Kantonspital Chur transportiert worden.
Es gibt nur ein Zweischichtsystem. Allerdings sind UHUs nur tagsüber eingeteilt. Einer hat nachts immer Bereitschaft (Pikett). Allerdings hat das Pikett-Telefon bei mir nur einmal geklingelt und das auch nur, weil ich am Samstag Vormittag beim Rettungsdienst als Begleitung mitfahren sollte (Betreuung). Dort durfte ich einen Patiententransport mit nach Chur begleiten. Ist zwar nix spektakuläres passiert, aber war trotzdem ziemlich cool. Im Sommer ist die Notaufnahme einfach besetzt (ein AA und ein UHU) und im Winter dann doppelt wegen der Wintersportsaison. Zwischendurch wenn Zeit war oder dann am Ende der Schicht hat man dann seine Berichte diktiert und meist am nächsten Tag schon korrigieren können. Wenn mal wirklich gar nix los war, dann hat der AA den UHU auch mal nach Hause geschickt. Natürlich aber immer in Bereitschaft. Sich dann mal schnell mit dem Skilift aufs Jakobshorn für ein paar Runden zu begeben, waren dann problemlos möglich, da man ja ruckzuck wieder unten ist (Spital ist quasi am Fuße des Jakorbshorn). Umgekehrt ist es aber auch möglich, dass mit einem Schwung 4-5 Patienten auf einmal kommen, die dann alle gesehen werden wollen. Dann rotiert man erstmal, und ist auch mal gerne bis 22 Uhr da. Allerdings kommt dann der Nachtdienst-AA und übernimmt in der Regel den Rest. Ich kann nur sagen, dass die Notaufnahme immer das Beste ist und man da am meisten lernt. Und die AÄ sind über jede Hilfe auch froh.
>> Finanzen
>Konto: Ein Schweizer Bankkonto war gefordert und wohl auch über die UBS in der Stadt einrichtbar. Ich besaß zum Antritt bereits ein Schweizer Konto. Das Geld wird immer am 25. überwiesen.
>Lohn: 1150 CHF fix minus ca. 100 CHF Sozial minus ca. 380 CHF Miete. Das reicht zum Leben aus. Da die Bereitschaftsdienste in der Nacht und die 12-Stunden-Schichten bereits mittels extra Freitage kompensiert wurden, gab es keine extra Dienstzulagen. Der Nettolohn war immer um die 643 CHF. Beim Auszug fällt eine nochmalige Reinigungspauschale an.
> Lebensmittel: Vor allem Fleisch ist teuer, als in D, aber auch viel hochwertiger. In Fußnähe gibt es Aldi Suisse, Migros und Coop (in der Reihenfolge von billig zu teuer).
>> Freizeit
Im Sommer und in der Zwischensaison tendentiell mehr, als im Winter. Dafür lockt natürlich der Winter mit Skifahren und jeder erdenklichen Wintersportart. Langlaufloipen en masse. Wanderungen im Sommer/Herbst. Alles ist möglich, denn man ist ja wirklich mitten in den Bergen. Auch der Davoser See lädt im Sommer zum Baden ein. Allerdings ist man relativ in dem Gebiet isoliert, da der Zug allein bis runter ins „Tal“ (Landquart) ziemlich lange braucht. Liegt an der langsamen Bimmelbahn. Danach ist man aber ruckzuck in der ganzen Schweiz unterwegs.
>> Letzter Tag
Die Äquivalenzbescheinigung rechtzeitig beantragen: https://www.med.uzh.ch/de/Medizinstudium/aequivalenz.html.
>> Fazit
Landschaftlich war Davos echt spitze! Für mich war es das pure Schweizfeeling, da man wirklich mitten zwischen den Bergen ist und auch entsprechend viel unternehmen kann. Von der restlichen Schweiz habe ich in dem Tertial nicht soviel gesehen (dafür hatte ich aber die anderen beiden Tertiale woanders in der Schweiz absolviert). Auch das Spital kann ich wirklich wärmstens empfehlen. Die flachen Hierarchien und das tolle Team haben sehr zum eigenständigen Arbeiten beigetragen und dies auch gefördert. Das einzige Problem war, dass wir etwas wenig „innere“ Patienten hatten, was vielleicht auch an der Zwischensaison September bis Ende November lag. Prinzipiell war die chirurgische Station immer etwas voller wie die innere, was sich natürlich zum Beginn der Saison Anfang Dezember nochmal massiv gesteigert hat. Wer Wert auf eigenständiges Arbeiten legt ist hier goldrichtig. Gemeinsame Abende in lokalen Kneipen mit den AA, Teamessen beim Chefarzt zu Hause und das wöchentliche Thanks God its Thursday (gemeinschaftlicher Abend mit den AÄ) haben das Tertial abgerundet.